Präambel
Wir mögen als Partei noch recht jung sein, aber unsere Werte leiten sich aus den Ursprüngen der Demokratie in Griechenland, den Ideen der großen Denker der Aufklärung und dem Menschenbild der französischen Revolution ab: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Aus diesem Wertekanon entstand einst, nach den dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – eine Verfassung, die sich seit über 60 Jahren bewährt hat und die es zu schützen gilt. Die darin verankerten Prinzipien von Gewal- tenteilung und Abwehrrechten der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat sollen je- den Menschen vor Willkür und staatlicher Bevormundung schützen.
Aus diesem Verständnis heraus gründete sich 2006 die Piratenpartei Deutschland, um allen Bestrebungen entgegenzuwirken, diese Grundrechte aufzuweichen. Wir sehen die grundgesetzlich verankerte Möglichkeit zur Mitgestaltung als das wichtigste Ziel einer Demokratie an. Um dies zu gewährleisten, ist es unabdingbar, dass der Staat transparent und zum Wohl aller Menschen handelt und der Gesellschaft die notwendige Freiheit gibt, sich eigenverantwortlich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig müssen die Freiheiten und die Rechte jedes Einzelnen geschützt werden. Dieses Grundverständnis und unsere Erfahrungen aus den letzten Jahren im Parlament von Nordrhein-Westfalen haben wir in unser Wahlprogramm übertra- gen.
Seit der Gründung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2007 haben wir uns zahlreiche Themenfelder erschlossen und in offenen und transparenten Arbeitskreisen an den Inhalten gearbeitet. Neben den inhaltlichen Ausführungen in den Grundsatzprogrammen der Piratenpartei Deutschland und unseres nordrhein-westfälischen Landesverbandes beziehen wir auf den folgenden Seiten zu vielen landespolitischen Themen klar Stellung.
Sollten bei der Lektüre unseres Wahlprogramms Fragen aufkommen, scheuen Sie sich nicht, mit uns in Kontakt zu treten. Neben den persönlichen Möglichkeiten an Infoständen in ganz Nordrhein-Westfalen stehen Ihnen dazu auch diverse Möglichkeiten online zur Verfügung. Wir laden Sie herzlich ein, unsere Webseite zur Landtagswahl 2017 zu besuchen: www.smartgerecht.nrw
Der Digitale Kompass – gestalte die Digitale Revolution in Nordrhein-Westfalen
Der Digitale Kompass ist unsere Vision, die digitale Zukunft Nordrhein-Westfalens zu gestalten. Er entstand unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens, die online und auch vor Ort beim Workshop in Köln geholfen haben, den Digitalen Kompass mit Leben zu füllen.
Wir wollen die digitale Revolution zum Wohle der Menschen gestalten und keine bloße „In- dustrie 4.0“. Dafür schlagen wir eine Reihe von konkreten Maßnahmen vor, die wir unserem Land umsetzen wollen. Jeder Mensch soll vier grundlegende Rechte in der Informationsgesellschaft haben: Transparenz, Teilhabe, Datenschutz und Bürgerbeteiligung.
Themenbereich 1 – Ich weiß (Transparenz und Kompetenz)
Öffentliche Daten zugänglich machen!
Amtliche Informationen sind im Internet bisher oftmals nur schwer oder gar nicht aufzufin- den. Von einem einfachen Zugriff könnten sowohl Menschen als auch Unternehmen profi- tieren. Auch die Arbeit staatlicher Stellen (Verwaltung, Gerichte, Landtag sowie Unternehmen, die im Auftrag der öffentlichen Hand und im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig sind) würde durch eine einheitliche Plattform für die Veröffentlichung von Dokumenten und Daten erleichtert werden.
Unser Vorschlag:
Wir schaffen ein zentrales, barrierefreies Transparenzportal im Internet, das neben Recht- sprechung und Gesetzgebung auch Verordnungen, Umsetzungsrichtlinien, Berichte, Empfehlungen, Analysen, amtliche Bekanntmachungen, Gesetzesentwürfe und sonstige Druck- sachen von Land und Kommunen enthält. Unser Konzept orientiert sich an allgemein aner- kannten Open-Data-Kriterien, um eine maximale Nutzbarkeit der eingestellten Daten und Texte zu gewährleisten – dies schließt auch eine kommerzielle Nutzung mit ein. Die Bedien- barkeit des Portals wird durch Funktionen wie eine Volltextsuche, Änderungsverfolgung, Benachrichtigungsfunktion, Querverweise und Kommentarmöglichkeit im Vergleich zu bestehenden Lösungen erheblich verbessert. Dabei soll auf Schnittstellen für die automatische Abfrage und Weiterverarbeitung geachtet werden. Langfristig sollen alle amtlichen Informa- tionen öffentlich gemacht werden, solange diese nicht aus zwingenden Gründen nichtöf- fentlich bleiben müssen. Wir wollen einen gläsernen Staat, keine gläsernen Bürgerinnen und Bürger.
Medienkompetenzstrategie für Schulen erarbeiten!
Die Schulen kommen ihrem Bildungsauftrag bezüglich der Medienbildung und der Vermittlung von Medienkompetenz an die Schülerinnen und Schüler kaum nach.
Unser Vorschlag:
Zu diesem Ziel müssen Lehrende an Fortbildungen zu dem Thema teilnehmen und die Lehrpläne müssen dementsprechend angepasst werden, sodass Lehrende in die Lage versetzt werden, Medienkompetenz zu vermitteln und mit digitalen Medien im Unterricht zu arbeiten. Medienbildung und das Lernen mit digitalen Medien sind in der Lehrerausbildung als verpflichtende Elemente angemessen zu berücksichtigen.
Pflichtfach Informatik für alle Schülerinnen und Schüler einführen
Die Schülerinnen und Schüler wachsen in einer Welt auf, in der Computer in immer mehr Bereichen Anwendung finden und alltägliche Aufgaben übernehmen. Es ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Kenntnisstands im Umgang mit Computern und der Programmierung. Darüber hinaus wird das Fach Informatik nicht an allen weiterführenden Schulen – und dann auch nicht für alle Profile bzw. Klassen – angeboten. Die daraus resultie- rende Ungleichheit stellt sowohl ein Problem im Bereich der privaten Nutzung technischer Geräte als auch im späteren Berufsleben dar.
Unser Vorschlag:
Um dem Rechnung zu tragen und gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen, soll Informatik an allen Schulen ab Jahrgangsstufe Fünf als Pflichtfach eingeführt werden. Im Informatikunterricht werden die Inhaltsfelder
a) Information und Daten,
b) Algorithmen,
c) (formale) Sprachen und Automaten,
d) Informatiksysteme sowie
e) Informatik, Mensch und Gesellschaft behandelt.
Digitale Flüchtlingshilfe bündeln, Sprachkurse ausbauen, Fragen beantworten und Vorurteile abbauen! I
Die bestehenden Bildungseinrichtungen, die Deutsch als Zweit- und Fremdsprache unter- richten oder Alphabetisierungskurse anbieten, sind häufig an den Grenzen der Belastbarkeit angelangt oder haben diese bereits überschritten. Es mangelt sowohl an geeigneten Räum- lichkeiten, als auch an Lehrern. Die Lehrkräfte müssen angemessen bezahlt und die Arbeits- bedingungen dringend verbessert werden. Wir fordern für die Lehrkräfte und Lehrenden Mit- spracherechte um die Alphabetisierungs- und Integrationskurskonzepte zu verbessern.
Unser Vorschlag:
Das Land fördert lizenzfreie Bildungsmaterialien für Flüchtlinge und Migranten und baut die bestehenden Online-Lernplattformen aus. Die verschiedenen Angebote im Bereich der digi- talen Flüchtlingshilfe müssen als Übersicht gebündelt und inhaltlich verbessert werden, um ein optimales Angebot zu entwickeln, das sich einfach bedienen lässt und so viele Neuankömmlinge wie möglich erreicht. Die Wirksamkeit muss regelmäßig überprüft werden.
Alle Sammelunterkünfte müssen mit barrierefreiem Internet und Computerarbeitsplätzen versorgt werden, damit die Menschen in den Flüchtlingsheimen nicht digital abgehängt bleiben.
Digitale Flüchtlingshilfe bündeln, Sprachkurse ausbauen, Fragen beantworten und Vorurteile abbauen! II
Helferinnen, Helfer und Geflüchtete haben viele Fragen und finden im Dschungel der Informationsangebote oft nicht die passende Antwort.
Unser Vorschlag:
Das Land bietet ein moderiertes Flüchtlingsforum. Es soll allen Aktiven ermöglichen, Best-Practice-Beispiele, Informationen, Fragen usw. auszutauschen und sich zu vernetzen. Hierfür werden vom Land genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt, damit zukünftig ein moderiertes Flüchtlingsforum implementiert und betreut werden kann.
Digitale Flüchtlingshilfe bündeln, Sprachkurse ausbauen, Fragen beantworten und Vorurteile abbauen! III
Im Netz kursieren immer wieder Gerüchte und rassistische Bilder über Geflüchtete und Migranten.
Unser Vorschlag:
Das Land soll eine Website mit Argumentationshilfen gegen Menschenfeindlichkeit in leichter Sprache aufbauen.
Digitale Flüchtlingshilfe bündeln, Sprachkurse ausbauen, Fragen beantworten und Vorurteile abbauen! IV
Es gibt viele Förderprogramme, aber niemand hat einen Überblick darüber.
Unser Vorschlag:
Das Land baut eine Seite auf, die sämtliche Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten aufzeigt. Die Seite muss auf aktuellem Stand gehalten werden und auch Fördermaßnahmen der EU und des Bundes aufführen.
Mobilitätsinformationen zur freien Verfügung stellen!
Navigationsgeräte und Mobilitäts-Apps können bisher oftmals keine Fahrpläne, Störungsmeldungen oder Echtzeit-Verkehrsinformationen anzeigen, weil die Anbieter keinen freien und standardisierten Zugriff auf diese Daten haben (z.B. aktuelle oder geplante Störungen/Sperrungen/Verspätungen, freie Parkplätze, Barrierefreiheit). Bestenfalls wird jede Information auf einer eigenen Internetseite bereitgestellt.
Unser Vorschlag:
Das Land bietet aktuelle Mobilitätsinformationen wie z.B. Fahrpläne, Störungen, Sperrungen, Verspätungen oder freie Parkplätze öffentlich zur uneingeschränkten und kostenfreien Weiterverwendung an (Open Data). Die finanzielle Förderung des ÖPNV durch das Land wird an die Bedingung geknüpft, dass die Verkehrsunternehmen die erforderlichen Daten zur Ver- fügung stellen.
Daran anknüpfen lassen sich neue Serviceangebote (für registrierte Nutzerinnen und Nutzer) wie zum Beispiel Kundenentschädigungen bei Verspätungen und Zugausfällen per 1- Click (Kein Ausfüllen verschiedener Formulare mit dem Beschreiben und der Beweislast über die ausgefallene oder verspätete Fahrt).
Politische Bildung und Informationen über Kinder- und Jugendrechte (UN-KJR)
Viel zu Wenige (auch Fachkräfte) kennen die konkreten Kinder- und Jugendrechte. Dementsprechend entfernt ist die Beachtung von Kinder- und Jugendrechten (Schutz, Förderung, Beteiligung) in der Praxis.
Unser Vorschlag:
Auf den Webseiten aller Bildungseinrichtungen, an Lehramtshochschulen, in den medienpädagogischen Lern- und Lehrkonzepten und bei allen entsprechenden Informationsmöglich- keiten für Minderjährige, sind die Kinder- und Jugendrechte sowie Hilfsangebote und Betei- ligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche leicht erreichbar und altersadäquat abzubilden bzw. aufzulisten. Ein unabhängiger Landesbeauftragter/eine unabhängige Landesbeauftragte für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen wird eingesetzt. Er oder sie behält im Auge, wie es mit der Verbesserung der Information vorangeht, ist Ansprechpartner für alle Beteiligten, kontrolliert die Einhaltung der Rechte der Kinder und Jugendlichen und gibt ihnen wirksame Beschwerdemöglichkeiten.
Digitale Verwaltung vereinheitlichen
Die kommunale Verwaltung von 396 Gemeindeverwaltungen in NRW nutzt in etwa genauso viele verschiedene digitale Verwaltungslösungen. Das führt zu einer Vervielfachung der Softwarekosten, macht Verwaltungshandeln weniger nachvollziehbar, da z.B. Budgetpläne nicht vergleichbar sind und führt zu Verunsicherung beim Personal und Bürgerinnen und Bürgern. Dazu machen sich die Kommunen oft von einem einzelnen Hersteller abhängig. So- wohl wirtschaftlich, als auch in der Datenhaltung. Immer mehr Informationen der Bürgerin- nen und Bürger wandern so, gewollt oder ungewollt, in die sogenannte Cloud ab. Hier kann oft nicht kontrolliert werden, welche Datenschutzbestimmungen angewandt werden, wenn die eigentliche Cloud in Irland, den USA oder weltweit verstreut betrieben wird.
Unser Vorschlag:
Es soll ein kultureller Wandel in der Verwaltung gefördert werden, es bedarf einer Offenheit der Verwaltung, diese Veränderungen mitzutragen und zu fördern. Land und Kommunen entwickeln eine eigene Verwaltungssoftware, die nutzerfreundlich für Bürgerinnen und Bür- ger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist und die garantiert, dass alle Daten und Datenverarbeitungsschritte stets deutschem Recht unterliegen. Dadurch wird die Gemeinde- verwaltung in eigener Hand und eigener Verantwortung digitalisiert. Die hier auftretenden Einspareffekte sollten direkt den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen. Sei es als Service plus, wenn kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von stupiden Verwaltungsaufga- ben entlastet werden, oder Abgabensenkungen, wenn eben keine teure Lizenzsoftware mehr angeschafft werden muss. Die neuen Softwarelösungen sollen unter freien Lizenzen unter Nutzung von öffentlichen Repositorien entwickelt werden. Dies ermöglicht es auch, Sicherheitslücken zu vermeiden. Zudem stärkt diese Lösung den IT Standort Deutschland, da hier Vor-Ort-Lösungen entwickelt werden und Support geleistet wird.
Themenbereich 2 – Ich nutze (Zugang und Teilhabe)
Pilotprojekt für digitale Rathäuser starten
Die Möglichkeiten des modernen E-Governments werden von Kreisen, Städten und Gemeinden teilweise nur sehr eingeschränkt genutzt und weichen in der Umsetzung teilweise deutlich voneinander ab. Während es vielerorts nur möglich ist, online Termine zu vereinbaren, können anderswo bereits konkrete Verwaltungsvorgänge online durchgeführt werden. Die verschiedenen Angebote unterscheiden sich dabei auch hinsichtlich Auffindbarkeit und Bedienbarkeit.
Unser Vorschlag:
Unter Koordinierung des Landes errichten teilnehmende Kreise, Städte und Gemeinden ein einheitliches E-Government-Portal, welches auch ein Ratsinformationssystem beinhaltet. Dies könnte auch gemeindeübergreifende Verwaltungsakte wie Umzüge unter Nutzung ei- nes einzelnen Portals möglich machen. Als verantwortliches Steuerungsorgan erstellt das Land im Rahmen eines Pilotprojekts mit allen Beteiligten einen Anforderungskatalog für die- jenigen Verwaltungsakte, die in ein solches Onlineportal überführt werden sollen.
Schulen ans Netz bringen!
Digitales Lernen im Unterricht setzt eine ausreichend schnelle Internetanbindung voraus. Insbesondere, wenn viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig online gehen um beispielsweise digitale Lernplattformen zu nutzen oder Internetrecherche betreiben. Die Bandbreite, mit der Schulen in Nordrhein-Westfalen ans Netz angebunden sind, ist heutzutage für eine Schule mit mehreren hundert Schülern völlig unzureichend. Dazu wird an jeder Schule ein Konzept für ein tragfähiges, freies WLAN in allen Bereichen der Schule benötigt.
Unser Vorschlag:
Langfristig muss jede Schule mit einem schnellen Glasfaseranschluss ausgerüstet werden, um der steigenden Bedeutung von E-Learning und dem Einsatz moderner Medien gerecht zu werden. Der Anschluss von Schulen ans Glasfasernetz kommt dann auch den Gemeinden zu Gute, die ebenfalls von der Erschließung mit schnellem Internet profitieren.
Öffentliche Infrastruktur beim Zugang zum freien Internet nutzen!
Menschen sind heute auch unterwegs zunehmend auf einen Zugang zum Internet angewie- sen, auch in öffentlichen Einrichtungen (z.B. Behörden, Schulen, Erstaufnahmeeinrichtun- gen, vollstationäre Einrichtungen, Krankenhäusern). Der mobile Internetzugang über UMTS/LTE ist nicht für jeden erschwinglich, oft volumenbeschränkt, nicht anonym nutzbar und im Land nicht überall verfügbar. Schulen bieten vielerorts nur eingeschränkten Internet- zugang an und investieren viele Ressourcen in die aufwändige Erstellung von Listen zulässi- ger oder unzulässiger Internetangebote.
Unser Vorschlag:
Das Land fördert die Einrichtung von frei zugänglichen und für die Nutzerinnen und Nutzer kostenfreien WLAN-Internetzugängen in öffentlichen Immobilien. Eine Verschlüsselung des Zugangs und Login-Pflicht, Filterung, Identifizierung oder Protokollierung der Internetnutzung erfolgt nicht. Mittelfristiges Ziel ist die Verfügbarkeit von WLAN in allen Schulen, anderen öffentlichen Gebäuden und Plätzen.
Gigabit-Strategie für den Breitbandausbau
Heute muss eine leistungsfähige digitale Infrastruktur errichtet werden, vergleichbar mit dem Ausbau anderer Infrastrukturträger in der Vergangenheit (Elektrifizierung, Verkehr, Abwasser).
