Heute diskutiert der Kulturausschuss über den Businessplan zum Festspielhaus. Der Piraten-Stadtverordnete Felix Kopinski ist vom Fach und kann immer noch nicht zufrieden mit dem Vorgelegten sein. Eine Analyse.
Als Konzeptionstexter mit BWL-Hintergrund bin ich von dem Businessplan zum geplanten Festspielhaus in fachlicher Hinsicht sehr überrascht. Denn in dem Prospekt, der am vergangenen Montag im Konferenzraum der Bonner Stadtwerke präsentiert wurde, fehlen elementare Bestandteile eines handelsüblichen Businessplanes.
Risiken für die Stadt oder Risiken für die Sponsoren?
Auch muss ich feststellen: in dem Businessplan werden überhaupt nicht die Risiken und Chancen diskutiert, die sich durch den Bau des Festspielhauses für die Stadt ergeben. Vielmehr geht in dem Businessplan um die Risiken für die Sponsoren. Das wollen wir aber gar nicht wissen! Wir wollen genau wissen, welche Risiken sich für die Stadt Bonn ergeben – hierbei bleibt auch der aktualisierte Businessplan an der Oberfläche.
Ein Businessplan soll nicht nur die Vorteile einer Unternehmung aufzeigen, sondern auch die Risiken, ansonsten hätte man es mit einer Werbebroschüre zu tun. Es gilt der Grundsatz: „Gefahr erkannt,Gefahr gebannt.“ Auch sollte es das Ziel eines Businessplans sein, möglichen Kritikern eines Projektes den Wind aus den Segeln nehmen und beweisen, „Wir haben an alles gedacht“. Viel zu wenig ist in dem vorgelegten aktualisierten Businessplan hiervon die Rede.
SWOT-Analyse fehlt, Verzinsung unrealistisch und im Kleingedruckten
Eine SWOT-Analyse fehlt in dem aktualisierten Businessplan gänzlich. Die SWOT-Analyse ist ein wichtiges Instrument des strategischen Managements und zugleich Grundlage vieler Marketingstrategien. SWOT steht für Strength,Weakness, Opportunities und Threats, also für Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen eines Projektes. Die SWOT-Analyse fehlt in dem Bussinesplan zum geplanten Festspielhaus vollständig. Es ist nur die Rede von den Möglichkeiten und Vorteilen eines Festspielhauses in Bonn.
Die Risiken, zum Beispiel die unrealistische Verzinsung des Stiftungskapitals am Kapitalmarkt, um die Betriebskosten zu erwirtschaften, werden dagegen nur im Kleingedruckten erwähnt, auf Seite 49.
Es werden außerdem keine Trendprognosen vorgenommen. Trendprognosen dienen dazu, die Schwankungen eines Marktes für die Zukunft zu ermitteln.Vereinfacht ausgedrückt: Wenn ein Markt stark schwankt, müssen größere finanzielle Reserven eingeplant werden, um nicht gleich bei der ersten Umsatzflaute illiquide zu werden. Ebenso zeigt sich bei einer Trendprognose, ob ein Markt schrumpft oder wächst, bzw. wie sich diese Entwicklung in Zukunft vermutlich fortsetzen wird.
Trendprognosen zur Zukunft der klassischen Musik und Besucherzahlen zweifelhaft
Wäre für den Markt der klassischen Musik in Deutschland eine Trendprognose durchgeführt worden, hätte man einen schrumpfenden Markt ermittelt. Seit der Erfindung der Langspielplatte interessieren sich immer weniger Menschen für klassische Musik. Diese Entwicklung unterschlägt der Businessplan vollständig.
Verfehlen die Planer die sehr optimistische Schätzung zur Auslastung nur um 10 Prozent, verdoppelt sich der Anteil an den Betriebskosten, die Bonn für das Festspielhaus zu schultern hat.
Der Businessplan vergleicht eine Reihe von Städten mit Bonn, um das Potenzial von Besuchern zu ermitteln. Diese Städte sind Dortmund (580k Einwohner), Leipzig (531k Einwohner), Hamburg (1.799k Einwohner), Frankfurt (691k Einwohner), Köln (1.017k Einwohner), Luxemburg (643k Einwohner) und Düsseldorf (592k Einwohner) mit Bonn (311k Einwohner). Es werden also Städte mit durchschnittlich 821.000Einwohnern mit der Stadt Bonn verglichen, die nur etwa ein Drittel so groß ist.
Festspielhaus zu groß für unser kleines Bonn
Vermutlich hat man, polemisch ausgedrückt, außer Bayreuth (73k Einwohner), keine so kleine Stadt wie Bonn gefunden, die ein derartiges Festspielhaus betreibt. Zur Ermittlung der zu erwartenden Besucherzahlen wird zum Beispiel der Brahms-Saal oder das Konzerthaus in Wien heran gezogen.
