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Gewerkschaft der Polizei fordert Zugriff auf eCall-Daten

GdP

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei hat gefordert, der Polizei den Zugriff auf das europäische Verkehrsnotfallsystem eCall zu ermöglichen. In Fällen schwerster Kriminalität wie Terrorismus oder Kindesentführung sei es unabdingbar, dass die Polizei die Position verdächtiger Fahrzeuge effektiv verfolgen könne.

Das eCall-System, welches seit 2015 verpflichtend bei in der europäischen Union verkauften Neuwagen eingebaut wird, löst bei einem Unfall parallel zum Auslösen der Airbags automatisch einen Anruf auf die europäische Notrufnummer 112 aus und teilt dabei den Rettungsdiensten die per GPS ermittelte Position des verunfallten Fahrzeugs mit. Rettungsdienste werden damit automatisch zu schweren Unfällen gelotst.

Bereits heute würden 34% der Neuwagen Wartungs- und Servicedaten an den Hersteller senden, sagte der Telematik-Experte W. Ulbricht gegenüber Heise Online. Im Premiumsegment sei der Anteil sogar fast doppelt hoch. “Für das professionelle Flottenmanagement ist dies ein Segen – aber auch für den Privatkunden stellen optimierte Servicezyklen und Abläufe einen echten Mehrwert dar”.

Das eCall-System dagegen ist als passives Notfallsystem angelegt, dass nur im Falle eines Unfalls des betreffenden Fahrzeugs aktiviert wird. Bei seiner Einführung waren die Geräte als “nicht verfolgbar” bezeichnet worden. “Da das System aber auf dem für Mobilfunknetze verbreiteten GSM-Standard beruht, kann ein damit ausgestattetes Fahrzeug technisch grundsätzlich auch von außen über seine IMEI-Nummer eindeutig identifiziert und geortet werden” sagte der Telematik-Experte.

Zugriff auf dieses System durch die Polizei forderte gestern der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in einem Interview mit der Wochenzeitung “Der Spiegel”. Er plädierte für die Schaffung einer” Schnittstelle”, um der Polizei den Zugang auf das Notrufsystem zu ermöglichen. Dies war zuletzt in der öffentlichen Diskussion umstritten und insbesondere von Datenschützern abgelehnt worden.

Datenschutzbedenken jedoch verneint die Polizeigewerkschaft. Wer mit dem Fahrzeug unterwegs sei, begäbe sich bereits heute außerhalb des privaten Bereichs in die Öffentlichkeit. Schon jetzt seien Motorfahrzeuge und deren Besitzer anhand ihres Kennzeichens für die Polizei eindeutig identifizierbar. Des Weiteren benötige die Polizei für den Zugriff auf die Positionsdaten des Motorfahrzeugs eine richterliche Genehmigung. “Der strafprozessuale Richtervorbehalt schützt die Privatsphäre der Bürger und Bürgerinnen bereits heute – und er funktioniert.”

Der Sprecher schränkte aber ein: In Fällen von Gefahr für Leib und Leben müsse man eine “Balance zwischen dem Schutz von Daten und Sicherheit finden”. “Es kann nicht sein, dass wir bei Gefahr im Verzug ein verdächtiges Fahrzeug nicht rechtzeitig genug verfolgen können, um Menschenleben zu retten” sagte er.

Personelle und technische Investitionen seien dazu notwendig, mittel- bis langfristig aber ebenso auch die Möglichkeit der Vorratsdatenspeicherung. Der Polizeigewerkschafter sagte, er könne sich eine verpflichtende Erfassung der Bewegungsdaten aller Fahrzeuge vorstellen.

Er bezeichnete es als einen “Widerspruch, der ja geradezu grotesk anmutet, wenn wir Verkehrsdaten von Telekommunikationsteilnehmern aufzeichnen – dies aber nicht für Autos gelten soll.” Gerade Fälle von schwerer Gewaltkriminalität, Terrorismus oder Freiheitsberaubung fänden nicht im Internet statt,” sondern im echten Leben und auf unseren Strassen.” Gemäß einer Polizeistatistik würden 82% der schweren Straftäter ihre Taten mittelbar oder unmittelbar mit Hilfe eines Motorfahrzeugs begehen.

In Fällen wie dem der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU wäre es die Basis jeder Ermittlung, das Bewegungsprofil der Verdächtigen zu kennen. Momentan habe die Polizei jedoch keine wirksame Handhabe, um nachträglich ein solches Bewegungsprofil zu erstellen.

“Wie soll ich es den Eltern eines entführten Mädchens oder den Opfern eines Terroranschlags erklären, dass die notwendigen Daten quasi vor uns liegen – wir aber einfach nicht effektiv darauf zugreifen können?” fragte er rhetorisch.

Die Voraussetzungen dafür könnten nur auf europäischer Ebene geschaffen werden. “Organisiertes Verbrechen und Terrorismus machen vor Landesgrenzen nicht halt. Ich bin aber zuversichtlich, dass die europäische Kommission mittelfristig dafür die Grundlage schaffen wird”.

“Die Politik muss sich nun entscheiden, ob sie linke Klientelpolitik oder verantwortungsvolle Sicherheitspolitik betreiben will. Jede weitere Hängepartie schränke die Möglichkeiten der effektiven Kriminalitätsbekämpfung zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger ein.”

Einen Zugriff von Geheimdiensten wie NSA und BND auf die Daten schloss der Sprecher aus.Datenschutz