Unser Vorschlag:
Eine Gigabit-Gesellschaft benötigt ein Gigabit-Netz! Vorbild an dieser Stelle ist Schleswig- Holstein, das eine Glasfaser-Strategie besitzt und beim Glasfaserausbau in Deutschland führend ist. Ziel ist es, bis 2025 ein nahezu flächendeckendes Glasfasernetz zu errichten. Wenn staatliche Fördergelder verwendet werden, setzen wir uns für das so genannte OpenAccess- Betreibermodell ein: Das heißt, die Kommunen errichten die Infrastruktur und vermieten diese an Betreiber.
Kostenfreies Internet in Zügen anbieten!
Auf Bahnfahrten ist die Netzabdeckung von mobilem Internet oft lückenhaft. Das macht das Bahnfahren vor allem für Berufspendler unattraktiv, die heutzutage zum Arbeiten oft auf eine funktionierende Internetverbindung angewiesen sind. Damit verliert die Bahn, trotz positiver Umweltbilanz, als Verkehrsmittel deutlich an Attraktivität.
Unser Vorschlag:
Bei Neuausschreibungen wird die kostenfreie Internetnutzung für Fahrgäste über WLAN zur Bedingung gemacht. Das WLAN ist für alle Fahrgäste ohne Anmeldung oder Registrierung nutzbar.
Die Zugbetreiber sollen mit allen Mobilfunkanbietern kooperieren, um einen möglichst lückenlosen Empfang zu gewährleisten. Das Land setzt sich bei den Mobilfunkanbietern dafür ein, dass Funklöcher entlang von Bahnstrecken zügig geschlossen werden.
Gefangenen die Teilhabe am Internet gestatten!
Strafgefangene haben bisher keinen Zugang zum Internet, obwohl es geeignete Lösungen zur Gewährleistung der Sicherheit gibt. Der fehlende Internetzugang erschwert Resozialisierungsmaßnahmen wie die Jobsuche oder den regelmäßigen Kontakt mit Freunden und Familie. Auch im Maßregelvollzug ist bisher kein Zugang zum Internet möglich.
Unser Vorschlag:
Die Landesregierung schreibt die Einrichtung von Internetzugängen für Strafgefangene aus. Im Grundsatz soll jeder Strafgefangene Anspruch auf Nutzung des Internets erhalten. Ähn- lich wie bei einem geplanten Pilotprojekt in Berlin kann in einer ersten Phase der Zugriff nur auf Internetseiten einer speziellen Liste gestatten werden. Diese könnte Fortbildungseinrichtungen, Seiten der Arbeitsagentur, Wohnungsportale, Nachrichtenseiten oder das Inter- netlexikon Wikipedia beinhalten. Auch im Maßregelvollzug wird der Internetzugang unter gleichen Bedingungen ermöglicht. Die Sicherheit kann bei den schon existierenden Systemen gewährleistet werden, da beispielsweise Kommentarfunktionen auf Webseiten tech- nisch deaktiviert werden und E-Mail-Verkehr, ähnlich wie analoger Briefwechsel, überwacht werden kann.
Depublikationspflicht abschaffen!
Die aus Rundfunkbeiträgen aus der Bevölkerung produzierten Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürfen bisher nur eine begrenzte Zeit (z.B. sieben Tage lang) zum Abruf über das Internet bereitgehalten werden. Auf diese Weise gehen viele Sendungen verlo- ren, die sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Wissenschaft von großem Interesse seien können.
Wer beispielsweise nach einer gewissen Zeit Aussagen von Politikern überprüfen möchte, die diese vor Wahlen getätigt haben, kann nicht auf Medien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurückgreifen, da die von ihnen produzierten Sendungen, Berichte oder Interviews wahrscheinlich längst depubliziert wurden. Dadurch geht unserer Gesellschaft unnötig viel Wissen und Erfahrung verloren.
Unser Vorschlag:
Die TV-Linearität muss infrage gestellt werden. Es bedarf einer grundsätzlichen Änderung der medienpolitischen Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, welche auch die Pflicht zur Depublikation abschafft.
Generelle Handyverbote an Schulen aufheben
An vielen Schulen sind in den Schulordnungen Einschränkungen für die Nutzung von Smart- phones oder Tablets festgeschrieben. Dabei ist beispielsweise ein generelles Mitführverbot elektronischer Geräte rechtswidrig und auch ein Nutzungsverbot während der Pausen und Freistunden hat keine rechtliche Legitimation. Im Rahmen einer pädagogischen Maßnahme darf ein Gerät nicht über den betreffenden Unterrichtstag hinaus eingezogen werden. Unser Vorschlag:
Die Mitführung des eigenen Smartphones gehört heute zur Lebenswirklichkeit junger Menschen. Viele Schulen bemühen sich bereits darum, digitale Medien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren und haben eigene medienpädagogische Konzepte entwickelt. Das trifft jedoch nicht auf alle zu. Wir fordern, dass jede Schule ein Konzept für den Umgang mit modernen, digitalen Medien entwickeln soll. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler beteiligt werden. Diese medienpädagogischen Lern- und Lehrkonzepte können in die Schulordnung integriert oder als ergänzende Vereinbarung beschlossen werden. Generelle Handyverbote in der Schule dürfen keinen Bestand haben. Stattdessen sollen die Schulen unter Beteiligung der Schülerinnen und Schüler angemessene Regelungen zur Nutzung von Handys erarbeiten.
Freie Bildungsmaterialien für alle schaffen!
Zurzeit ist es gängige Praxis, dass der Steuerzahler Lernmaterialien doppelt bezahlt: Zum einen finanziert er deren Erstellung und Publikation und zum anderen müssen die Schulen für den Erwerb wiederum bezahlen.
Unser Vorschlag:
Das Land soll eine konsistente Strategie erarbeiten, um die Erstellung und den Einsatz freier Bildungsmaterialien (Open Educational Resources) zu fördern. Dabei sollten sowohl Materi- alien im schulischen wie auch im universitären Bereich als auch im Weiterbildungsbereich im Fokus liegen. Die Lizenz der Materialien wird so gestaltet, dass sie von einem möglichst breiten Personenkreis genutzt werden können. Das Land ermutigt die Lehrenden zur Erstellung von Open Educational Resources, indem es sie in rechtlichen Fragestellungen berät und die investierte Zeit nach Absprache als Unterrichtsstunden anrechnet. Langfristig würde so ein Pool von Lern- und Lehrmaterialien entstehen, der auch von anderen Bildungsträgern ge- nutzt werden kann.
Wissenschaftliche Publikationen mit Open Access stärken und Potenziale ausschöpfen
Noch immer sind viele wissenschaftliche Studien, Daten, Analysen und Erkenntnisse nur gegen Bezahlung bei Verlagen erhältlich, obwohl dank moderner Technologien die Reproduktion der Werke praktisch kostenfrei erfolgen kann. Aus öffentlichen Geldern geförderte wis- senschaftliche Arbeit kommt der Öffentlichkeit nicht angemessen zugute.
Unser Vorschlag:
Wissenschaftliche Arbeiten werden als so genannte Open-Access-Veröffentlichungen dau- erhaft kostenfrei zugänglich gemacht. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Gesetzgeber nun umgehend tätig werden. Der freie „Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und ihrer Bewahrung“ im Sinne des Open Access kann nur gelingen, wenn er entsprechend ge- fördert wird. In einem weiteren Schritt sollen auch Referate und Projektergebnisse an Schu- len nach Prüfungen verfügbar sein.
Vorlesungen online abrufbar machen!
Überfüllte Hörsäle, soziale Verpflichtungen (zum Beispiel die Pflege von Angehörigen) oder nebenberufliche Tätigkeiten zur Studienfinanzierung können es für Studierende schwierig machen, die im Studienplan vorgesehenen Vorlesungen zu belegen.
Unser Vorschlag:
Bei entsprechender Nachfrage erhalten Studierende ein Recht darauf, Lehrveranstaltungen auch online abrufen zu können. Das Land unterstützt die Einrichtung von frei zugänglichen Online-Vorlesungsplattformen.
Themenbereich 3 – Ich bestimme selbst (Datenschutz und Selbstbestimmung)
Privatsphäre und Sicherheit bei der Energieversorgung schützen
Die Digitalisierung der Energieversorgung macht diese zunehmend verwundbar und Ver- braucherinnen und Verbraucher gläsern. Immer mehr Teile der Stromversorgung sind ans Internet angeschlossen und dadurch ein potenzielles Ziel von Hackern. Der geplante flächen- deckende Einsatz sogenannter „intelligenter Stromzähler“ (Smart Meter) birgt zusätzliche Sicherheitsrisiken. Darüber hinaus lassen sich aus fortlaufenden Verbrauchsmessungen Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten der Bewohner eines Hauses ziehen. Der Aufbau von Hard- und Software dieser Zähler liegt nicht offen – die Hersteller betrachten dieses Wis- sen als Geschäftsgeheimnis. Verbraucherinnen und Verbrauchern wird somit blindes Ver- trauen abverlangt.
Unser Vorschlag:
Das Land setzt sich – beispielsweise im Rahmen bestehender Modellprojekte – dafür ein, dass Protokolle und Software-Quellcodes vollständig offengelegt werden, damit die Wirkungs- weise und Sicherheit von Smart Metern öffentlich kontrollierbar ist. Der Einsatz von „Smart Metern“ in Wohnungen soll generell nur mit freier und jederzeit widerruflicher Einwilligung aller Bewohner erfolgen. Wer beim Bezug einer Wohnung bereits ohne seine Zustimmung installierte Vorrichtungen dieser Art vorfindet, erhält das Recht, diese wieder durch einen herkömmlichen Stromzähler mit Möglichkeit zur Selbstablesung ersetzen zu lassen.
Recht auf elektronische Kommunikation mit Behörden
Kommunikation mit Behörden basiert häufig noch auf Kommunikation per Post. Dies ist teuer, langsam und entspricht nicht den Anforderungen, die Menschen heutzutage an den Staat stellen.
Unser Vorschlag:
Alle Menschen sollen das Wahlrecht haben, auf gebührenfreie elektronische Post von öffent- lichen Behörden und Einrichtungen zu bestehen. Sollten Bürgerinnen oder Bürger eine postalische Zustellung von Schreiben ablehnen und eine elektronische bevorzugen, soll den Behörden eine Abweichung von dem gewünschten Medium nur aus wichtigen Gründen oder aufgrund gesetzlicher Beschränkungen erlaubt sein. Damit müssen Behörden tätig werden und mit der Einrichtung sicherer, elektronischer Kommunikation beginnen.
Recht auf verschlüsselten Informationsaustausch mit Behörden und staatlichen Stellen
Zurzeit ist es nicht möglich, mit allen staatlichen Stellen elektronisch verschlüsselt zu kom- munizieren und deren Internetangebote zu nutzen.
Unser Vorschlag:
Die öffentlichen Stellen des Landes und der Kommunen sollen Schnittstellen und Adressen anbieten, damit zukünftig mit allen staatlichen Stellen verschlüsselt kommuniziert werden kann. Dabei ist mindestens ein auf offenen Standards basierendes Verfahren wie z.B. GnuPG anzubieten. Internetdienste der öffentlichen Stellen des Landes und der Kommunen sollen nach aktuellem Stand der Technik verschlüsselt nutzbar werden. In sensiblen Bereichen wird die unverschlüsselte Nutzung unterbunden.
Die Behörden sollen dann auf Wunsch auch elektronisch kommunizieren, anstatt Schreiben per Post zu verschicken, soweit rechtlich zulässig.
Anonymer Fahrscheinverkauf
Um Fahrscheine für Bus und Bahn digital zu erwerben, muss man bisher persönliche Daten angeben. Aus Gründen der Datensicherheit sind dazu nicht alle Bürgerinnen und Bürger bereit. Aktuelle und kommende E-Ticket-Systeme bieten in ihrer aktuellen Konzeption teilweise die Möglichkeit, Bewegungsdaten zu sammeln (der BigBrotherAward 2016 in der Kategorie Technik ging an die Berliner Verkehrsbetriebe BVG). Dazu wird nur teilweise die Möglichkeit geboten, die E-Tickets einfach anonym am Automaten (siehe Versuchsprojekt Münster) zu erwerben.
Unser Vorschlag:
Bis zur Einführung des Fahrscheinfreien Nahverkehrs müssen alle Arten von Fahrscheinen und E-Tickets für Bus und Bahn im Internet und auch zukünftig an Ticketautomaten erhält- lich sein. Die Zahlung und Prüfung bzw. Authentifizierung muss immer anonym möglich sein.
Register aller Überwachungskameras
Die Überwachung durch Kameras ist zum festen Bestandteil des allgemeinen Lebens geworden. Es ist kaum möglich, sich dieser ständigen und überall präsenten Überwachung zu entziehen. Eine solche Überwachung kann einen Überwachungs- und Anpassungsdruck erzeu- gen, zumal wenn man nicht weiß, wer wo und wann zu welchem Zweck den öffentlichen Raum überwacht.
Unser Vorschlag:
Es wird eine gesetzliche Meldepflicht für Kameras eingeführt, die den öffentlich zugängli- chen Raum überwachen. Die Meldungen werden in einem für jedermann über das Internet einsehbaren Register verzeichnet.
Wir stellen den Schutz der Privatheit an den Anfang jeder Überlegung: Einführung von Privacy Impact Assessments in Verwaltung und Ministerien
Viele Gesetze und Verwaltungsabläufe kranken daran, dass datenschutzrechtliche und die Privatheit des Einzelnen betreffende Belange erst spät im Diskussions- und Entscheidungsprozess zum Thema gemacht werden. Die späte Beschäftigung hat zur Folge, dass diese Gesetze und Verwaltungsabläufe einem hohen Schutz für die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht entsprechen.
Unser Vorschlag:
Ob neues Gesetzesvorhaben oder neue Technologie, jedes politische oder wirtschaftliche Projekt muss von der Überlegung geleitet werden, wie das Projekt so datenschutzfreundlich und privatheitsschonend wie möglich gestaltet werden kann. Dafür wollen wir Folgeabschätzungen im Bereich Privatheit und Datenschutz, sog. „Privacy Impact Assessments“ (kurz „PIA“), in unseren Verwaltungen und Ministerien, und speziell im Gesetzgebungsprozess, etablieren sowie diese auch bei Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen in Unternehmen und anderen Organisationen fördern.
Bildungsangebote im Bereich Privatheit, Datenschutz und Datensicherheit ausbauen!
Privatheitsschutz, Datenschutz und Datensicherheit sind für viele Menschen weiterhin abstrakte Begriffe, während die Digitalisierung der Gesellschaft rasant voranschreitet. Es existiert ein „Privacy-Paradox“: Zwar geben die meisten Menschen an, dass ihnen ihre Privatheit wichtig ist, sie ergreifen aber nicht die notwendigen technischen oder politischen Maßnah- men, um ihren Selbstschutz zu erhöhen. Dieses Problem ist nicht nur bei Privatpersonen zu beobachten. Ein unvorsichtiger Umgang mit digitalen Technologien kann beispielsweise im öffentlichen Dienst zu einer Gefährdung vieler Betroffener führen.
Unser Vorschlag:
Bildungsangebote im Bereich Privatheitsschutz, Datenschutz und Datensicherheit müssen im privaten und öffentlichen Bereich ausgebaut werden. Der Selbstschutz vor allen möglichen Eingriffen in die Privatsphäre muss Bürgerinnen und Bürgern so leicht wie möglich ge- macht werden. Das Personal öffentlicher Stellen des Landes und der Kommunen muss Wei- terbildungen erhalten, um die Verwaltung des Landes für eine digitalisierte, grundrechtsbe- wusste Gesellschaft fit zu machen.
Behörden für die Kontrolle von Datenschutz und Datensicherheit müssen stark aufgestellt sein!
Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit und ihr Team leisten wertvolle Arbeit für die sachgerechte Einhaltung der Bundes-und Landesdatenschutzgesetze so- wie des Informationsfreiheitsgesetzes in einer sich schnell wandelnden, digitalisierenden Gesellschaft. Als unabhängige Landesbehörde ist die LDI für die Durchsetzung zweier wach- sender Rechtsbereiche verantwortlich, bei denen sie ein weites Spektrum an Kompetenzanforderungen erfüllen muss. Um den Anforderungen gerecht werden zu können, muss die LDI dabei auf einen gut ausgebildeten und quantitativ ausreichend ausgestatteten Personalstab zurückgreifen können. Die Behörde ist allerdings strukturell unterfinanziert. So ist die LDI im Vergleich zu anderen Bundesländern und der Bevölkerungszahl Nordrhein-Westfalens auf- fallend schwach ausgestattet.
Unser Vorschlag:
Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) benötigt eine aufrichtige Erhöhung ihrer Ressourcen, um die Kontrolle und sachgerechte Umsetzung von Datenschutz und Informationsfreiheit gewährleisten zu können.
Themenbereich 4 – Ich entscheide mit (Bürgerbeteiligung und Partizipation)
Einrichtung eines Landesministeriums „Digitale Gesellschaft, Vernetzung, Datenschutz und Breitbandausbau”
Derzeit werden Themen des Digitalen Wandels in einer Vielzahl von Landesministerien be- handelt. Die Verteilung der Zuständigkeiten auf zahlreiche Landesministerien hat sich als nicht zielführend und wenig praktikabel herausgestellt. Zentrale Herausforderungen der Di- gitalisierung wie der Breitbandausbau, die Stärkung von Medienbildung und Digitalem Ler- nen, Datenschutz, sowie OpenGovernment und E-Government werden teils gar nicht, teils nur ansatzweise oder verspätet angegangen. Es gibt kein federführendes Ministerium einer digitalen Gesellschaft unter den Ministerien.
Unser Vorschlag:
Eine thematische Bündelung in einem Ministerium „Digitale Gesellschaft, Vernetzung, Datenschutz und Breitbandausbau“ („Internetministerium“) ist notwendig. Nur so wird diesen Themen jene gesamtgesellschaftliche Relevanz eingeräumt, die sie für die Gegenwart und die Zukunft Nordrhein-Westfalens hat. Analog zur Bündelung in einem Landesministerium ist es sinnvoll, dass der Landtag NRW einen Ausschuss „Digitale Gesellschaft, Vernetzung, Datenschutz und Breitbandausbau“ („Internetausschuss“) einrichtet und sich auf Bundes- ebene für eine vergleichbare Umsetzung einsetzt.