Dazu muss man wissen, dass es in Deutschland mehr Opern und Konzerthäuser gibt, als im Rest der Welt zusammen. Dies ist in Österreich grundlegend anders, denn während in der Oper Wien die preisgünstigste Karte knapp 80 Euro kostet und fast jede Vorstellung ausverkauft ist, kostet die günstigste Karte in der Bonner Oper etwa 20 Euro – und trotzdem ist die Oper nur zu 64 Prozent ausgelastet.
Das Festspielhaus als Steuersparschwein für Post und Telekom
Weitere Kopfschmerzen bereitet mir die bisherige Kommunikation des Projektes in die Bonner Bevölkerung. Bislang wurde immer suggeriert, die Post lege 30 Millionen auf den Tisch, mit denen wird das Festspielhaus gebaut. Richtig ist: Die Post zahlt zwanzig Jahre lang 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Dies ist ideal, um Steuern zu sparen, die dementsprechend als Gewerbesteuer vermutlich nicht mehr in der Stadtkasse landen. Während dieser 20 Jahre sind außerdem alleine 1,6 Millionen Euro für die Bewirtung der Sponsoren vorgesehen. Auch will die Telekom nicht, wie oft auch im General-Anzeiger dargestellt, 7,5 Millionen an das Festspielhausprojekt spenden, sondern nur das bisherige Sponsoring des Beethovenfestes umschichten bzw. aufstocken.
Ganz allgemein ist die prognostizierte Personaldecke extrem dünn und nicht ansatzweise mit der Personaldecke vergleichbarer Veranstaltungshäuser vergleichbar. Auch diese vermutlich zu optimistische Schätzung könnte im Nachhinein höhere Kosten verursachen.
Es zeigt sich: Viele der Zahlen im Businessplan zum Bonner Festspielhaus halten einer Überprüfung nicht stand. Und das bei einer aktualisierten Fassung.
Konflikte mit getroffenen Entscheidungen des Stadtrates sind vorprogrammiert.
Wir Piraten werden uns aus diesen Gründen weiter gegen das Festspielhaus aussprechen. Nicht nur durch Hände-Heben im Stadtrat: wir werden uns an eventuellen Bürgerbegehren beteiligen. Dieses Großprojekt muss verhindert werden – denn es wird zum Nachteil der Steuerzahler, der Bürger, der sozialen Infrastrukturen gebaut, der kleinen Theater, der Alternativkultur, vielleicht letztlich auch zu Lasten der Beethovenhalle.
Das alles wollen wir nicht. Das Projekt Festspielhaus muss gestoppt werden.
Heute diskutiert der Kulturausschuss über den Businessplan zum Festspielhaus. Der Piraten-Stadtverordnete Felix Kopinski ist vom Fach und kann immer noch nicht zufrieden mit dem Vorgelegten sein. Eine Analyse.
Als Konzeptionstexter mit BWL-Hintergrund bin ich von dem Businessplan zum geplanten Festspielhaus in fachlicher Hinsicht sehr überrascht. Denn in dem Prospekt, der am vergangenen Montag im Konferenzraum der Bonner Stadtwerke präsentiert wurde, fehlen elementare Bestandteile eines handelsüblichen Businessplanes.
Risiken für die Stadt oder Risiken für die Sponsoren?
Auch muss ich feststellen: in dem Businessplan werden überhaupt nicht die Risiken und Chancen diskutiert, die sich durch den Bau des Festspielhauses für die Stadt ergeben. Vielmehr geht in dem Businessplan um die Risiken für die Sponsoren. Das wollen wir aber gar nicht wissen! Wir wollen genau wissen, welche Risiken sich für die Stadt Bonn ergeben – hierbei bleibt auch der aktualisierte Businessplan an der Oberfläche.
Ein Businessplan soll nicht nur die Vorteile einer Unternehmung aufzeigen, sondern auch die Risiken, ansonsten hätte man es mit einer Werbebroschüre zu tun. Es gilt der Grundsatz: „Gefahr erkannt,Gefahr gebannt.“ Auch sollte es das Ziel eines Businessplans sein, möglichen Kritikern eines Projektes den Wind aus den Segeln nehmen und beweisen, „Wir haben an alles gedacht“. Viel zu wenig ist in dem vorgelegten aktualisierten Businessplan hiervon die Rede.
SWOT-Analyse fehlt, Verzinsung unrealistisch und im Kleingedruckten
Eine SWOT-Analyse fehlt in dem aktualisierten Businessplan gänzlich. Die SWOT-Analyse ist ein wichtiges Instrument des strategischen Managements und zugleich Grundlage vieler Marketingstrategien. SWOT steht für Strength,Weakness, Opportunities und Threats, also für Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen eines Projektes. Die SWOT-Analyse fehlt in dem Bussinesplan zum geplanten Festspielhaus vollständig. Es ist nur die Rede von den Möglichkeiten und Vorteilen eines Festspielhauses in Bonn.
