Landtag NRW Piratenpartei

Landtag: SPD und CDU wollen kleine Parteien kaltstellen.

Pressemitteilungen ist heute zu entnehmen, daß die SPD im NRW-Landtag eine Verfassungsänderung anstrebt, um die 1999 abgeschaffte 5%-Hürde in dieser oder ähnlicher Höhe wieder einzuführen. Angeblich sei, so SPD-Fraktionschef Norbert Römer, die Funktionsfähigkeit der Kommunalparlamente durch den Einzug vieler “kleiner” Parteien und Wählergruppen beeinträchtigt.

Das verwundert insofern ein wenig, da in den kommunalen Parlamenten in der Regel das volle Rede- und Stimmrecht davon abhängig ist, ob man eine Fraktion in gewisser Größe zustande bekommt. Einzelvertreter sitzen nicht einmal rede- und stimmberechtigt in den Ausschüssen. Zudem bemühen sich die Großen Parteien häufig nach Kräften, mittels Winkelzügen und Anpassungen der Geschäftsordnung, “die Kleinen” aus allen wichtigen Bereichen herauszuhalten.

Wenn es darum geht, nach Kräften unter sich zu bleiben, um weiterhin “Volkspartei” spielen zu können, springt die schwarze Opposition natürlich gerne bei. Laut Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion (http://www.cdu-nrw-fraktion.de//spd-sollte-cdu-gespraechsangebot-annehmen.html) würde die Präsenz kleiner Parteien und Einzelvertreter Sitzungen verlängern und Menschen davon abschrecken, kommunalpolitisch mitwirken zu wollen.

Für uns liest sich das ganze Vorhaben eher so:  die Altparteien haben schlichtweg keinen Bock, mit vielen politischen Mitbewerbern kommunizieren, gar unter Umständen zusammenarbeiten zu müssen. Sie wollen in erster Linie Posten, Gelder und Prestige für sich behalten und natürlich soll sich jeder, der kommunalpolitisch aktiv werden möchte, gefälligst einer Altpartei anschließen.

Zur Erinnerung: wir haben dank der 5%-Hürde zur Zeit einen Bundestag, in dem 16% der abgegebenen Wählerstimmen gar nicht stattfinden, weil Piraten, FDP, und AfD jeweils an der Sperrklausel gescheitert sind. Die daraus resultierende Wählerfrustration führte im Nachgang der Bundestagswahlen zu einer breiten, mittlerweile leider wieder abgeebbten Diskussion darüber, ob man eben diese 5%-Hürde nicht einfach abschaffen solle. Führt man sie nun Kommunal wieder ein, nimmt man nicht nur den lokalen Bürgergruppierungen ihren ohnehin schon politisch viel zu geringen Einfluß, man sorgt damit auch für den selben Effekt wie seinerzeit im Bund.

Sperrklauseln sind echte Exklusion – gerade auf kommunaler Ebene werden Bürgermeinungen und ortsspezifische Engagierte regelrecht ausgesperrt.

Zur Verdeutlichung: bei einer 5%-Hürde wären bei den Kreistagswahlen 10,9% der Wählerstimmen einfach “verpufft” – Piraten, FDP und UBP würden nicht im Kreistag sitzen, die Linken hätten es gerade so eben geschafft. In Marl wäre das Ergebnis noch krasser ausgefallen: nur SPD und CDU säßen im Rat, denn alle 8 weiteren Parteien sind nicht über die 5%-Hürde gekommen – damit wären 28,6% der Wählerstimmen “für die Tonne” gewesen. In Herten hätten es Linke, Grüne und UBP mit Ach und Krach in den Rat geschafft, FDP, WIR und PWG fänden nicht statt.

Die Zeiten des drei-Parteien-Systems sind in Deutschland vorbei. Auch wenn es die Altparteien nicht wahrhaben wollen: Millionen Menschen fühlen sich durch sie nicht mehr politisch repräsentiert. Sie bleiben entweder den Wahlen ganz fern oder tragen ihre Wählerstimme zu anderen Parteien, bei denen sie sich besser vertreten fühlen. Das Parteiensystem wird vielschichtiger, bunter und kontroverser.

Entweder, man steht zu Parlamentarismus, Partizipation und echter Demokratie, dann aber ohne Wenn und Aber, selbst wenn es anstrengend und manchmal unangenehm wird – oder man redet nur darüber, ohne es Ernst zu meinen, damit man in aller Seelenruhe bequem im gemachten Nest sitzen kann – wie SPD und CDU es im Landtag NRW gerade unter Beweis stellen.