Freie Netze fördern
Es gibt zu wenige freie Netze in Nutzerhand und offene Zugänge zum Internet in Deutschland.
Unser Vorschlag:
Wir setzen uns weiterhin für Freifunk und freie Netze ein. Dazu gehört für uns: Förderung wissenschaftlicher Forschung zu Mesh-Netzen, freier Router-Software und innovativer Netzwerkprotokolle. Ziel ist auch, technische Dezentralisierung und Erhöhung von Ausfallsicherheit zu fördern. Das Land NRW soll Freifunk als gemeinnützig anerkennen und sich auf Bundesebene für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk einsetzen.
Auf Bundesebene sollte die Überlassung von ungenutzten IP-Netzen der öffentlichen Hand an Freifunk-Initiativen ermöglicht werden. Zudem sollen freie Frequenzbereiche (z.B. ehe- malige TV-Frequenzen) für Breitband nutzbar gemacht werden.
Bürgerbeteiligung an Großprojekten
Die Planung und Realisierung von Großvorhaben steht seit Jahren im Zentrum öffentlicher Kritik (z.B. Fehmarnbeltquerung, Stuttgart 21, Elbphilharmonie). Das geltende Planungs- recht nutzt die digitalen Beteiligungsmöglichkeiten nicht, um Fehlplanungen zu verhindern.
Unser Vorschlag:
Pläne für Großprojekte sollen verpflichtend auf einem zentralen Internetportal veröffentlicht werden. Jeder Mensch soll sich über Vorhaben automatisch über das Internet informieren lassen können und Gelegenheit zur Stellungnahme und Diskussion darüber bekommen („Frühe Bürgerbeteiligung“). Auch im weiteren Verfahren sollen alle Planungsunterlagen über das Internet zum Abruf bereitgestellt werden. Es wird ein öffentlicher Zugang zum Raumordnungs-Informationssystem eingerichtet, über welches u.a. der Landesentwicklungsplan abrufbar ist.
Darüber hinaus wird die Möglichkeit eingerichtet, einen Newsletter zu abonnieren, der als „amtliches Benachrichtigungsblatt“ über beteiligungspflichtige Vorhaben informiert. In die- sem Newsletter sind die Schritte und Wege von Beteiligung darzustellen.
Bürger-Beteiligungsportal des Landes
Das Internet eröffnet neue Möglichkeiten zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in politische Prozesse. Diese Möglichkeiten werden bisher kaum genutzt. So hatte beispielsweise Piraten-Europaabgeordnete Julia Reda ihren Bericht zur Urheberrechtsreform im Internet zur Diskussion und Bearbeitung freigegeben (https://www.discuto.io/de/consulta- tion/6252).
Unser Vorschlag:
Der Landtag richtet ein Internet-Beteiligungsportal ein, auf dem unter anderem wichtige Gesetzgebungsvorhaben aus Landesregierung und Landtag öffentlich diskutiert werden können. Die Beteiligung soll bei Regierungsentwürfen spätestens zum Zeitpunkt der Verbands- anhörung, im Übrigen ab Einbringung in den Landtag erfolgen. Zusätzlich werden die im Par- lament dazu vorhandenen Dokumente (z. B. Stellungnahmen) einfach auffindbar zur Verfü- gung gestellt.
Das Land NRW soll sich zudem an der Entwicklung von modernen Werkzeugen zur Bürgerbeteiligung beteiligen und diese aktiv fördern.
Die bisher interne Dokumentation der Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben der Landesregierungen werden im Sinne der OpenGovernment-Prinzipien der Öffentlichkeit laufend zugänglich gemacht.
Bürger-Beteiligungsportal in der Kommune
Das Internet eröffnet neue Möglichkeiten zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in politische Prozesse. Diese Möglichkeiten werden bisher kaum genutzt. Zwar bieten Rats- und Ausschusssitzungen jeweils auch eine Bürgersprechstunde an, allerdings wird hier jeweils die zeitliche und örtliche Anwesenheit vorausgesetzt. Dies ist jedoch nicht allen Bürgerinnen und Bürgern möglich.
Unser Vorschlag:
Die Kommunen richten Internet-Beteiligungsportale ein, auf denen unter anderem wichtige Regelungsvorhaben aus dem Rat öffentlich diskutiert werden können. Dabei werden die im Rat und Verwaltung dazu vorhandenen Dokumente (z.B. Stellungnahmen) einfach auffindbar zur Verfügung gestellt.
Flächendeckend Mängelmelder für ortsbezogene Hinweise einrichten
Schlaglöcher, beschädigte Schilder oder Gebäude, verschmutzte Spielplätze – Mängel an der öffentlichen Infrastruktur zu melden, scheitert oft schon daran, dass der zuständige Ansprechpartner nicht zu ermitteln ist. Meldungen über die herkömmlichen Kanäle sind zudem aufwändig und der Bürger bekommt häufig keine Rückmeldung.
Unser Vorschlag:
Im Rahmen der OpenGovernment-Initiative der Landesregierung werden die Kommunen aufgefordert, ein lokales und anonym nutzbares Internetportal einzurichten oder einrichten zu lassen, über welches Bürgerinnen und Bürger Hinweise und Anregungen zu Straßen, Radwegen, Gebäuden (z.B. Schäden, Beschilderungsmängel, nicht-barrierefreie Zugänge) geo- grafisch auf einer Karte kennzeichnen und auf Wunsch auch zur Bearbeitung einreichen kön- nen. Die Landesregierung erstellt dazu eine Musteranwendung unter Berücksichtigung von OpenData-Standards. Die Einreichung soll auch über mobile Endgeräte möglich sein und auch ein Foto und geografische Koordinaten einschließen können. Die Hinweise sollen öf- fentlich einsehbar und kommentierbar sein. Die Kommune hat darüber zu berichten, wie mit der Meldung umgegangen wird.
Whistleblowing-Plattform
Whistleblower sind Menschen, die Straftaten, Rechtsverstöße oder Ethikverstöße melden. Das geltende Recht schützt Whistleblower aber nicht zuverlässig vor Repressalien von Seiten ihres Arbeitgebers/Dienstherren. Nur im wirksamen Schutz der Anonymität werden Whistleblower bereit sein, die bestehende Rechtsunsicherheit hinzunehmen und Missstände aufzudecken.
Unser Vorschlag:
Zur Umgehung der gefährlichen bundesrechtlichen Schutzlücken für Hinweisgeber richtet das Land NRW eine Stelle zur anonymen Meldung von Straftaten und anderen schwerwie- genden Missständen ein, die auch eine anonyme Kommunikation mit dem Hinweisgeber ermöglicht.
Transparenzportal der Bundesländer
Viele Informationen, die für einen interessierten Bürgerinnen und Bürger von Bedeutung sein können, sind derzeit nicht öffentlich zugänglich. Ein Großteil der Informationen ist zwar digitalisiert, jedoch nicht über das Internet öffentlich abrufbar.
Unser Vorschlag:
Wir wollen das Informationsfreiheitsrecht ausbauen und nach dem Vorbild anderer Bundes- länder ein Transparenzgesetz für Nordrhein-Westfalen einführen. Informationen öffentlicher Stellen in Nordrhein-Westfalen sollen proaktiv auf einem Transparenzportal maschinenlesbar veröffentlicht werden.
Freigabe von Live-Fahrplandaten
Derzeit kann man die Nutzung der Live-Fahrplandaten des ÖPNV nur über Portale des Be- treibers sowie der Bahn nutzen.
Unser Vorschlag:
Durch gesetzliche Änderungen sollen Bahnbetreiber dazu verpflichtet werden, alle Fahrplandaten in Echtzeit offen und barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Dadurch wird es Initiativen und Projekten ermöglicht, auf Basis dieser Daten eigene Anwendungen und Angebote zu entwickeln.
Digitale Arbeitswelten mitgestalten
Immer mehr Arbeitsschritte werden digital erledigt. Egal, ob in der Verwaltung, der Lehre, der Ausbildung oder der Produktion nicht-materieller Dinge (Musik, Video, Texte, etc.). Dazu werden immer mehr Arbeiten immer kleinteiliger erledigt. Es werden vielfach nicht mehr Komplettersteller oder -Verarbeiter benötigt, sondern Menschen mit Teilqualifikationen er- ledigen digitale Mini- und Expertenjobs.
Unser Vorschlag:
Auch digitale Arbeit ist zu schützen und es muss Sorge dafür getragen werden, dass sowohl Sozialstandards eingehalten werden, als auch, dass ein sinnvolles Sozialniveau für digitale Arbeiten existiert. Ein digitales Prekariat an der Armutsgrenze braucht niemand. Unterneh- mensgewinne, die durch die Digitalisierung der Arbeitsprozesse und den damit verbundenen Einsparungen anwachsen (digitale Rendite), müssen zumindest zum Teil, für die Finanzierung des Umbaus unserer Arbeitswelt eingesetzt werden.
Arbeit, Gesundheit und Soziales
Daseinsvorsorge neu definieren und ausgestalten
Wir setzen uns dafür ein, dass eine gemeinwohlorientierte Daseinsvorsorge erarbeitet wird. Die Daseinsvorsorge, die sogenannte Grundversorgung, umfasst staatliche Aufgaben zur Bereitstellung der für ein menschliches Dasein als notwendig erachteten Güter und Leistun- gen. Es soll zunächst eine öffentliche Debatte stattfinden, die neu definiert, was Güter und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge genau sind und zukünftig sein sollen. Dabei ist die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung. Die sich daraus ergeben-den Änderungen, zum Beispiel verstärkte Regionalisierung oder Rekommunalisierung, sollen in den entsprechenden Ministerien umgesetzt und in Gesetzen und Verordnungen verankert werden. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass mögliche Auswirkungen (z.B. Rekommu-nalisierung) nicht durch zu schließende Freihandelsabkommen oder ähnliche völkerrechtli-che Verträge beschnitten, erschwert oder verhindert werden. Beihilferegularien sind ent-sprechend anzupassen. Dafür soll sich die Landesregierung auch im Bund und auf europäi-scher Ebene einsetzen.
Transferleistungsfreies Lohnniveau sicherstellen (solange kein BGE eingeführt ist)
Sozial ist nicht was Arbeit schafft, sondern was uns von abhängiger Erwerbsarbeit befreit.
Definition Transferleistungsfreiheit
Der Einzelne hat ein Anrecht auf ein minimales Auskommen. Dies drückt sich zurzeit (sehr ungenügend) durch die garantierten staatlichen Transferleistungen aus, falls der Einzelne kein oder ein nicht ausreichendes Einkommen im Monat zur Verfügung hat. Je nach Situation des Einzelnen ist das Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Wohngeld. Transferleistungsfreiheit erreicht der Einzelne erst dann, wenn er genug eigenen Lohn erwirtschaftet, um die eigene Existenz zu sichern; das heißt, wenn er genug Geld im Monat zur Verfügung hat, um Lebens- mittel, Wohnung, Transportkosten, Kommunikationskosten, Kosten der gesellschaftlichen Teilhabe, etc. zahlen zu können.
Entlohnung
Solange das Erwerbs- und Arbeitseinkommen oder das Einkommen aus Einzelunternehmer- tum (z.B. Werkverträge) für die meisten Menschen in Deutschland der einzige Weg zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhaltes darstellt, müssen die Arbeits- und Vertragsbedingungen so ausgestaltet sein, dass Erwerbstätige, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer o- der Einzelunternehmerinnen und -unternehmer nicht ausgebeutet und/oder überfordert werden können. Durch tarifliche Bindungen und den Mindestlohn gibt es bei sogenannter abhängiger Beschäftigung Lohnuntergrenzen, die eine Ausbeutung und/oder Übervorteilung bei diesen Einkommensarten verhindern sollen. Hier müssen die entsprechenden Stundenlöhne so ausgerichtet werden, dass eine im Durchschnitt transferleistungsfreie Existenz bei einem Vollzeitarbeitsverhältnis garantiert ist. Nach letzten Berechnungen der Bundes- anstalt für Arbeit ist bei einer Vollzeitstelle mit einer Arbeitsleistung von 40 Stunden pro Woche, eine Entlohnung von 12,50 €/Stunde (Stand Ende 2015) im Bundesdurchschnitt not- wendig, um diese Transferleistungsfreiheit zu garantieren. Dementsprechend müsste der Mindestlohn auf 12,50 €/Stunde angehoben werden.
Diese Transferleistungsfreiheit in der Entlohnung muss jährlich nachgeführt und angepasst werden. Es ist vom Arbeitgeber bzw. vom Auftraggeber sicherzustellen, dass ein entspre- chendes Stundenlohnniveau mindestens erreicht wird. Sollte durch gesellschaftlichen Dis- kurs und politische oder tarifliche Entscheidung die Definition einer Vollzeitstelle stark nach unten abgesenkt werden (z. B. 25 Wochenstunden), so ist die Höhe des transferleistungs- freien Stundenlohnes ebenfalls anzupassen. Diese existenzsichernde Rahmenbedingung in der Lohngestaltung wird mit dem digitalen Wandel der Arbeitswelt (Click- and Crowdwor- king) und der inzwischen weit verbreiteten Umwandlung von Festanstellungen in Werkver- tragskonstruktionen immer wichtiger. Der digitale Arbeitswandel darf nicht zu einer Entrech- tung und Ausbeutung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Einzelunternehmerin- nen und -unternehmer führen.
Sozialversicherungen
Neben der Lohngestaltung muss auch die soziale Absicherung Mindeststandards erhalten, die für die soziale und wirtschaftliche Stabilität unserer Gesellschaft unerlässlich sind. Das Einzel-, bzw. Solounternehmertum und die damit verbundenen Werkvertragskonstruktio- nen sind nur dann sinnvoll, wenn die Beiträge zu den Sozialversicherungen (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung und Unfallver- sicherung) garantiert und in ausreichender Höhe geleistet werden können, ohne dass der erzielbare Stundenlohn den Einzelunternehmer auch wieder zum Transferleistungsempfän- ger staatlicher Leistungen macht. Dies müssen Auftraggeber wie auch etwaige vermittelnde Dienstleister bzw. Plattformanbieter sicherstellen. Hier ist eine gesetzliche Regelung anzu- streben, da Einzelunternehmer weder Marktmacht, noch Organisationsmacht haben, um diese Grundbedingungen durchzusetzen.
Arbeitslosigkeit in NRW und Europa bekämpfen
Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, fordern wir eine bessere Zusammenarbeit unter den europäischen Staaten, da ein ausschließlich nationalstaatliches Denken effektive Lösungen verhindert. Dabei soll die Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit Vorrang genießen. Um neue Arbeitsplätze nicht nur in NRW, sondern in ganz Europa zu schaffen, fordern wir gezielte Investitionen in die Infrastruktur, Bildung und Wirtschaft. Der Schwerpunkt bei In- vestitionen in die Infrastruktur soll auf dem Bau einer modernen Verkehrsinfrastruktur, Aus- bau des Breitbandinternets und der Schaffung einer dezentralen Energieversorgung liegen.
Alle Arbeitsarten sind gleichberechtigt zu behandeln
In unserer Gesellschaft wird es immer genügend Arbeit geben: Neben der Erwerbsarbeit zum Geld verdienen gibt es die Haus- und Familienarbeit, sowie Arbeiten, die im Rahmen eines Ehrenamtes oder Hobbys geschehen. Es ist wichtig, dass wir diese Arbeitsarten als gleichbe- rechtigt betrachten, da unsere Gesellschaft ohne diese nicht funktionieren würde.
Die Erwerbsarbeit wird auch zukünftig immer stärker unter Druck geraten. Durch zuneh- mende Automatisierung, verstärkt durch den digitalen Wandel, werden viele Arbeitsplätze entfallen. Zusätzlich wird unsere Wirtschaft in absehbarer Zeit noch stärker unter Wettbe- werbsdruck zu leiden haben – viele Schwellenländer entwickeln sich zu neuen Industriestaa- ten und werden in der globalisierten Welt an Bedeutung gewinnen. All diese Faktoren führen dazu, dass zukünftig viele Menschen nicht einer klassischen Erwerbsarbeit nachgehen kön- nen. Wir müssen dieser Entwicklung Rechnung tragen und dafür sorgen, dass neue Arbeits- modelle entwickelt werden. Chancen wie die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft müssen wir als solche begreifen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finanziell absichern – Entwicklung neuer Arbeitsmodelle und eines bedingungslosen Grundeinkommens vorantreiben
Wir wollen die Existenz der Menschen mit einem bedingungslosen Grundeinkommen grund- legend absichern. Diese Absicherung wird benötigt, damit neue Arbeitsmodelle sich durch- setzen können. Wir möchten dafür sorgen, dass mehr Firmen gegründet werden und mehr Menschen freiberuflichen Tätigkeiten nachgehen. Des Weiteren möchten wir dafür sorgen, dass neue und innovative Arbeitsmodelle wie Commons und Coworking angewendet wer- den. Das damit einhergehende, projektorientierte Arbeiten lässt oftmals keine dauerhafte und feste Anstellung zu. Eine Absicherung über ein Grundeinkommen wäre daher unsere Lösung der Wahl.
Darüber hinaus benötigt unsere Gesellschaft mehr Menschen, die im Rahmen eines Ehren- amtes oder Hobbys oder in Form von Haus- und Familienarbeit Tätigkeiten für die Gesell- schaft übernehmen. Unser kulturelles Erbe muss – ebenso wie die zukünftig höhere Anzahl älterer Menschen – gepflegt werden. Dies lässt sich nicht primär durch bezahlte Arbeitsstel- len bewältigen.
