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Leserbrief der Olper Piraten: Wissen sie, was sie tun?

Piraten zur Ratsentscheidung der Rathausneubau- Befürworter  CDU/UCW /FDP

11.11.2016 um 20.00 Uhr und kein Karnevalsscherz. Mit 32 Stimmen hat eine Koalition aus  CDU, UCW und FDP für den Rathausneubau gestimmt. SPD und Grüne haben gegen den Rathausneubau votiert. Das neue Rathaus soll unter Einbeziehung des Olper Bahnhofs als Museum und Nutzung des Lyzeums gebaut werden.

Zum Schluss ging es nicht mehr um Geld.

Zur Erinnerung die genannten Kosten der Verwaltung für den Rathausneubau:

Nach 11,8 Mio. € und 13,3 Mio. € wurde zuletzt die Zahl 18,7 Mio. € genannt.

In den Kosten noch nicht enthalten:

  • Bodenwanne mit Auftriebssicherung + ca. 30%     —-  24,3 Mio. €
  • EnEV 2017 mit der Klimaneutralität  + ca. 25%   —-  30,3 Mio. €
  • Sanierung des Bahnhofsgebäudes   ca.  8Mio. €   —-  38,3 Mio. €
  • Umbau des „Alten Lyzeums“ zur Verwaltung ca. 0,7 Mio. €   —-  39,0 Mio. €

= Rathausneubaukosten von ca. 39-40 Mio. €

Kosten der Sanierung des jetzigen Rathauses:

Sanierungskosten gemäß Verwaltung  ges. 12,58 Mio. €

(gem. Standortauswahlverfahren vom 7. Nov. 2016)

Konzept Architekt Axel Stracke ca. 6,6 Mio. €

Der Restbuchwert des jetzigen Rathauses  zum 1. Januar 2016 betrug 4,7 Mio. €.

Die Restnutzungsdauer  des jetzigen Rathauses zum 1. Januar 2016 betrug 21 Jahre.

Nach dem Ergebnis der Abstimmung kam fast Jubelstimmung bei den Neubau-Befürwortern auf. Dabei ging es nicht mehr um das Rathaus und die Neubaukosten. Der Bereich zwischen der Kreuzkapelle, der Finkenstraße, der Kölner Straße mit Verbindung zur Oberstadt und dem Gelände am Obersee soll städtebaulich entwickelt werden. Dieses sei eine einmalige Chance. Das dies auch nach Aussagen des Stadtentwicklers  Geyer mit dem bestehenden, sanierten Rathaus möglich ist, wollte man gar nicht mehr wissen.

„Die Verschwender sitzen im Rathaus“ sagt Dr. Karl Heinz Däke, Ehrenpräsident des Bundes der Steuerzahler. Das Geld der Bürger auszugeben ist wohl leicht.   

Doch was auf die Bürger zukommt hat eine viel höhere Brisanz. Im Zeichen von Negativzinsen sucht Kapital sichere Anlagen. Wo gibt es sicherere und gut verzinsliche Anlagen, als bei dem Schuldner Stadt. Hier haften am Ende grundsätzlich alle Bürger.

So darf es nicht verwundern, wenn die Sahnestückchen Rathaus und Stadtsanierung und evtl. später das Regenbogenland in das Blickfeld von Investoren geraten. Da die Stadt (Konzern Olpe) noch mit hohen Schulden belastet ist, könnte sie die Mittel zum Neubau eines Rathauses und der baulichen Gestaltung des Bahnhofsumfeldes gar nicht stemmen.

So wird der Neubau sicher als sog. PPP-Verfahren (Public-Private-Partnership), in der Variante des Werklohnstundungsmodells, wie die schon beim Bau des Feuerwehrgerätehauses Olpe, umgesetzt  werden. Bei einem Werklohnstundungs-modell geht es darum, dem privaten Partner ( Projektgesellschaft, Baukonzern oä.) nicht nur die Planung und Errichtung des benötigten Gebäudes zu übertragen, sondern ihn außerdem in die Finanzierung der Baumaßnahme einzubinden.

Bei diesem Modell vereinbaren öffentlicher und privater Partner, dass die aus dem PPP-(Werk-)Vertrag entstehenden Werklohnforderungen gestundet, d.h. über die Fälligkeit hinaus verschoben werden (die Zahlung beginnt z.B. nach der Bauabnahme). Die Entgeltzahlungen erfolgen dann bspw. in Raten über den Zeitraum der Betriebsphase. Der Auftragnehmer ( Projektgesellschaft, Baukonzern oä.)  kann die Refinanzierung seiner Kosten bereits vor Erhalt des Werklohns beginnen, indem er seine Forderungen im Rahmen einer Forfaitierung an eine Bank verkauft.

Diese  Projektgesellschaft ( Baukonzern oä.)  verkauft (forfaitiert) und tritt ihre Forderungen gegen die Kommune an eine Bank ab, die Kommune spricht gleichzeitig einen vollständigen Einredeverzicht gegenüber der Bank aus. Dadurch kann die Bank auf die Bonität der öffentlichen Hand abstellen.

Da langfristige und komplexe Verträge nie alle künftigen Ereignisse und möglichen Umweltzustände erfassen können – also zwangsläufig unvollständig sind – ist das Potenzial für Anpassungen/ Nachverhandlungen und somit hohe expost Kosten und Risiken für die Kommune groß.

PPP ist in der Regel einem Miet- oder Pachtvertragsverhältnis ähnlich. Solche Modelle bergen die Gefahr einer Verschleierung von Schulden der öffentlichen Hand. Im Prinzip wird ein Kredit gewährt, der aber nicht in der Bilanz auftaucht sondern wie eine langfristige, oft überhöhte Zahlungsverpflichtung als Mietzahlung über viele Jahrzehnte (oft Mietzeit des Objektes)  die Liquidität der Stadt mindert.

Die weitaus meisten PPP-Projekte wurden in Großbritannien realisiert. Ein Ausschuss des englischen Parlaments kam 2011 zu dem Schluss, dass keine Belege für die Vorteilhaftigkeit des PPP-Verfahrens gefunden werden konnten. Die lange Laufzeit mache die Verträge inflexibel, die Auftragsvergabe sei teuer. Die langfristig vereinbarten Mieten seien in Wirklichkeit eine verdeckte Kreditaufnahme, die im öffentlichen Haushalt aber nicht ausgewiesen werden.

So wird die Stadt Olpe nach der Durchführung des Rathausneubaus und der Gestaltung des Bahnhofsumfeldes nach und nach finanziell ausbluten. Wenn dann die Olper Bürger, deren Kinder und Enkel die Folgen der Entscheidung deutlich spüren, dann ist keiner mehr verantwortlich zu machen.

Piratenpartei Kreis Olpe