Die Risiken, zum Beispiel die unrealistische Verzinsung des Stiftungskapitals am Kapitalmarkt, um die Betriebskosten zu erwirtschaften, werden dagegen nur im Kleingedruckten erwähnt, auf Seite 49.
Es werden außerdem keine Trendprognosen vorgenommen. Trendprognosen dienen dazu, die Schwankungen eines Marktes für die Zukunft zu ermitteln.Vereinfacht ausgedrückt: Wenn ein Markt stark schwankt, müssen größere finanzielle Reserven eingeplant werden, um nicht gleich bei der ersten Umsatzflaute illiquide zu werden. Ebenso zeigt sich bei einer Trendprognose, ob ein Markt schrumpft oder wächst, bzw. wie sich diese Entwicklung in Zukunft vermutlich fortsetzen wird.
Trendprognosen zur Zukunft der klassischen Musik und Besucherzahlen zweifelhaft
Wäre für den Markt der klassischen Musik in Deutschland eine Trendprognose durchgeführt worden, hätte man einen schrumpfenden Markt ermittelt. Seit der Erfindung der Langspielplatte interessieren sich immer weniger Menschen für klassische Musik. Diese Entwicklung unterschlägt der Businessplan vollständig.
Verfehlen die Planer die sehr optimistische Schätzung zur Auslastung nur um 10 Prozent, verdoppelt sich der Anteil an den Betriebskosten, die Bonn für das Festspielhaus zu schultern hat.
Der Businessplan vergleicht eine Reihe von Städten mit Bonn, um das Potenzial von Besuchern zu ermitteln. Diese Städte sind Dortmund (580k Einwohner), Leipzig (531k Einwohner), Hamburg (1.799k Einwohner), Frankfurt (691k Einwohner), Köln (1.017k Einwohner), Luxemburg (643k Einwohner) und Düsseldorf (592k Einwohner) mit Bonn (311k Einwohner). Es werden also Städte mit durchschnittlich 821.000Einwohnern mit der Stadt Bonn verglichen, die nur etwa ein Drittel so groß ist.
Festspielhaus zu groß für unser kleines Bonn
Vermutlich hat man, polemisch ausgedrückt, außer Bayreuth (73k Einwohner), keine so kleine Stadt wie Bonn gefunden, die ein derartiges Festspielhaus betreibt. Zur Ermittlung der zu erwartenden Besucherzahlen wird zum Beispiel der Brahms-Saal oder das Konzerthaus in Wien heran gezogen.
Dazu muss man wissen, dass es in Deutschland mehr Opern und Konzerthäuser gibt, als im Rest der Welt zusammen. Dies ist in Österreich grundlegend anders, denn während in der Oper Wien die preisgünstigste Karte knapp 80 Euro kostet und fast jede Vorstellung ausverkauft ist, kostet die günstigste Karte in der Bonner Oper etwa 20 Euro – und trotzdem ist die Oper nur zu 64 Prozent ausgelastet.
Das Festspielhaus als Steuersparschwein für Post und Telekom
Weitere Kopfschmerzen bereitet mir die bisherige Kommunikation des Projektes in die Bonner Bevölkerung. Bislang wurde immer suggeriert, die Post lege 30 Millionen auf den Tisch, mit denen wird das Festspielhaus gebaut. Richtig ist: Die Post zahlt zwanzig Jahre lang 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Dies ist ideal, um Steuern zu sparen, die dementsprechend als Gewerbesteuer vermutlich nicht mehr in der Stadtkasse landen. Während dieser 20 Jahre sind außerdem alleine 1,6 Millionen Euro für die Bewirtung der Sponsoren vorgesehen. Auch will die Telekom nicht, wie oft auch im General-Anzeiger dargestellt, 7,5 Millionen an das Festspielhausprojekt spenden, sondern nur das bisherige Sponsoring des Beethovenfestes umschichten bzw. aufstocken.
Ganz allgemein ist die prognostizierte Personaldecke extrem dünn und nicht ansatzweise mit der Personaldecke vergleichbarer Veranstaltungshäuser vergleichbar. Auch diese vermutlich zu optimistische Schätzung könnte im Nachhinein höhere Kosten verursachen.
Es zeigt sich: Viele der Zahlen im Businessplan zum Bonner Festspielhaus halten einer Überprüfung nicht stand. Und das bei einer aktualisierten Fassung.
Konflikte mit getroffenen Entscheidungen des Stadtrates sind vorprogrammiert.
Wir Piraten werden uns aus diesen Gründen weiter gegen das Festspielhaus aussprechen. Nicht nur durch Hände-Heben im Stadtrat: wir werden uns an eventuellen Bürgerbegehren beteiligen. Dieses Großprojekt muss verhindert werden – denn es wird zum Nachteil der Steuerzahler, der Bürger, der sozialen Infrastrukturen gebaut, der kleinen Theater, der Alternativkultur, vielleicht letztlich auch zu Lasten der Beethovenhalle.
Das alles wollen wir nicht. Das Projekt Festspielhaus muss gestoppt werden.
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