Ausbau der Infrastruktur entscheidend für Schaffung neuer Arbeitsplätze
Unsere moderne Wirtschaft benötigt gut ausgebildete und hochspezialisierte Fachkräfte. Allerdings ist nicht jeder Spezialist bereit, für einen guten Job umzuziehen. Das soziale Umfeld und die regionale Verbundenheit spielen auch bei der Arbeitsplatzwahl einen entscheidenden Faktor. Es ist daher wichtig, dass wir gerade die Verkehrsinfrastruktur in strukturschwa- chen Regionen ausbauen und für eine bestmögliche Anbindung an die Metropolregionen sorgen.
Generell müssen wir die Geschwindigkeit und somit die Reichweite unserer Verkehrsinfra- struktur erhöhen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch einen Job in entfernteren Regionen annehmen können, ohne ihre gewohnte Umgebung verlassen zu müssen. Um dies zu erreichen, müssen wir alle bestehenden und zukünftigen Bauvorhaben beschleunigen, sowie mehr Mut beim Einsatz neuer Techniken zeigen (Transrapid, Hyperloop, Carsha- ring etc.).
Mehr Firmen sollen Heimarbeitsplätze (Homeoffice) anbieten
Wir wollen dafür sorgen, dass mehr Heimarbeitsplätze angeboten werden. Viele Arbeits- plätze benötigen keine dauerhafte Präsenz vor Ort. Der verstärkte Einsatz von Heimarbeitsplätzen würde unnötige Fahrzeiten und damit verbundene Kosten einsparen. Ein im ländli- chen Bereich gut ausgebautes Breitbandinternet würde mehr Menschen die Möglichkeit zum Homeoffice bieten. Allerdings dürfen Telearbeitsplätze nicht zu einer Ausweitung der Über- wachung am Arbeitsplatz führen.
Shared Economy vorantreiben
Das Prinzip der Shared Economy – das Teilen von Ressourcen – und neue Technologien wie der 3D-Druck werden unsere Industrie revolutionieren. Wir wollen dafür sorgen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Erfolgen beteiligt werden und mögliche Nach- teile vorausschauend regulieren.
Eine dezentrale Energieversorgung ist die Grundlage für den Aufbau einer modernen Indust- rie. Eine moderne Industrie ist nicht auf einzelne Standorte begrenzt, sondern dezentral und teilt sich Ressourcen.
Unser Ziel ist es, dass Waren wieder verstärkt vor Ort produziert werden. Der Aufbau einer dezentralen Industrie würde nicht nur Geld in die Kasse der Kommunen spülen, sondern auch neue Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Wir wollen daher die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, dass neue Technologien schnell und barrierefrei zum Einsatz kommen können. Wir wollen auch, dass wieder mehr Waren vor Ort und nicht in großen Einkaufszentren vor der Stadt verkauft werden. Der Aufbau eines fahrscheinlosen ÖPNV würde gerade kleinere In- nenstädte und somit die Einzelhändler vor Ort stärken. Der fahrscheinlose ÖPNV gleicht Nachteile wie mangelnde Parkmöglichkeiten aus und hilft, dass kleine Geschäfte wieder mit Einkaufszentren und den Läden von größeren Ketten konkurrieren können.
Moderne Arbeitsplätze benötigen gut ausgebildete Fachkräfte
Moderne Arbeitsplätze haben hohe Anforderungen an die Bildung, da einfache Arbeiten zu- nehmend von Maschinen erledigt werden. Das hat gravierende Folgen, da viele Arbeitsplätze dadurch entfallen oder mangels Fachkräften nicht besetzt werden können. Den betroffenen Menschen muss daher die Möglichkeit gegeben werden, dass sie, ohne in finanzielle Nöte zu geraten, eine neue Ausbildung, Fortbildung oder ein Studium beginnen können. Wir wollen den Menschen daher lebenslanges Lernen ermöglichen und fordern die baldige Einführung eines Bildungsgrundeinkommens, um das Lernen in Vollzeitbildungsmaßnahmen vielen Menschen zugänglich zu machen.
Transparenz in Jobcentern / Prozesskostenhilfe
Akteneinsicht / Transparenz in Jobcentern
Wir fordern das uneingeschränkte Recht auf Akteneinsicht. Es muss die Möglichkeit einge- räumt werden, die gesamte persönliche, auch digitale Dokumentation (Aufzeichnungen, Profiling etc.) unmittelbar nach jedem Termin einzusehen und auf Verlangen ausgehändigt zu bekommen. Es sollen verbindliche, nachvollziehbare Informations- und Beratungsrichtli- nien für das Jobcenter geschaffen werden, die dem Leistungsberechtigten zugänglich sein müssen. Leistungsberechtigte sind schriftlich vollumfänglich und konkret im Vorfeld über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären. Alle internen Arbeitsanweisungen sind offenzulegen.
Transparenz bei Arbeitslosenstatistik
Wir sprechen uns für eine ehrliche Arbeitslosenstatistik aus, in denen Menschen in Förder- maßnahmen usw. mit aufgeführt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bundesanstalt für Arbeit unverfälschte Zahlen veröffentlicht, die der Realität entsprechen.
Prozesskostenhilfe
Wir setzen uns dafür ein, dass jeder Mensch, unabhängig vom Einkommen, die Möglichkeit haben muss, seine Rechte vor einem Gericht geltend zu machen. Daher lehnen wir Ein- schränkungen im Bereich der Prozesskostenhilfe und des Beratungshilferechts ab, wenn hierdurch die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Unterstützung angehoben werden. Persönlichkeitsrechte der Betroffenen müssen gewahrt bleiben und der Hilfe Emp- fangende muss sich darauf verlassen können, dass ihm einmal gewährte finanzielle Hilfe nicht im laufenden Verfahren wieder entzogen wird.
Energiearmut
Mit der Armut kommt die Energiearmut. So wurden in 2014 bei 352.000 Haushalten in der Bundesrepublik die Versorgung mit Strom oder Gas abgestellt, wobei rund 1/3 der Abschal- tungen in NRW erfolgte. Die meisten davon im Ruhrgebiet. Konkret heißt das frieren, nicht mehr warm duschen können und kein Internet, TV und Radio.
Daher wollen wir ein Umsteuern, ressortübergreifend und auf vielen Ebenen. Diese Forde- rungen sind an das Dossier der Verbraucherzentrale NRW „Energiearmut bekämpfen – Da- seinsvorsorge sichern“ mit seinen Kernforderungen angelehnt.
Den Begriff Energiearmut verbindlich definieren
Es sollte eine Definition z.B. wie in Großbritannien erfolgen: Dort gilt ein Haushalt als ener- giearm, wenn er mehr als zehn Prozent seines Einkommens für den Kauf von Energie auf- wenden muss, um im Hauptwohnraum 21 Grad Celsius und in den übrigen Räumen 18 Grad Celsius zu gewährleisten.
Ferner ist Energiearmut als Teil des Armuts- und Reichtumsberichts aufzunehmen.
Sozial gerechte Energiewende gestalten
Die ungerechte Verteilung der Kosten der Energiewende muss verändert werden. Dass sich energieintensive Unternehmen auf Kosten der Einzelabnehmer von der EEG Umlage befreien lassen können, muss überdacht werden. Nur so können die tatsächlich sinkenden Strom- preise an der Strombörse auch für Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar werden.
Es sollte gefördert werden, Energie zu sparen. Derzeit werden über Grundgebühren und Staffeltarife hohe Verbräuche begünstigt. Stattdessen sollten Energieeinsparungen hono- riert und hohe Verbräuche nicht mit sinkenden Kosten honoriert werden. Auch ist eine „Ab- wrackprämie“ für verbrauchsintensive Geräte zu überdenken, um auch ärmeren Menschen Zugang zu energiesparenden Geräten zu ermöglichen.
Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden sind oft die Bewohner durch hohe Mietstei- gerungen, die nicht durch die Einsparungen der Energiekosten aufgefangen werden, die Leidtragenden. Es gilt daher, die notwendigen Sanierungen auch als gesamtgesellschaftli- che Forderung zu verstehen. Wir wollen daher eine Drittelung der Kosten in Mieter, Vermie- ter und öffentlicher Zuschuss, wobei die auf den Mieter umzulegenden Kosten die Höhe der tatsächlich erreichten Energieeinsparung nicht überschreiten dürfen. Ein nachträgliches An- passen an steigende Energiepreise ist zu diskutieren. Auf Bundesebene im Bundesrat wollen wir darauf hinwirken, dass die Kriterien der KfW Förderung gelockert werden und damit mehr Sanierer in den Genuss der Kredite kommen können.
In diesem Zusammenhang ist die Ermittlung der Energieeinsparungen schärfer zu hinterfra- gen und bei fehlerhaften Aussagen zu sanktionieren. Die Berufsbezeichnung Energieberater ist nicht definiert und geschützt. Wir setzen uns für Standards, eine geregelte Ausbildung und Zertifizierung ein. Wer dann als Energieberater eine Prognose zu Maßnahmen mit den dadurch zu realisierenden Einsparungen erstellt, soll bei fehlerhaften Aussagen haftbar ge- macht werden können.
Ein weiterer Aspekt der Energiearmut ist die Mobilität (Treibstoff).
Energiesperren vermeiden
Die einer Sperrung vorhergehenden Maßnahmen (z.B. Mahnungen) sollen zunächst zu prä- ventiven Maßnahmen wie Beratungen führen. Hier soll bereits in den Schreiben Ansprechpartner mit Adresse und Telefonnummer von Sozialbehörde, Verbraucherzentrale, etc. ver- merkt sein.
Den automatischen Austausch von Daten zwischen Energieversorger und Behörde sehen wir aus Datenschutzrechtlichen Gründen hingegen kritisch.
Es sollen bei gescheiterten präventiven Maßnahmen und somit anstehenden Sperrungen Verhältnismäßigkeit und mildere Mittel geprüft und angewendet werden. Notwendig sind u. a. barrierefreie Texte in einfacher Sprache, damit der säumige Zahler überhaupt die Folgen erkennen kann.
Auch sollten Abschlagszahlungen oder Prepaid-Systeme möglich sein und verstärkt zum Ein- satz kommen.
Gebühren und Nebenforderungen eindämmen
Bei Betroffenen führen Mahn- und Bearbeitungsgebühren, Sperrgebühren, Entsperrung, Verzugszinsen, etc. zu einer Verschärfung ihrer finanziellen Situation und letztlich zu einer Schuldenspirale, aus der der Betroffene nur schwer herausfindet. Die Entgeltpraxis einiger Energieunternehmen ist zudem nicht immer transparent. So können sich bis zu 13 zusätzli- che Kostenkomponenten ansammeln. Daher wollen wir eine transparente, vergleichbare Gebührenordnung, in der unberechtigte Gebühren unterbunden werden. Diese muss für Verbraucherinnen und Verbraucher in verständlicher Sprache verfasst und barrierefrei lesbar sein.
Tarifwechsel zum günstigeren Anbieter erleichtern
Oft führen Bonitätsprüfungen (z.B. Schufa) der Energieunternehmen dazu, dass den Strom- kunden nur der meist teurere Tarif in der „Grundversorgung“ des lokalen Anbieters bleibt, selbst wenn sie noch nie eine Energierechnung säumig blieben. Diese Praxis erschwert die finanzielle Situation der Betroffenen unnötig. Gleichzeitig sind die Margen bei den Grundversorgungstarifen die höchsten in der Branche. Dieser Widerspruch muss aufgelöst werden. Dazu bedarf es mehr Alternativen und größerer Transparenz in der Preisgestaltung der Anbieter. Ein automatisches Einstufen in die Grundversorgung soll unterbunden werden.
Grundversorgung als Daseinsvorsorge
Die Versorgung von Bürgerinnen und Bürgern mit Energie als am Gemeinwohl orientierte Dienstleistung ist Bestandteil kommunaler Daseinsvorsorge und zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz zwingend erforderlich. Diese Mindestversorgung muss daher entsprechend dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes über staat- liche Leistungen und Hilfen sichergestellt sein.
Sowohl die Regelbedarfe gemäß Sozialgesetzbuch II und XII, als auch die BAföG-Sätze müs- sen dringend angepasst werden. Das gilt gleichermaßen für die damit im Zusammenhang stehenden Energieträger.
Einige Komponenten funktionieren nur in Zusammenarbeit mit Bundesinstitutionen. Hier wollen wir darauf hinwirken, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für entsprechende Initiativen einsetzt.
Dazu zählt auch, dass endlich die EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt aus dem Jahr 2009, Artikel 3, Absatz 7, in Deutschland umgesetzt wird:
„Jeder Mitgliedstaat soll ein Konzept des schutzwürdigen Kunden definieren und dafür Sorge tragen, dass für diese Kundengruppen ein angemessener Schutz in Bezug auf Energiearmut und Energiesperren besteht.“
Gesundheit
Gleichberechtigung bei der Blutspende
Wir fordern eine grundsätzliche Zulassung zur Blutspende von:
- MSM (Männern, die Sex mit Männern haben),
- weiblichen und männlichen Sexarbeitern
- sowie Drogenkonsumenten, die Drogen intravenös anwenden oder schnupfen.
Sie dürfen durch keinerlei Fristen, die länger sind als jene für „ungeschützten Sex” praktizie- rende, heterosexuelle Männer, (also 4 Monate), von der Blutspende ausgeschlossen werden. Wir setzen uns für eine entsprechende Änderung des Transfusionsgesetzes ein.
Für eine menschenwürdige Pflege
Um die Qualität in der Pflege nachhaltig zu erhöhen, fordern wir die Einführung folgender Maßnahmen:
1. Mehr Qualität in der Pflege durch adäquate Ausbildung:
- Altenpflege- und Krankenpflegeausbildungen müssen deutlich besser geför-dert werden.
- Finanzielle und arbeitsrechtliche Unterstützung von examinierten Pflegekräf-ten für Weiterbildungsmaßnahmen.
- Ausbildung und Einstellung von Hygienefachkräften, um das Risiko der Kran-kenhausinfektionen in den Griff zu bekommen.
- Pflegewissenschaft und wissenschaftliche Pflegeabschlüsse müssen deutlich mehr gefördert werden, wie es im Europäischen Umland längst üblich ist.
2. Vermeidung von Abrechnungsbetrug:
- Einführung und Erweiterung von Kontrollkompetenzen für Behörden undPflegekassen gegenüber Pflegeheimen, Pflegediensten und Pflegepersonen.
- Neu in Betrieb genommene Seniorenheime dürfen nur noch von gemeinnüt- zigen Unternehmen betrieben werden und jegliche Gewinne müssen reinves-tiert werden.
3. Wissenschaftlich fundierter Personalschlüssel:
- Umsetzung des gesetzlichen Personalschlüssels in der Alten- und Kranken- pflege, um eine menschenwürdige Pflege in vollstationären Einrichtungen und Krankenhäusern zu gewährleisten.
- Der jeweils aktuelle Krankenstand muss bei der Berechnung des Perso- nalschlüssels unbedingt Berücksichtigung finden.
4. Verringerung von Verwaltungsaufwand und Bürokratie:
- Eine Neuorganisation der Pflegeleistungen durch die Abschaffung einzelnerLeistungen, verbunden mit der Erhöhung von Pflegepauschalen.
- Erleichterung der Antragstellung und Antragsbearbeitung durch Vereinfa-chung und Vereinheitlichung des Formularwesens bei den Pflegekassen.
- Reduzierung des Dokumentationsaufwandes für Pflegekräfte, damit mehrZeit für die Pflege bleibt.
5. Soziale Absicherung von privaten Pflegepersonen:
- Zahlung eines Grundeinkommens für die gesamte Pflegezeit
- Rückkehrgarantie zum alten Arbeitgeber nach der Pflegezeit
- Zahlung angemessener Rentenversicherungsbeiträge für alle Pflegepersonen
- Anrechnung von Pflegezeiten in Rentenpunkten
6. Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessern:
- Sanktionen für Geschäftsleitungen im Falle von Verletzungen der gesetzlichverbindlichen, maximalen Wochenarbeitszeiten und der Ruhezeiten
- Die Bezahlung von Pflegehilfskräften muss deutlich über dem gesetzlichenMindestlohn liegen
7. Pflege ohne freiheitsentziehende Maßnahmen
- Einrichtungen der Alten- und Dauerpflege sollen fixierungsfreie Einrichtun- gen werden.
- Statt gegen den Willen der Betroffenen eingesetzte, körpernahe, mechani- sche Fixierungen, wie Bettgitter und Gurtsysteme, sollen Hilfsmittel einge- setzt werden, die die Bewegungsfreiheit erhalten.
NRW braucht eine basisdemokratisch legitimierte Pflegekammer
Wir setzen uns für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege ein. Als einen Baustein halten wir es für sinnvoll, auch in Nordrhein-Westfalen eine Pflegekammer einzu- führen. Vor Einführung sollte neben der politischen Mehrheit auch unbedingt eine Mehrheit der in der Pflege tätigen Menschen vorhanden sein. Eine Urabstimmung unter den späteren Pflichtmitgliedern der Pflegekammer ist unseres Erachtens elementar.
Den Beruf der Hebamme zukunftssicher erhalten
Uns ist der Erhalt der Wahlfreiheit des Geburtsortes für Frauen und der Erhalt der Versorgung mit Hebammenhilfe wichtig. Jede Frau muss einen Anspruch auf Eins-zu-eins-Betreuung durch eine Hebamme haben, ob zuhause, im Geburtshaus oder in der Klinik.
Wir setzen uns dafür ein, dass die wohnortnahe, flächendeckende Versorgung der Frauen durch freiberufliche Hebammen sichergestellt wird und deren Arbeit auch zukünftig in Deutschland erhalten wird, sowie die Hebammenleistungen entsprechend der hohen Ver- antwortung des Berufes angemessen bezahlt werden.
Wir wollen die Verpflichtung der Kliniken, der angestellten Hebamme Art und Umfang der abgeschlossenen Haftpflichtversicherung mitzuteilen, die Einrichtung eines steuerfinanzierten Fonds für Haftpflichthärtefälle für außerklinische und klinische Geburtshilfe, die Verkür- zung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre und die Festlegung einer Haftungsobergrenze, so dass z.B. Inflationsrisiken über die Zeit der Verjährungsfrist ausgeglichen sind.
Wir setzen uns für den Erhalt der wohnortnahen, flächendeckenden und niedrigschwelligen geburtshilflichen Versorgung und Verbesserung der Versorgung von Müttern und Neugeborenen ein.
Außerdem unterstützen wir das Bestreben, die Ausbildung von Hebammen in Deutschland zu akademisieren, um den Berufsabschluss international vergleichbar zu machen und die Hebammenwissenschaft als Forschungsfeld voranzutreiben.
E-Health
Im Gesundheitssystem ist das Spannungsfeld zwischen Sinnhaftigkeit, der Notwendigkeit von Datenaustausch und Vernetzung und dem notwendigen Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte, sowie der ärztlichen Schweigepflicht äußerst sensibel.
Wir wollen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens die konsequente Umsetzung zugunsten der Patienten und nicht der Gesundheitswirtschaft. Ein Austausch von Krankenda- ten zwischen behandelnden Ärzten ist oft im Interesse des Patienten, da Fehlbehandlungen und Fehlmedikamentierungen verhindert werden können.
Auch moderne Behandlungsverfahren sind auf den Datenaustausch angewiesen, wenn z.B. ein Arzt einen OP-Roboter in einem anderen Raum, Gebäude oder Ort bedient.
Wir begrüßen diese technischen Möglichkeiten, die den Patienten zugutekommen.
Bei diesem sinnvollen, notwendigen und sich ausweitenden Datenaustausch setzen wir uns für den konsequenten Einsatz von geeigneter Ende zu Ende Verschlüsselungssoftware und – wo möglich – Anonymisierung der Daten ein, sofern eine Weitergabe notwendig wird. Per- sonenbezogener Datenaustausch und Datenweitergabe von Patientendaten darf nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen.
Drogen- und Suchtpolitik
Neustart: Drogen- und Suchtpolitik
Wir streben die Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Gruppen an, die sich vorurteils- frei mit dem Konsum von psychotropen Substanzen und deren Folgen auseinandersetzen. Gemeinsam werden wir eine Politik betreiben, die riskantem Drogengebrauch durch Prävention entgegenwirkt sowie Risiko-Konsumenten und Schwerstabhängigen durch Therapiean- gebote hilft. Der Gesetzgeber darf nur dort eingreifen, wo die Schutzrechte anderer berührt sind. Er soll einen effizienten Jugend- und Verbraucherschutz sicherstellen und das organi- sierte Verbrechen eindämmen.
Mündigkeit braucht Bildung – Prävention ist die Grundlage
Das Ziel unserer Drogen- und Suchtpolitik ist eine selbstverantwortliche und sozialverträgli- che Genusskultur. Wir wollen Menschen aller Altersgruppen zu einem achtsamen Umgang mit psychotropen Substanzen und einem selbstbestimmten Konsum befähigen. Um Wirkun- gen und mögliche Gefahren besser einschätzen zu können, bedarf es einer kompetenten Aufklärung, die so früh wie möglich beginnen soll. Sie muss auch die Fähigkeit vermitteln, mit den unterschiedlichen, gebräuchlichen Drogen umzugehen. Wir glauben, dass die Stär- kung von sozialer Kompetenz und Selbstbewusstsein eine wichtige Grundlage für wirksame Prävention ist.
Nachhaltige Prävention fängt in der Schule an
Die Maßnahmen zur Suchtprävention an Schulen und der Ausbildungsstand der Lehrkräfte sind unzureichend. Pilotprojekte haben gezeigt, wie nachhaltig eine gute Prävention bereits ab dem Grundschulalter wirkt. Auf der Basis der dort gesammelten Erfahrungen ist ein bun- desweites Aufklärungskonzept und sachgerechtes, undogmatisches Lehrmaterial für einen fundierten Unterricht zu entwickeln. Externe Fachreferenten sollen besonders in der Sekun- darstufe das Wissen bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern vertiefen. Vorurteile werden so durch Wissen überwunden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen die Schülerin- nen und Schüler wie selbstverständlich in ihr soziales Umfeld.
Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Die umfassende Aufklärung über Drogen, ihren Gebrauch und mögliche Folgen darf sich nicht auf die Schule beschränken, sondern muss sich an die ganze Gesellschaft richten. Ärzte, Krankenhäuser, Bürgerämter, Sozialdienststellen, Jugendzentren und ähnliche Ein- richtungen sollen geeignete Informationsmaterialien bereithalten und Ansprechmöglichkei- ten bieten. Präventionsprogramme sind zielgruppengerecht zu gestalten. Der Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern ist auszubauen, vor allem in bisher unterversorgten Klein- städten und ländlichen Gebieten, unter besonderer Berücksichtigung des Suchtstoffes Alko- hol. Es ist dringend notwendig, die Mittel für niedrigschwellige Hilfsangebote in der Sucht- hilfe deutlich aufzustocken. Die präventive Arbeit wird dabei stoffliche und nicht stoffgebun- dene Süchte gleichberechtigt einschließen.
Keine Werbung für Drogen
Die einseitig positive Darstellung von suchterzeugenden Substanzen zu vermeiden, ist ein wesentlicher Aspekt von Prävention. Wir fordern daher ein ausnahmsloses Werbe- und Sponsoringverbot für Produkte, die psychotrope Substanzen in einer Konzentration enthal- ten, die geeignet ist, Abhängigkeiten zu erzeugen.
Verbraucherschutz – auch für Drogenkonsumenten
Das Wissen um Wirkstoff und Beimengungen ist Grundlage risikoarmen Drogengebrauchs. Umfassende, bedarfsgerechte Möglichkeiten zum Drugchecking sollen vor Ort ermöglicht werden. Wir fordern die Einrichtung einer bundesweiten Online-Meldestelle für problemati- sche Substanzen zur Risiko- und Schadensminimierung für Drogenkonsumenten. Diese Mel- destelle erfasst schädliche Streckmittel, ungewöhnlich hohe Dosierungen oder Reinheits- grade sowie den Verkauf von Substanzen unter falschem Namen. Als ersten Schritt werden wir die Resultate kriminaltechnischer Untersuchungen von beschlagnahmten Drogen für je- dermann verfügbar machen. Konsumbegleitende Programme und Hilfsangebote bei proble- matischem Konsum müssen ausgeweitet werden. Therapiemöglichkeiten sind so früh wie möglich anzubieten, nicht erst bei bestehender Abhängigkeit oder bei bereits eingetretenen Folgeerkrankungen. Sie dürfen nicht ausschließlich auf Abstinenz ausgerichtet sein. Wir for- dern ein bundesweites Angebot von Drogenkonsumräumen als weiteres wichtiges Element der Schadensverhütung und -minderung.
Substitution
Wir fordern, dass die Substitutionsbehandlung als psychosozial unterstützte medizinische Behandlung von Opioidabhängigkeit folgende ethische Prinzipien berücksichtigt und erfüllt:
- Der Zugang zur Behandlung und Betreuung muss für alle Betroffenen gleichberech-tigt sein.
- Die Behandlung und Betreuung muss dem jeweiligen Hilfebedarf im Einzelfall ent-sprechen.
- Die Betroffenen müssen vollständig über die Behandlung und Betreuung (Möglich-keiten, Verlauf, Regeln) informiert sein.
- Das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen muss gewahrt werden.
- Wir fordern die Kostenübernahme durch Krankenkassen für Behandlungen, die nichtnur das Abstinenzprinzip umsetzen.
- Für Diamorphinbehandlungen werden dringend mehr Vergabestellen benötigt.
- Die Umsetzung von Diamorphin-Programmen muss erleichtert werden, damit mehrBetroffene Zugang erhalten, auch solche mit weniger schädlichen Konsummustern.
- Bei der Durchführung gilt es, neben Injektion auch Inhalation und orale Einnahme zu- zulassen und eine intensive psychosoziale Betreuung für die Teilnehmer bereitzustel-len.
- Gegebenenfalls ist in weitergehende Therapieangebote überzuleiten.
- Neben den Ärzten sind auch medizinisches Personal, Therapeuten und Mitarbeiterder sozialen Dienste zur fachbezogenen Weiterbildung zu verpflichten.Medienkompetenz – nicht stofflich gebundene AbhängigkeitenWir wollen eine Verbesserung und einen Ausbau der ambulanten und stationären Therapie- plätze im Bereich Psychiatrie / psychologische Psychotherapie für nicht stoffgebundene Ab- hängigkeiten, sowie die Anerkennung dieser Störung im Sinne des ICD (Internationale sta- tistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme).
Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern
Cannabinoidhaltige Medikamente sollten von niedergelassenen Ärzten hürdenlos verschrie- ben werden können. Sie sind den verkehrsfähigen Medikamenten gleich zu stellen. Die Kos- ten sind uneingeschränkt von den Krankenkassen zu tragen. Weitere Studien sind auf wis- senschaftlicher Basis zu beauftragen. Eine Begutachtung des behandelnden Arztes über die Fähigkeit des Patienten bezüglich der Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss des Me- dikaments sollte rechtsverbindlich sein.
Entkriminalisierung der Konsumenten
Der private Umgang mit psychotropen Substanzen muss komplett entkriminalisiert werden. Anbau und Herstellung für den Eigenbedarf dürfen nicht bestraft werden. Wir fordern als Sofortmaßnahme einen bundeseinheitlich geregelten Richtwert von 30 Gramm für den duld- baren Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum für Volljährige, um zumindest die Kriminalisie- rung der Cannabis-Konsumenten zu beenden und die Behörden zu entlasten.
Informationelle Selbstbestimmung stärken
Die informationelle Selbstbestimmung ist auch im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik zu gewährleisten: Auf Drogenkonsum bezogene Daten aus ergebnislos gebliebenen, polizeili- chen Ermittlungen müssen umgehend wieder gelöscht werden. Register über Drogenkon- sum dürfen nicht geführt werden. Allgemeine und verdachtsunabhängige Drogentests am Arbeitsplatz lehnen wir ab. Sie sind auf gefährliche Berufe und Tätigkeiten zu begrenzen.
Keine Willkür beim Führerscheinentzug
Die Gefährdung des Straßenverkehrs unter Einfluss von Rauschmitteln kann nicht geduldet werden. Aber die automatische und pauschale Sanktionierung des Konsums von Drogen und Medikamenten durch die Führerscheinbehörde nehmen wir nicht hin: Als Kriterium für den Entzug der Fahrerlaubnis müssen wissenschaftlich abgesicherte Grenzwerte für Wirkstoff- konzentrationen festgelegt werden, die eine akute Fahruntüchtigkeit nachvollziehbar defi- nieren. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum und dem Führen des Kraftfahrzeuges vorliegen. Allein die Vermutung oder die Feststellung, dass eine Person Drogen oder Medikamente konsumiert oder konsumiert hat, lässt keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit zu und rechtfertigt keinen vorbeugenden Entzug der Fahrerlaubnis.
Keine Einschränkungen für E-Zigaretten
Der freie Handel und Gebrauch liquidverdampfender E-Zigaretten soll nicht über den Ju- gendschutz hinaus eingeschränkt werden. Stattdessen fordern wir die Schaffung von Quali- tätsstandards für Produktion und Handel von E-Zigaretten und Liquids. Studien über die Wir- kung der Inhalts- und Trägerstoffe sind auf wissenschaftlicher Basis zu beauftragen. E-Zigaretten ins Nichtraucherschutzgesetz aufzunehmen, Mengenbeschränkungen oder eine Besteuerung nach dem Tabaksteuergesetz lehnen wir ab. Eine umfassende objektive Aufklärung dagegen ist gewünscht.
Umwandlung der Tabak- und Alkoholsteuer
Tabak und Nikotin sowie Alkohol müssen in die allgemeine Drogenaufklärung und Suchtprä- vention integriert werden, um den Tabak und Alkohol aus der Wahrnehmung als „Alltags- droge“ herauszuführen und sein Gefahrenpotential deutlich zu machen. Damit wird die Grundlage für eine verantwortungsvolle Selbstbestimmung im Umgang mit Tabak und Alko- hol gelegt. Öffentliche Tabak- und Alkoholwerbung ist unvereinbar mit diesen Zielen. Daher streben wir ein allgemeines Werbeverbot für sämtliche psychoaktive Substanzen an, die über einen informellen Charakter hinausgehen. Wir fordern die Umwandlung der Tabak- und Alkoholsteuer in eine zweckgebundene Abgabe. Diese ist für Aufklärung, Suchtprävention und suchtbezogene Forschung, Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungen und als Beitrag zu den Folgekosten im Gesundheitsbereich zu verwenden.
Deklarationspflicht verbessern
Das vom Alkohol ausgehende Suchtpotential wird im gesellschaftlichen Alltag nur unzu- reichend wahrgenommen. Dem sollte durch verstärkte Einbeziehung des Alkohols in die all- gemeine Drogenaufklärung und Suchtprävention entgegengewirkt werden. Bei allen zum Verzehr geeigneten, alkoholhaltigen Produkten ist deutlich lesbar und gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung anzugeben, wieviel Alkohol das Produkt enthält. Jeder enthal- tene Alkohol muss angegeben werden. Vorhandene Lücken in der Deklarationspflicht sind zu schließen. Bei alkoholischen und alkoholhaltigen Getränken muss deutlich sichtbar auf das Suchtpotential hingewiesen werden. In der Gastronomie sollen mehrere alkoholfreie Ge- tränke angeboten werden, die günstiger sind als das billigste alkoholische Getränk.
Lizenzierte Fachabgabestellen – jetzt einführen
Wir fordern Modellversuche für lizenzierte Fachabgabestellen. In diesen erfolgt der Verkauf von Tabak, Liquids für E-Zigaretten, Spirituosen und anderen psychotropen Substanzen. Ju- gendliche haben dort keinen Zutritt. Qualifiziertes Personal soll Beratung zu verantwor- tungsvollem Gebrauch und möglichen Gefährdungspotentialen anbieten. Wie alle Genuss- mittel, müssen die angebotenen Substanzen dem Verbraucherschutz unterliegen und einer regelmäßigen Qualitätskontrolle unterzogen werden. Die Produkte dürfen nicht künstlich verteuert werden, damit ein Bezug über den Schwarzmarkt keine Alternative darstellt. Per- spektivisch soll es möglich sein, derzeit illegale psychotrope Substanzen auch legal anzu- bauen oder herzustellen.
Bauen, Wohnen und Verkehr
Verkehrs- und Stadtentwicklung
Ein erstmals klar definiertes, landesweites Mindestangebot von Bus und Bahn soll eine Pflichtaufgabe für das Land und die Kommunen werden. Ein Netz aus Bussen, Bahnen, Car- sharing und anderen frei zugänglichen Verkehrssystemen soll neben gut ausgebauten Pend- lerrouten für Radfahrende die Verkehrsstruktur in den Städten bestimmen. Andere Ver- kehrsflächen, vor allem für den PKW-Verkehr, müssen sich in den Lebensraum Stadt einfü- gen und müssen sich anderen Funktionen der Stadt unterordnen.
Jahrzehntealte Ideen für Verkehrsprojekte von der Ortsumgehung bis zu nie gebauten Tun- neln brauchen einen Realitätscheck, denn noch immer dominieren diese alten Pläne die lan- gen Wunschlisten u.a. des Bundesverkehrswegeplans.
Bürgerbeteiligung
Die Bürgerbeteiligung darf nicht für die jahrzehntelange verfehlte Verkehrspolitik haften und nun einem Sanierungsdruck zum Opfer fallen. Die Antwort auf die Dringlichkeit großer Er- satzneubauten und Ersatzausbauten wie der A1-Brücke bei Leverkusen darf nicht die Ein- schränkung der Bürgerbeteiligung sein. Vielmehr muss mehr Aufwand in die Qualität und die Verfügbarkeit der Bürgerbeteiligung bei Infrastruktur- und Großprojekten gesteckt werden. Alle Menschen vor Ort müssen zum richtigen Zeitpunkt gemeinsam die anschließend auch gemeinsam getragene Entscheidung über grundlegende Konzepte und verschiedene Vor- schläge zur Verkehrs- und Stadtentwicklung treffen können. Workshops und zu späte Betei- ligungsaktionen können dies genauso wenig ersetzen wie ein Ja/Nein-Bürgerentscheid ohne Alternativen.
Um eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen und eine schnellere Umsetzung zu gewährleisten, sind die frühzeitige Einbeziehung und möglichst auch die Entscheidung der Menschen vor Ort von großer Bedeutung. Informationen über den Planungsstand und Beteiligungsmöglichkeiten müssen jederzeit barrierefrei und anwenderfreundlich im Inter- net zur Verfügung zu stehen. Die Beteiligung muss mit für die Bürgerinnen und Bürger spür- baren Ergebnissen erfolgen. Dabei sind Veranstaltungen vor Ort genauso vorzusehen, wie die Moderation durch Unabhängige.
Bauen und Wohnen überall in Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen muss dafür sorgen, dass allen Menschen in NRW jederzeit und an je- dem Ort bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, damit sie sich wohlfühlen und in un- serem schönen NRW bleiben.
Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus kommt vielen Menschen und der lokalen Wirt- schaft zugute und muss wieder deutlich verstärkt werden. Die ursprünglich nur für den sozi- alen Wohnungsbau dauerhaft vorgesehenen Geldmittel müssen wieder erhöht werden und dürfen nicht weiter zweckentfremdet werden.
Wir setzen uns für eine neue Gemeinnützigkeit zur Förderung von Genossenschaften und Wohnungsgesellschaften ein, die sich zu sozialen Zielen wie bezahlbaren Mieten und lang- fristiger Instandhaltung verpflichtet haben.
Um den Mieterschutz zu verbessern, müssen der Wohnungsaufsicht mehr Instrumente und deutlich mehr Personal zur Verfügung gestellt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass die personelle und technische Ausstattung der Bauämter ver- bessert wird, um ein schnelleres und damit effizienteres Bauen zu ermöglichen. Für eine ef- fizientere Abwicklung von Bauvorhaben fordern wir eine Standardisierung von Bauinforma- tionssystemen mit offenen und barrierefreien Schnittstellen, auf die alle, an einem Bauvor- haben Beteiligten, Zugriff haben.
Nordrhein-Westfalen hat sehr unterschiedliche Siedlungsstrukturen und die zukünftige Be- völkerungsentwicklung bedeutet für einige Regionen in NRW einen Bevölkerungsrückgang. Gerade diese Gemeinden und Regionen benötigen nicht einfach eine zurückgebaute, son- dern vor allem eine entsprechend umgebaute und angepasste Infrastruktur. Wir wollen spe- zifische Konzepte für schrumpfende Regionen auf der einen und moderne, ökologisch sinn- volle Neubauprogramme für wachsende Regionen auf der anderen Seite.
Einführen eines qualifizierten Mietspiegels
Wir fordern für alle Kommunen die verpflichtende Einführung eines qualifizierten Mietspie- gels nach § 558d BGB. Das Land NRW soll mit entsprechenden Gesetzen und Gesetzesiniti- ativen dazu beitragen, dass die Mietpreisbremse ihre Wirkung überhaupt entfalten kann, denn ohne vergleichbaren und anerkannten Mietspiegel gibt es auch keine Kenntnis über Mietpreise und damit auch keine Mietpreisbremse.
Sozial gerechte Bodennutzung für NRW
Wir setzen uns für eine sozial gerechte Bodennutzung (SoBoN) in NRW ein.
Ziel ist es, der aktuellen Wohnungsnot und der zunehmenden Verdrängung von erschwing- lichem Wohnraum aus den attraktiven Innenstadt- oder Stadtteillagen entgegen zu wirken. Für diese, in jeder Kommune im einzelnen festzulegenden Bereiche, soll ein angepasstes Maßnahmenpaket gelten, in dem es u.a. künftig auf allen neuen privaten Wohnungsflächen 30 % öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu erstellen gilt.
Nicht nur innerstädtische Kernbereiche und bevorzugte Stadtteillagen werden durch die In- tegration des geförderten Wohnungsbaus in allen „sozialgerechten Bodennutzungsplanun- gen” für eine bessere soziale Durchmischung der Stadt sorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir daher eine landesweite, angepasste, kommunale Initiative und Prüfung für fol- gendes Maßnahmenpaket:
- Flächenabtretungen für Erschließungsanlagen, Gemeinbedarf und Ausgleichsmaß- nahmen
- Kostenübernahmen der Herstellung, bzw. Herstellungskosten, der Erschließungen und der Ausgleichsmaßnahmen
- Übernahme der Herstellungskosten der ursächlichen, sozialen Infrastruktur oder Ab- löse dieser Pflicht durch anteiligen Finanzierungsbeitrag
- Übernahme der Kosten für Planungen, Wettbewerbe und Gutachten
- Bindungen für den geförderten Wohnungsbau; es sind grundsätzlich 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnungsbaurechts ab einer festzulegenden Objektgröße für den geförderten Wohnungsbau zu verwenden.
- Verpflichtung zur Realisierung der Planungen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes
Gesundheitsschutz für Anwohnerinnen und Anwohner und Verwendung von Immobilien im Einzugsbereich von Flughäfen stärken
Flugverkehr macht durch vielfältige Einwirkungen krank.
Lärm, Luftverschmutzung zum Beispiel durch Stickoxyde, CO-Gase, (Nano)Feinstäube, Kon- tamination von Boden und Gewässern durch Verbrennungsprodukte und Schwermetalle, Ablassen von Kerosin in Gefahrensituationen schädigen nicht nur die Gesundheit von Mensch und Tier direkt, sondern schränken auch die Verwendung von Privateigentum und gemieteten Objekten wie Häuser und Gärten ein.
Schon einzelne Lärmereignisse insbes. während des Schlafs können bleibende, gesundheit- liche Schäden beim Menschen verursachen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund “moderner” Arbeitsverhältnisse viele Menschen auch zu unterschiedlichen Tageszeiten schlafen müssen, Kranke auch in häuslicher Umgebung besonders schutzbedürftig sind und Kinder nachgewiesener Maßen durch Lärm in ihrer Entwicklung behindert werden (u.a. Lern- verzögerungen). Stress durch Lärm ist nicht nur vom Geräuschpegel abhängig, sondern auch von Zeitpunkt und Häufigkeit der Lärmereignisse.
Für den immer wieder gebetsmühlenartig behaupteten wirtschaftlichen Nutzen von Flughäfen für die umliegenden Regionen gibt es bisher keinerlei belastbare Belege, so dass auch das wirtschaftliche Argument für einen ausufernden Flugverkehr nicht ziehen kann, zudem sich ein Aufrechnen von wirtschaftlichem Nutzen gegen gesundheitliche Schäden schon nach dem Grundgesetz verbietet. Die Kosten in Form von Umweltzerstörung sowie Gesund- heitskosten der betroffenen Population, abgesehen von einer Verkürzung der Lebenserwartung, wurden bisher nie dagegen gerechnet, so dass sich ein evtl. gesamtwirtschaftlicher Nutzen weiterhin relativiert.
Flughäfen, Behörden und Politik machen sich nach geltender Rechtslage zudem strafbar (Vorsorgeprinzip), wenn sie den Status Quo wider besseren Wissens aufrechterhalten!
Wir streben daher an:
- Umsetzung entsprechender europäischer Richtlinien zur Umweltverträglichkeit
- Striktes Nachtflugverbot von 22 – 6 Uhr in Kombination mit einer starken Verminde- rung der Flugbewegungen zwischen 18 – 22 Uhr sowie zwischen 6 – 8 Uhr, um dem Schutz der Einschlaf- und Nachtruhe der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Damit soll insbesondere auch Kindern Rechnung getragen werden, die insgesamt ein deutlichgrößeres Ruhebedürfnis haben.
- Höhere Landegebühren für laute Flugzeuge, wie die der Familie der A320.
- Verpflichtende lärmmindernde Maßnahmen wie etwa Wirbelgeneratoren, Schallabweiser
- Verpflichtendes lärmminderndes Start- und Landeverfahren (Steilstart/Flachstart- Diskussion)
- Keine zeitlichen oder sonstigen Ausnahmen für “Home Base Carrier”
- Flugbewegungen sind so auf die NRW-Flughäfen zu verteilen, dass sich eine Minimierung von Lärm und Schadstoffbelastung ergibt.
- In angestrebten Planfeststellungsverfahren und der damit herbeizuführenden Entscheidung müssen alle betreffenden nationalen und internationalen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien berücksichtigt werden.
- Überarbeitung nationaler Gesetzgebung, unter Berücksichtigung neuer wissen-schaftlicher, ökonomischer, ökologischer und technischer Erkenntnisse.
- Die Deklaration von Passagierflügen als Frachtflüge ist auch mit einer Frachtzuladung zu Passagierflügen nicht zulässig. Dies ist durch entsprechende Kontrollen zu ge-währleisten.
- Flugrouten sind für alle Flughäfen bis in eine Höhe von 5000 m verpflichtend festzu-legen, um “Flugerwartungsgebiete” auszuschließen. Insbes. sind andere Festlegun- gen bzw. Änderungen von Routen zum Zweck der Kapazitätserhöhung ausdrücklich untersagt. Abweichungen von den in den AIP festgelegten Routen sind nur in nach- zuweisenden Notfällen gestattet. Bei Festlegung und Änderungen von Flugrouten ist die Bevölkerung gemäß UVPG zu beteiligen.
- Start- und Landegebühren sollen per Verordnung so weit erhöht werden, dass es für Fluggesellschaften unrentabler wird, zwischen 22 und 06 Uhr zu starten oder zu lan- den.
- Flugzeug-Parkgebühren sollen entsprechend angepasst werden.
- Bei mehrfacher Missachtung der Regelungen, soll ein Entzug der Start- und Lande-genehmigungen erfolgen.
- In der zivilen Luftfahrt dürfen Flugzeuge generell nur Landebahnen solcher Flughäfenanfliegen, auf denen eine sichere Landung auch ohne den Einsatz von Schubumkehr gewährleistet werden kann. Dies gilt insbes. auch unter Schlechtwetterbedingungen. Entsprechend ist jeder Einsatz der Schubumkehr mit einer zusätzlichen Lärmgebühr zu beaufschlagen, die nicht dem Flughafen zugutekommen darf.
- Der Flughafenbetreiber hat Kosten für die Umsetzung von notwendigen Schall- schutzmaßnahmen betreffender Haushalte zu übernehmen. Die erforderlichen Gut- achten zur Feststellung von Anspruchsberechtigung und Qualität der Maßnahmen sind vom Flughafenbetreiber zu tragen. Bei Negativfeststellung besteht kein Erstat- tungsanspruch gegen den Anspruchsteller.
- Die aus dem Planfeststellungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse werden zu einer Neubewertung der Ist-Situation verwendet, selbst wenn es zu keiner Erhöhung der Kapazitäten kommt. Wenn es dabei zu gravierenden Anforderungen an passiven Lärmschutz, Abgasemissionen oder z.B. toxischer Neubewertung von Substanzen kommt, so ist eine Nicht-Beachtung zu sanktionieren.
- Dem Schutz der Bevölkerung vor Emissionen, Gesundheitsgefährdungen und Ver- mögensverlusten muss Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen gegeben werden.
- Verfügbare technischen Möglichkeiten und Verfahren müssen zur Reduzierung vonLärm bei An- und Abflügen zu allen Tageszeiten ausnahmslos verwandt werden.
- Flugverkehr und Fluglärm über Wohngebieten ist zu begrenzen
- Das vorhandene Material zu den AIP (Flugrouten etc.) ist für externe Begutachtung zur Verfügung zu stellen und sachkundig auch von der DFS zu erläutern und zu kom- mentieren
- Die Landeanfluggeschwindigkeit ist zu begrenzen.
- Es sind dauerhafte Messungen der Lärmbelastung mit modernen Messmethoden vonunabhängigen Stellen vorzunehmen.
- Alle Messungsergebnisse und Gutachten sind der Öffentlichkeit vollständig jederzeitoffen zu legen
- Umsetzung der Forderungen des Sachverständigenrates für Umweltfragen:
- Es ist eine bundesweit zuständige Institution zu schaffen, welche die Kompetenz zueiner bundesweiten Bedarfsplanung für den Luftverkehr und damit für die Flughafen- standorte erhält. Auf diese Weise kann unter anderem der Lärm regional gerechter verteilt werden. Hierbei ist die Planung von Flughäfen eng mit der Verkehrsplanung für die Straße und insbesondere die Schiene zu verkoppeln
- Im Planfeststellungsverfahren sind die Flugrouten verbindlich anzugeben (können je- doch ausreichend begründet späteren Erkenntnissen angepasst werden)
- Im Verfahren ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wobei speziell die geplanten Flugrouten mitgeprüft werden (einmalig, nicht bei jedem Verfahren)
- Die Öffentlichkeit ist bei der Festlegung der Flugrouten zu beteiligen
- Als Gegenpol zu der heutigen monopolistischen Entscheidungsstruktur des Bundes- aufsichtsamtes für Flugsicherung bekommt das Bundesumweltamt eine verbindlicheKompetenz bei Verordnungen über Flugrouten
- Künftig werden grundsätzlich alle baulichen Erweiterungen (einschließlich der soge-nannten landseitigen Baumaßnahmen) an einem Flughafen erfasst und als Gesamt- planungsszenario hinaus planungsrechtlich zusammengefasst, um zu vermeiden, dass durch Maßnahmen unterhalb der Schwelle der „wesentlichen“ Änderung den Flughafen schrittweise auszubauen („Salamitaktik“)
- Im Planfeststellungsverfahren ist das anvisierte Wachstum mit der dadurch wachsen- den Lärmbelastung zu koppeln und hierzu geeignete Indikatoren zu finden, die be- stimmen, bei welcher zusätzlichen Lärmbelastung ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden muss.
- Der Gesetzgeber ist gefordert, um nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen Immissionsgrenzwerte für Fluglärm zum Schutz der Flughafenanwohnenden zu nor- mieren und um aktive Schallschutzmaßnahmen aufzuwerten. Sind die Grenzwerte bei einem Hausgrundstück durch aktive und passive Schallschutzmaßnahmen nicht bzw. nur unter Inkaufnahme unverhältnismäßiger Verkehrsbeschränkungen oder Kosten einzuhalten, sollte ein Entschädigungsanspruch bzw., wo eine weitere Nut- zung des Grundstücks nicht mehr zumutbar ist, ein Übernahmeanspruch geschaffen werden (Anspruch auf Übernahme eines Grundstücks durch den Flughafenbetreiber zum doppelten Verkehrswert).
- Der Fluglärmschutz ist in das BImSchG zu integrieren.
- Der aktive Lärmschutz ist daraus folgernd zu stärken, weil dies den Lärm nicht nur ander Quelle reduziert und damit auch alle jene Anwohnerinnen und Anwohner entlas- tet, die selbst nach neuen Regelungen keinen Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen geltend machen können, subjektiv aber massiv beeinträchtigt sind.
- Beim Nachtflugverbot sind die heutigen Sonderregeln für die (in Düsseldorf?) behei- mateten Carrier abzuschaffen: die von der Rechtsprechung vorgenommene Flexibili- sierung, die zwischen „Kernnacht“ und „Randzeiten“ unterscheidet, muss vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit aus Grund- rechten eine besonders rechtfertigungsbedürftige Ausnahme bleiben, die nicht zu ei- ner Entwertung des Schutzes der Nachtruhe während dieser Randzeiten führen darf.
- Die Differenzierung im FlugLärmG, ab der eine Lärmbelastung als unzumutbar anzu- sehen ist, zwischen neuen oder baulich wesentlich erweiterten Flugplätzen einerseits und bestehenden Flugplätzen andererseits sowie zwischen militärischen und zivilen Flugplätzen, ist nach einer Übergangsfrist auslaufen zu lassen.
- Die gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen regelmäßig erst im sechsten Jahr nach der Ausweisung der Lärmschutzzone entstehen lässt, entfällt.
- ALLE Schwellenwerte der Lärmschutzzonen sind nach neuesten Erkenntnissen unab- hängig wissenschaftlich zu überprüfen.
- Schließlich ist der Gesetzgeber durch die in den staatlichen Schutzpflichten aus Grundrechten wurzelnde Pflicht (Dynamik der Schutzpflicht) gehalten, den Erkennt- nisstand der Wissenschaft zu beobachten, zu bewerten und gegebenenfalls nachzu- bessern.
- Einzelne Lärmpeaks werden in den bestehenden Gesetzen, Urteilen und Verordnun- gen weitgehend ignoriert, sind jedoch nach neusten Erkenntnissen unbedingt zu be- rücksichtigen.
- Es sind (ermessenslenkende) Vorschriften zu erlassen, wann der Fluglärm besser ge- bündelt (Belastung konzentriert sich ein auf kleines Gebiet) und unter welchen Vo- raussetzungen eine Streuung (Belastung verteilt sich) erwogen werden soll.
- ALLE Kriterien sind explizit zu benennen, die bei der Festlegung der Flugrouten eine maßgebliche Rolle spielen und Vorgaben für deren Gewichtung im Rahmen der Ab- wägung des BAF zu machen.
- Einzelfallfreigaben sind pauschal zu begrenzen: Eine Abweichung von durch Rechts- verordnung festgelegte Flugrouten sollte nur aus bestimmten, vom Gesetzgeber zu definierenden Gründen möglich sein (z. B. aus sicherheitstechnischen oder meteoro- logischen Gründen). Die heutige Praxis der Flexibilisierung der Ausnahmen ist auch bei heutiger Gesetzeslage rechtswidrig.
- Auch bestehende Flughäfen müssen ab sofort ein Planfeststellungsverfahren erst- mals nach dem neuen Standard durchlaufen, wenn eine Erweiterung wesentlich auch im Sinne der sogenannten landseitigen Baumaßnahmen war und ist.Wir wollen somit die Anforderungen und Regelungen aus den europäischen – anstelle der nationalen – Verordnungen und Richtlinien für Einwendungen im Planfeststellungsverfahren verwenden und parallel dazu die vom Sachverständigenrat der Bundesregierung vorgeschla- genen Änderungen berücksichtigen.
Eine ganz neue Verkehrspolitik
Wir wollen eine grundsätzlich neue Verkehrspolitik in NRW. Ziel ist hierbei eine Verkehrspo- litik, die den Bedürfnissen aller Menschen im Land, der Gesellschaft und der Wirtschaft gerecht wird. Als Basis dafür nutzen wir den technologischen Wandel, um eine finanziell, sozial und ökologisch nachhaltige Verkehrspolitik umzusetzen.
Die Verkehrsinfrastruktur muss dauerhaft funktionieren
Die Verkehrsinfrastruktur brauchen wir für alles, was in NRW in Bewegung ist. Sie muss dazu dauerhaft funktionieren und erhalten werden. Das Land muss einmalig zusätzliches Geld in- vestieren, um die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten. Dabei dürfen wir aber nicht die konzeptionellen Fehler der Vergangenheit wiederholen. Beim erneuten Aufbau der Verkehrsinfrastruktur setzen wir daher auf eine moderne Verkehrswende. Beim Erhalt und auch beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur lehnen wir öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) ab.
Die für die Allgemeinheit günstigeren Verkehrsmittel sollen beim Ausbau Vorrang haben: Radverkehr kostet uns weniger als Bus und Bahn. Private PKW sind insgesamt am teuersten. Die Gesundheit der Menschen in NRW muss gegenüber der Mobilität einen größeren Stel- lenwert einnehmen. Der Schutz der Menschen vor Lärm, Feinstaub und Emissionen muss bereits Teil der grundlegenden Planung einer Verkehrsinfrastruktur sein. Klima- und Um- weltschutz sind politische Ziele, die sich auch in der Praxis widerspiegeln müssen. Landes- weite Verkehrskonzepte müssen sich von vornherein nach diesen Zielen richten. Alle Men- schen in NRW müssen die Möglichkeit haben, an der Gesellschaft teilzunehmen und dafür mobil zu sein. Für den Personenverkehr und vor allem die Pendlerinnen und Pendler in NRW sehen wir in der Konsequenz einen starken und gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr – Bus und Bahn – als Mittelpunkt aller zukünftigen Verkehrskonzepte.
Güterverkehr auf die Schiene
NRW ist auch ein Transitland für den Gütertransport. Viele unserer Nachbarländer, wie die Schweiz und die Niederlande, setzen beim Güterverkehr konsequent auf die Binnenschiff- fahrt und die Schiene. NRW wird dagegen immer mehr zum straßengebundenen Nadelöhr. Wir setzen uns daher dafür ein, dem schienengebundenen Güterverkehr eine stärkere Be- deutung zu geben. Ein entsprechender Ausbau und die Sanierung müssen umgehend begin- nen, damit der Gütertransport in und durch NRW auch langfristig gesichert und verträglich ist. Ein Ziel dabei ist, den Güterschienenverkehr wieder zurück in die Fläche zu bringen.
Keine Subventionen für Regionalflughäfen
Wir wollen, dass alle Regionalflughäfen ohne Subventionen durch die öffentliche Hand be- trieben werden. Direkte und indirekte Subventionen müssen daher ehrlich ermittelt und of- fen dargelegt werden. NRW muss ein zukunftsfähiges Luftverkehrskonzept erstellen, wel- ches wirtschaftlichen und ökologischen Zielen gerecht wird.
Vernetzter Verkehr als Wahlfreiheit für alle
Von A nach B, egal womit: Die Möglichkeiten und Anbieter für verschieden kombinierbare Verkehrskonzepte werden massiv zunehmen. Wir setzen auf eine offene Vernetzung aller Verkehrsmittel vom Fahrrad über Busse und Bahnen bis zum Carsharing und sehen den öf- fentlichen Verkehr (Bus und Bahn) als natürlichen Angelpunkt eines sogenannten „multimodalen“ Verkehrssystems. Die Vernetzung der Verkehrsmittel braucht offene Standards und jederzeit barrierefreien Zugang für alle Nutzer. Sie bietet jedem Nutzer die freie Wahl des Verkehrsmittels und sorgt für eine effiziente Ausnutzung der Verkehrsräume. Vernetzte Ver- kehrsmöglichkeiten sollen daher auch in der Fläche und im ländlichen Raum etabliert wer- den.
Fahrscheinfrei mit Bus und Bahn
Eine fahrscheinfreie Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stellt nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft und den Landeshaushalt langfristig ei- nen Gewinn dar. Wir wollen die fahrscheinfreie Nutzung von Bussen und Bahnen daher zu- nächst in langfristigen Modellversuchen und anschließend landesweit einführen, um die At- traktivität und die Zugänglichkeit von Bussen und Bahnen zu erhöhen, den Tarifdschungel sowie die unwirtschaftliche Verfolgung von Schwarzfahrern zu beenden und das Henne-Ei- Problem von Angebot und Nachfrage zu lösen. Zahlreiche Studien – u.a. der Piratenfraktio- nen in den Landtagen – belegen die Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit eines fahrschein- freien Nahverkehrs.
Busse und Bahnen erhalten und verbessern
Bus und Bahn sollen gerne und oft genutzt werden. Daher fordern wir ein belastbares, eng- maschiges Liniennetz und verkürzte Taktzeiten mit passenden Umsteigezeiten. Ein ausrei- chendes Platzangebot und ein serviceorientierter Betrieb für die Fahrgäste soll die Fahrzeit attraktiv und produktiv machen. So sollen WLAN und Steckdosen in den Fahrzeugen in zu- künftigen Ausschreibungen verpflichtend berücksichtigt werden.
Bis zur landesweiten Einführung des angestrebten fahrscheinfreien Nahverkehrs muss ein einfaches und übersichtliches Tarifsystem für niedrige Einstiegsbarrieren sorgen. Das Land soll auch die Ausgabe von Schnuppertickets in den Kommunen fördern, um Neubürgerinnen und Neubürgern damit den Einstieg in die Liniennetze von Bus und Bahn zu erleichtern.
Wir unterstützen die Entwicklung regionaler Schnellbus-Konzepte, um vor allem den Men- schen in ländlichen Gebieten einen landesweit gültigen Standard öffentlicher Verkehrsmittel bieten zu können.
Auf Antrag der Piratenfraktion wurde 2014 im Landtag NRW die Enquetekommission „Finan- zierungoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in NRW im Kontext des gesellschaftli- chen und technischen Wandels“ eingesetzt. Die Handlungsempfehlungen und Leitlinien die- ser Kommission sehen wir als Grundlage für den langfristigen Erhalt und entscheidende Ver- besserungen des Nahverkehrs in NRW.
Open Data für die Verkehrswende
Offene Schnittstellen und Standards sind zukünftig die Grundlage eines offenen und barrie- refreien Zugangs zu Mobilität für alle. Durch eine konsequente Open Data-Strategie in allen Bereichen der Mobilität, sollen Monopole und Oligopole sowie der Missbrauch von Daten verhindert werden. Alle Anbieter von Verkehrsmitteln sollen vorliegende Datensätze öffnen, aufbereiten und zur Verfügung stellen und ein Online-Zentralregister führen. Damit wird die unabhängige Entwicklung von übergreifenden Anwendungen aller Art gefördert. Eine Öff- nung bestehender Systeme soll die Einführung landesweiter, anbieterübergreifender und barrierefreier Fahrgastinformationssysteme erleichtern, in denen dann live nicht nur Staus und Betriebsstörungen aller Verkehrsmittel, sondern z.B. auch aktuelle Informationen zur Barrierefreiheit die optimale Verbindung für Fahrgäste und Verkehrsteilnehmer liefern.
Ausschreibungen und Vergabekriterien für öffentliche Verkehrsprojekte
Wir streben die zielgerichtete und transparente Ausschreibung und Vergabe von Ver- kehrsprojekten an.
Die EU fordert, dass bis 2022 alle Busse und Bahnen vollständig barrierefrei sein müssen. Wir wollen die konsequente Umsetzung dieses Ziels und setzen uns dafür ein, entsprechende Landesmittel bereitzustellen. Dies muss ab sofort in allen Ausschreibungen berücksichtigt werden.
Die Ausschreibungen sollen in Zusammenarbeit mit Fahrgästen und/oder Fahrgastverbän- den und den Verkehrsbetreibern erstellt werden; hierbei sollen auch neue Aufgaben im Be- reich der vernetzten Verkehre und innovative Ansätze für neue Verkehrskonzepte in die Aus- schreibung mit einfließen. Der Prozess für die Erstellung der Ausschreibungen ist vollkom- men transparent zu gestalten. Der Vergabeprozess für die Verkehrsprojekte muss mindes- tens die folgenden Kriterien beinhalten:
- Vollständige Transparenz bei der Anwendung der Vergabekriterien
- Verhinderung der Bildung von Monopol- und Oligopolen auf der Anbieterseite
- Entscheidend bei der Vergabe muss das bessere Preis/Leistungsverhältnis sein
- Einhaltung der Tarife für die Beschäftigten ist Pflicht
- Der vollständige Entscheidungsprozess ist offen zu legen
Autonomes Fahren
Wir wollen den technischen Wandel für eine grundsätzlich neue Verkehrspolitik in Nordrhein- Westfalen nutzen, finanziell, sozial und ökologisch nachhaltig. Elektromobilität und autono- mes Fahren verändern die Spielregeln für den Verkehrssektor elementar. Damit ergibt sich die politische Chance, dass in Zukunft alle Menschen die Wahlfreiheit haben werden, unter- schiedliche Verkehrsmittel zu unterschiedlichen Zeiten zu nutzen.Im Mittelpunkt aller neuen Mobilitäts-Dienstleistungen sollen dabei Bus und Bahn stehen. Zusammen mit fahrerlosen, autonomen Fahrzeugen ermöglichen sie Konzepte, die bisher undenkbar waren. Deshalb muss auch unsere Infrastruktur daran angepasst werden. Viele Verkehrs- und Parkplatzflächen können zu neuem Lebensraum werden, wenn sie aufgrund autonomer Fahrzeuge und digitaler Mobilität nicht mehr benötigt werden. Autonome Fahr- zeuge können Sammelparkplätze alleine aufsuchen oder nach dem Carsharing-Prinzip gleich zum nächsten Fahrgast fahren. Fahrerlose Sammeltaxen als Zubringer für Bus und Bahn sol- len schon bald erprobt werden. Dies vorzubereiten, ist Aufgabe der Politik.Damit kein desaströser Wettbewerb um persönliche Daten eintritt, der zu Verfolgungsprofi- len führt, setzen wir uns für Datensparsamkeit und volle Transparenz der erhobenen Daten für die Nutzenden ein. Nicht verfolgbare, anonymisierte Daten sollen dagegen frei und mit offenen Schnittstellen zur Verfügung stehen, um Erkenntnisse über volle Straßen und volle Bahnen, Hindernisse, Sicherheitsrisiken und andere Verkehrslagen intelligent nutzen zu kön- nen.
Drohnen werden zum Transportmittel
Wir fördern die Entwicklung und Erforschung von Drohnen für den Transport von Gütern und zur dokumentarischen Aufklärung. Wir setzen uns dafür ein, dass es für private als auch kom- merziell genutzte Drohnen definierte Flugzonen und Lufträume gibt.
Unsere Ziele für die Zukunft von Stadtentwicklung und Mobilität – Unsere Vision.
Internet und der Klimawandel haben unsere Städte augenscheinlich kaum verändert. Die Digitale Revolution im öffentlichen Raum beginnt jedoch gerade erst und der Klimawandel fordert neue umweltfreundliche Mobilität. Unsere Städte, Siedlungen und die Art, wie wir uns fortbewegen, werden sich zukünftig völlig verändern.
Unsere Städte definieren sich zu einem großen Teil über die Freiflächen und Verkehrsflächen. Hier stehen große Veränderungen an, die wir zum Vorteil aller Menschen gestalten wollen: Autonome, fahrerlose Fahrzeuge mit umweltfreundlichen Antrieben sollen dafür sorgen, dass keine Autos mehr in den Anwohnerstraßen herumstehen. Einige Autos fahren zukünftig selbstständig in das nächste Parkhaus, die meisten jedoch sind Carsharing-Autos, die gleich zum nächsten Fahrgast fahren und diese/n dann oft zur Straßenbahn oder S-Bahn bringen. Dieser vernetzte Verkehr mit der Wahlfreiheit für alle ist die Zukunft.
Die nicht mehr benötigten Verkehrsflächen werden zu Grün- und Erholungsflächen umge- staltet und erhöhen dadurch massiv die Lebensqualität für die Menschen. Der vernetzte Ver- kehr enthebt den Nutzer von der Festlegung auf ein bestimmtes Verkehrsmittel und ermög- licht ihm, eine Strecke auf die einfachste und effizienteste Weise zurückzulegen. Neue Tech- nologien und neue Mobilitätsanbieter rollen den Markt auf. Diese Veränderungen kommen sehr schnell und die Politik muss jetzt die Weichen für die moderne Verkehrswende stellen, um die Lebensqualität zu verbessern. Hierdurch kann die Stadt der Zukunft das Internet auf Lebensräume übertragen und endlich das Zeitalter der einseitig autogerechten Stadt über-winden.
Frauen, Gleichstellung und Emanzipation
Fraueninfrastruktur
Wichtige Anlaufstellen für die Frauenförderung und den Gewaltschutz sind in NRW seit Jahr- zehnten chronisch unterfinanziert. Damit können sie nicht nur dem Bedarf kaum Rechnung tragen, sondern es führt auch dazu, dass die Angebote von den Mitarbeiterinnen nur noch durch Selbstausbeutung erbracht werden können. Wir fordern eine pauschale Aufstockung der Mittel für die Fraueninfrastruktur, sowie einen gezielten Ausbau bei Angeboten für ge- waltbetroffene und wohnungslose Frauen sowie in der Beratung von Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen.
Ablehnung von gesetzlichen Quoten
Auch heute noch werden Frauen in vielen Bereichen benachteiligt. Für eine echte Gleichstel- lung müssen rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Gesetzlich bestimmte Quoten für Personen in Wirtschaft, Verwaltung oder auf Listen bei Wah- len zu Volksvertretungen lehnen wir, egal aufgrund welchen Merkmals, jedoch ab. Stattdes- sen wollen wir die jeweiligen gesellschaftlichen Zugangshürden minimieren und so für eine wirkliche Gleichberechtigung aller Menschen sorgen.
Familie, Kinder und Jugend
Geschlechter- und Familienpolitik
Familie hat viele Gesichter
Wir stehen für eine zeitgemäße Geschlechter- und Familienpolitik. Diese basiert auf dem Prinzip der freien Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Politik den vielfältigen Lebensstilen gerecht wird. Jeder Mensch muss sich frei für den selbstgewählten Lebensentwurf und die von ihm gewünschte Form gleichberechtigten Zusammenlebens entscheiden können. Das Zusammenleben von Menschen darf nicht auf der Bevorzugung oder Benachteiligung Einzelner gründen.
Freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung
Wir stehen für eine Politik, welche die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und se- xueller Identität und Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab.
Daher wollen wir geschlechtszuweisende Operationen, welche ohne Einwilligung der Be- troffenen durchgeführt werden, abschaffen. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht, weshalb wir auch die Erfassung des Merkmals „Geschlecht“ durch staatliche Behörden sowie den Zwang zu geschlechtseindeutigen Vornamen ablehnen.
Freie Selbstbestimmung partnerschaftlicher Lebensmodelle
Wir bekennen uns zum Pluralismus des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Le- bensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ist zu ermöglichen. Eine historisch gewachsene, strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Modelle lehnen wir ab.
Familien rechtlich gleichstellen und fördern!
Unabhängig vom gewählten Lebensmodell genießen Lebensgemeinschaften, in denen Kin- der aufwachsen oder schwache Menschen versorgt werden, einen besonderen Schutz.
Wir setzen uns für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Men- schen füreinander Verantwortung übernehmen. Unsere Familienpolitik ist dadurch be- stimmt, dass solche Lebensgemeinschaften vor dem Gesetz gleichgestellt werden müssen.
Anerkennung von sexueller Verfolgung als Asylgrund
In vielen Ländern der Welt werden Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung diskriminiert oder kriminalisiert.
Wir fordern, dass diese Nachstellungen, gleich, ob sie staatlich gelenkt oder nur geduldet sind, als Asylgrund anerkannt werden. Abweichende geschlechtliche oder sexuelle Identität, bzw. Orientierung, darf nicht als Krankheit oder Perversion eingestuft werden.
Bekämpfung von Homophobie und Transphobie
Homophobie oder Transphobie bezeichnen soziale Abneigungen gegenüber Menschen, die in ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität von der Heteronormativität abwei- chen.
Wir setzen uns für die Unterstützung von Initiativen ein, welche die Akzeptanz und Selbst- bestimmung sexueller Vielfalt fördern. Ziel sollte es sein, eine Auseinandersetzung mit Ho- mophobie und Transphobie in der Gesellschaft zu initiieren und einen positiven Wandel zu Respekt von selbstbestimmten Lebensentwürfen zu erwirken. Straftaten mit homophobem oder transphobem Hintergrund sollen in die polizeiliche Kriminalstatistik separat aufgenom- men werden, um die Reichweite der Problematik sichtbar zu machen.
Mitwirkung von Eltern
Erziehung ist eine gemeinschaftliche Aufgabe von Eltern und Bildungsinstitutionen.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle Bildungsinstitutionen Eltern als Bildungspartner wahr- und ernst nehmen. Elterngremien in Kindertagesstätten, Kindertagespflege, Schulen und Ganztagesbetreuung müssen ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Sie brauchen einen rechtlichen Status, der eine demokratisch legitimierte Mitwirkung in der je- weiligen Institution auf kommunaler- und Landesebene ermöglicht.
Neues Kitagesetz für NRW
Das Kinderbildungsgesetz in NRW ist unterfinanziert und hat dazu geführt, dass viele Kitas mit dem Rücken an der Wand und damit kurz vor dem Aus stehen. Frühkindliche Bildung ist für unsere Gesellschaft allerdings von großer Bedeutung. Um dieser Bedeutung gerecht zu werden, müssen Land und Bund mehr Geld für frühkindliche Bildung zur Verfügung stellen. Wir wollen daher, dass ein neues Kitagesetz geschaffen wird, welches für eine auskömmliche Finanzierung sorgt. Dabei müssen der qualitative und quantitative Ausbau ebenso gesichert sein, wie der vollständige Verzicht auf Elternbeiträge.
Qualitätsoffensive in Kindertagesstätten, Kindertagespflege und Ganztagesbetreuung
Betreuung und Bildung müssen sich in erster Linie am Wohl und den berechtigten Interessen der Kinder orientieren. Daher muss hier der Grundsatz herrschen: Qualität vor Quantität! Der Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder ab dem ersten Lebensjahr wurde in den vergan- genen Jahren in NRW massiv vorangetrieben. Die personelle Ausstattung und deren Qualifi- kation sind dabei bisher nicht hinreichend den gewachsenen Anforderungen angepasst wor- den.
Daher fordern wir einen Erzieher-Kind-Schlüssel, der dem ungleich höheren Betreuungsauf- wand der Kinder unter 3 Jahren und den gestiegenen Anforderungen an sprachliche und mo- torische Förderung, Inklusion und Integration deutlicher Rechnung trägt. Wir fordern eine Verkleinerung der Gruppengrößen, sowie eine Aufwertung des Erzieherberufes durch bes- sere Aus- und Weiterbildungsbedingungen sowie angemessene Bezahlung. Außerdem müs- sen die Landesmittel für die Kindertagesbetreuung entsprechend aufgestockt werden.
Ausbau von Familientoiletten
Junge Familien stehen regelmäßig vor der Frage, ob es richtig ist, wenn die Mutter ihren Sohn mit auf die Damentoilette oder der Vater seine Tochter mit auf die Herrentoilette nimmt. Für Väter mit Kleinkindern besteht oft gar keine Möglichkeit das Kind zu wickeln, da Wickelti- sche, wenn sie nicht in der Behindertentoilette angebracht sind, im Regelfall auf der Damen- toilette vorzufinden sind.
Wir möchten den Ausbau von Familientoiletten fördern. In einem ersten Schritt sollten öf- fentliche Einrichtungen, die neu- oder umgebaut werden mit Familientoiletten ausgestattet werden. Darüber hinaus sollen bei Neubaumaßnahmen wie Einkaufszentren u. ä. entspre- chende Einrichtungen vorgesehen werden.
Kinder- und Jugendpolitik zukunftsgerecht gestalten
Kinder und Jugendliche beteiligen!
Auch 27 Jahre nach Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention werden in Nordrhein- Westfalen Kinder und Jugendliche nicht angemessen in sie betreffende Entscheidungen ein- bezogen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeit bekommen, sich an Entscheidungsprozessen aktiv zu beteiligen. Kinder und Jugendliche sollen vor allem in ihrer eigenen Lebenswelt, wie z. B. in Kita, Schule, Jugendzentrum oder Politik, mitbestimmen können. Ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv einzubringen und an der Gestaltung ihres Alltages beteiligen zu können.
Mehr gesellschaftliche Teilhabe
Vielfach sind junge Menschen von Armut bedroht. Schlechte finanzielle Verhältnisse in Fa- milien verhindern auch den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe.
Wir setzen uns daher für eine auskömmliche Kindergrundsicherung als Brückentechnologie hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen ein.
Bestehende Beteiligungsstrukturen evaluieren
Bestehende Beteiligungsstrukturen in NRW wie SchülerInnen-Vertretungen oder Kinder- und Jugendräte müssen hinsichtlich ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten überprüft werden.
In diesen Evaluationsprozess sind die Betroffenen einzubinden, um eine umfassende Bewer- tung der vorhandenen Strukturen zu erhalten und bedarfsgerechte Veränderungen herbei- zuführen.
Junge Menschen sind unsere Zukunft
Wer die Zukunft von jungen Menschen gestalten will, muss junge Menschen auch an der Ge- staltung teilhaben lassen. Wir setzen uns daher für eine Absenkung des Wahlalters bei Kom- munal- und Landtagswahlen auf 14 Jahre ein.
Verbindliche Einführung eines Jugendchecks in NRW
Wählen alleine reicht nicht aus. Tagtäglich entscheiden Abgeordnete über Anträge und Ge- setzesvorhaben, die junge Menschen in der Gegenwart und der Zukunft betreffen. Selten werden diese Auswirkungen jedoch ausführlich betrachtet und Jugendliche angehört. Der Jugendcheck ist ein Verfahren, mit dem Politik sich verpflichtet, zu prüfen, ob ihre Vorhaben gute oder schlechte Folgen für junge Menschen haben.
Wir unterstützen daher die Initiative des Landesjugendrings NRW zur Einführung eines sol- chen Instrumentes auf Landesebene.
Einmischen, aber richtig! Jugendparlamente einführen!
Wir setzen uns außerdem für die Verankerung eines echten Jugendparlaments in der nord- rhein-westfälischen Verfassung ein. Die gewählten Jugendlichen und deren Beschlüsse müs- sen konkreten Einfluss auf laufende Beratungsprozesse im Landtag NRW nehmen können. Die Kinder- und Jugendparlamente sind Beratungsgremien mit Rede-, Antrags- und auf- schiebendem Vetorecht, welche die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber den bei Landtags- bzw. Bundestagswahlen gewählten Mandatsträgern vertreten. Die Kinder- und Jugendparlamente werden demokratisch durch alle im jeweiligen Wahlgebiet lebenden Kinder und Jugendliche, die das 21 Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gewählt.
Kinder- und Jugendbeauftragte/r
Kinder und Jugendliche brauchen einen starken Vertreter für die Wahrung ihrer Rechte und Belange. Wir fordern die Schaffung der Stelle eines/r unabhängigen Landesbeauftragten für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen. Die Stelle des/der Landesbeauftragten ist dabei mit einem ausreichenden Handlungsspielraum sowie mit ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln auszustatten.
Jugendliche brauchen Hilfe – bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist
Aufgabe einer Ombudschaft im Rahmen der Arbeit der öffentlichen Jugendhilfe ist es, das Machtungleichgewicht zwischen Beteiligten (Kindern/Jugendlichen, Eltern und Jugendäm- tern) auszugleichen, mit dem Ziel, eine gerechte Entscheidung bei Streitfragen zu erreichen. In den vergangenen Jahren hat sich die Ombudschaft Jugendhilfe NRW hierfür erfolgreich eingesetzt.
Wir setzen uns daher für eine Verstetigung der Ombudschaft Jugendhilfe NRW ein. Ziel muss es sein, auch auf kommunaler Ebene Ombudschaften in der Jugendhilfe zu etablieren.
Jugendliche und ihre digitale Lebenswelt erkennen, akzeptieren und fördern
Smartphones gehören zur Lebenswirklichkeit junger Menschen. Die Nutzung von Smartpho- nes zu verbieten oder bestimmte Apps zu verteufeln, ist kein sinnvoller pädagogischer An- satz. Kinder und Jugendliche sollen sich in ihrer „digitalen Welt” zurechtfinden und durchset- zen können und über Chancen und bestehende Gefahren aufgeklärt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass Kindern und Jugendlichen der Umgang mit digitalen Medien neutral beigebracht wird. In der Kinder- und Jugendarbeit sollen die Chancen, die sich durch die Digitalisierung eröffnen, erkannt und gefördert werden.
Freiräume für Jugendliche
Junge Menschen brauchen Freiräume. Neben Schule, Studium oder Ausbildung muss Ju- gendlichen ausreichend Zeit für Kreativität, Spiel und Sport oder auch Langeweile einge- räumt werden.
Wir fordern daher, dass Schul- und Studienzeiten sowie -inhalte auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnitten werden. Neben den zeitlichen Freiräumen brauchen Jugendliche auch Räumlichkeiten für Kreativität und Aktivität.
Offene Gestaltung des Kinder- und Jugendförderplans
Der Kinder- und Jugendförderplan wird im Wesentlichen ohne Beteiligung des Landtags er- arbeitet. Wir erachten das für falsch und wünschen uns, dass eine frühere Beteiligung des Landtags ermöglicht wird.
Wir setzen uns daher für eine offene Gestaltung des Kinder- und Jugendförderplans ein. Hier- bei ist neben den Verbänden und Organisationen sowie den Selbstvertretungen Jugendlicher auch der Fachausschuss des Landtags frühestmöglich in die Beratungen einzubeziehen.
Bedarfsgerechte und kostendeckende Investitionen in die Zukunft
Die seit Jahren stagnierenden Landeszuschüsse in Kinder- und Jugendarbeit führen in den Einrichtungen und Verbänden zu einem Rückgang der Angebote. Es bedarf einer größeren Anerkennung der Kinder- und Jugendarbeit und einer auskömmlichen Finanzierung der Strukturen.
Wir setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass der Etat des Kinder- und Jugendförderplans des Landes erhöht wird. Zudem soll dieser dynamisch gestaltet werden, damit Kostenstei- gerungen künftig direkt aufgefangen werden können. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Kinder- und Jugendförderplan flexibler gestaltet werden muss, um z.B. bedarfsgerechte An- gebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche zu entwickeln.
Europa und Internationales
Handelsabkommen CETA, TTIP und TISA
Wir befürworten freie und faire Handelsbeziehungen zwischen gleichberechtigten Partnern. Jetzt sollen jedoch neue Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) und mit den USA (TTIP) geschlossen werden. Ebenfalls in Verhandlung befindet sich das globale Dienstleistungsabkommen TISA, welches in Bereiche wie Bildung, Banken, usw. vordringt und diese zu Handelswaren machen möchte. Diese Abkommen werden nicht transparent verhandelt und die Zivilgesellschaft nur mangelhaft beteiligt. Zudem sollen die Verträge unter direkter Beteiligung von Unternehmen, mit mangelnder Kontrolle durch die Öffentlichkeit und unter Umgehung der Parlamente verändert werden können.
Wichtige Details der Verträge sind in Anhängen geregelt. Diese dürfen auch nach Ratifizie- rung vom „Gemeinsamen Ausschuss“ geändert werden. Dieser „Gemeinsame Ausschuss“ unterliegt keiner parlamentarischen Kontrolle, ist nicht demokratisch legitimiert und ist so- mit dem Primat der Politik entzogen.
Es sollen Schiedsgerichte eingerichtet werden, die die Anforderungen an einen unpartei- ischen Gerichtshof nicht erfüllen. Dort soll Unternehmen ein einseitiges Klagerecht gegen Staaten ermöglicht werden, welches über den Schutz von Investitionen weit hinausgeht. Durch den starken gewünschten Wettbewerb und Wettbewerbsregeln wird eine bereits heute durch Beihilferegularien erschwerte Rekommunalisierung weiter erschwert. Des Wei- teren wird ein zukunftsweisendes Urheberrecht, z.B. durch ein Verbot ein DRM-System zu umgehen, erschwert.
Zuletzt werden Standards für Arbeitsnormen und Arbeitnehmerrechte ausgehöhlt, vielfach nicht klar definiert, sondern nur gegenseitig anerkannt. Das löst eine Abwärtsspirale bei Standards aus. Diese Eingriffe durchdringen alle Bereiche und beeinflussen die Handlungs- fähigkeit der Landesregierung und lassen teilweise eine übergroße Sensibilität bei Gesetzes- vorlagen erwarten. Nicht zuletzt aus diesen genannten Gründen setzen wir uns für eine Ab- lehnung von CETA, TTIP und TISA ein. Nach unserer Auffassung muss Freihandel folgenden Grundsätzen folgen und unsere Werte als Solidar- und Wertegemeinschaft widerspiegeln und ins Zentrum rücken:
- Menschenrechte,
- Bürgerrechte,
- Verbraucherschutz,
- Arbeitnehmerrechte,
- Umweltschutz,
- Datenschutz,
- Schutz von Persönlichkeitsrechten
- soziale Gerechtigkeit,
- Transparenz,
- Vorsorgeprinzip,
- Nachhaltigkeit,
- entwicklungspolitische Kohärenz,
- geeignet sein um Vertreibung aus der Heimat nicht zu verstärken.
In weiten Bereichen soll gelten:
- Regional vor Global.
- Güter und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge müssen jederzeit rekommunalisier-bar sein.
- Güter und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge müssen vorrangig den Menschendienen und sind keine Spekulationsobjekte.
- Das gilt für Einrichtungen der Bildung, Wasserversorgung, Elektrizitätsversorgung,Gasversorgung, Krankenversicherungen, Internet, Feuerwehr, Polizei.
- Schiedsgerichte in ihrer heutigen Form sind grundsätzlich auszuschließen.
- Klagerecht muss immer allseitig möglich sein, sich an rechtsstaatliche Prinzipien hal-ten und finanzierbar sein.
- Kapitalflucht und Steuerflucht sind in den Abkommen einzudämmen. Es gilt: Da wo Umsatz gemacht wird sind auch Steuern zu entrichten.
Ausländerwahlrecht auch auf Landesebene
Auch wer als Ausländer seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft in Nordrhein-Westfalen hat, darf politisch in den meisten Fällen nicht mitbestimmen.
Wir engagieren uns daher für ein Wahlrecht auf Landesebene, in den Kommunen und ein Stimmrecht bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden für alle Menschen, die das erforderliche Wahlalter erreicht haben und die sich seit mindestens drei Jahren rechtmä- ßig in der Bundesrepublik aufhalten.Wir streben an, dass Nordrhein-Westfalen seine Verfassung anpasst und sich im Bundesrat um eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes bemüht.
Migration, Integration und Umgang mit Schutzsuchenden
Einwanderung
Die jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie die, durch die Europäische Kommission verhängte sogenannte Austeritätspolitik, haben verheerende Auswirkungen auf die Real- wirtschaft und Belastbarkeit der sozialen Sicherungssysteme in zahlreichen süd- und süd- osteuropäischen EU-Ländern. Vermehrt haben daher Menschen in den letzten Jahren ihre Heimatländer verlassen und sich in wirtschaftlich besser dastehenden Mitgliedstaaten wie Deutschland niedergelassen.
Einwanderung ist in Nordrhein-Westfalen seit Jahrzehnten ein wesentlicher Bestandteil un- serer Gesellschaft. Einwanderung hat uns vorangebracht. Ohne ehemalige Migranten, die längst Bürger unseres Landes geworden sind, wären wir in jeder Hinsicht ärmer.
Wir wollen, dass diese Realität endlich anerkannt wird und auch praktische Konsequenzen hat. In einem modernen Einwanderungsland hat eine Politik ausgedient, die auf Abschre- ckung setzt.
Wir wollen eine offene und bunte Gesellschaft, die im Hinblick auf den Fachkräftemangel, den demografischen Wandel, die Zukunft unserer Sozialsysteme und die Kreativität in Wirt- schaft, Kultur und Gesellschaft ihre Chancen sieht und ergreift.
Wir stehen für Willkommenskultur
Um eine gelungene Integration der Einwanderer und Geflüchteten zu garantieren, müssen wir gezielte Maßnahmen finanzieren und die hier ankommenden Menschen bei der Integra- tion aktiv unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, dass Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen werden, um den Paradigmenwechsel hin zu „Deutschland ist ein Einwanderungs- land“ zu garantieren. Erst wenn zu uns kommende Menschen eine Bleibeperspektive haben und sich willkommen fühlen, werden sie sich so integrieren können, dass wir alle uns gegen- seitig bereichern.
Intensivierung des interkulturellen Dialogs
Handlungsübergreifend setzen wir uns dafür ein, interkulturelle Kompetenz auf allen Ebenen von Verwaltung und Gesellschaft zu stärken und die interkulturelle Öffnung entsprechender Institutionen und Organisationen weiterhin zu fördern. Sensibilisierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur aktiven Einbeziehung der Aufnahmegesellschaft, die die Akzeptanz von Zu- gewanderten steigern, sollen zusätzlich gefördert werden. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang präventive Projekte, die gewalt- und aggressionsfreies Verhalten fördern.
Integration
Gleichberechtigte Teilhabe
Die gleichberechtigte Teilhabe von Zugewanderten an allen Bereichen des alltäglichen Le- bens ist unsere Zielsetzung im Handlungsfeld gesellschaftlicher Teilhabe und Integration. Von zentraler Bedeutung ist auch die Integration von Zugewanderten in das unmittelbare Wohnumfeld als Lebensmittelpunkt und wichtigstes Kontaktfeld. Hier spielt die Stärkung der gemeinsamen, aktiven Mitgestaltung ihres Wohnumfeldes mit Angehörigen der Aufnahme- gesellschaft eine große Rolle. Ein wichtiges Element der gesellschaftlichen Teilhabe besteht zudem in dem Zugang zu Informationen über konkrete Partizipationsmöglichkeiten vor Ort. Diese wollen wir fördern und ausbauen. Zur gleichberechtigten Teilhabe gehört auch ein Mit- bestimmungsrecht der Zugewanderten im politischen System. Diejenigen, die ihren Lebens- mittelpunkt in NRW finden, sollen mittelfristig das kommunale Wahlrecht und das Recht zur Teilhabe an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden bekommen, auch ohne die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Langfristig ist ein Wahlrecht auch für Landtagswahlen an- zustreben. Hier ist ebenfalls der Lebensmittelpunkt entscheidend, nicht die Staatsangehö- rigkeit.
Deutschkurse
Wir setzen uns für die Förderung von Maßnahmen ein, die allen Migranten einen kostenlosen Deutschkurs ermöglichen. Zudem soll zukünftig kein Flüchtling selbst die Kosten dafür tra- gen müssen.
Ausbildung und Studium
Der Zugang zu Ausbildung und Studium für Flüchtlinge und Migranten muss gleichberechtigt ermöglicht werden, um, gerade in einer alternden Gesellschaft wie der Deutschlands, die Chancen durch Migration zu nutzen und Perspektiven für alle zu entwickeln. Außerdem müs- sen ausländische Schulabschlüsse einfacher anerkannt werden.
Umgang mit Schutzsuchenden
Das Grundrecht auf Asyl ist ein Gebot der Menschlichkeit und der historischen Verantwor- tung. Es hat für alle Menschen uneingeschränkt Geltung – unabhängig von der Herkunft. Das Aushöhlen oder die Beschneidung der mit dem Asylrecht verbundenen Grundrechte akzep- tieren wir nicht. Das gilt für den Familiennachzug, die Bezeichnung der „sicheren Herkunfts- länder“ oder sogenannte „Obergrenzen“. Deutschland und NRW haben kein „Flüchtlings- problem“, sondern ein organisatorisches und mentales Problem. Vielerorts müssen Zelthal- len und Containeranlagen aufgebaut werden, weil es versäumt wurde, den Voraussagen Rechnung zu tragen, die einen Anstieg der Flüchtlingszahlen seit Jahren ankündigen. Durch die Sondergesetze und deren Umsetzung wurden Schutzsuchende zudem in eine prekäre und aussichtslose Lage gezwungen. Sie erhielten wenig Rechte, lebten am Rand der Städte in Massenunterkünften und mussten viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Diese Sonder- regeln kosteten sogar mehr Geld als eine normale Eingliederung in die Sozialsysteme. Dadurch verhinderten Städte, Gemeinden, Bund und Länder geradezu, dass sich Normalität zwischen Neuankömmlingen und Altansässigen überhaupt entwickeln konnte – sie verhin- derten Integration. Diskriminierende Gesetze und Sonderbehandlungen haben den Umstand gefördert, dass Teile der Bevölkerung Hilfesuchende als Menschen zweiter Klasse wahrneh- men. Aus diesen Fehlern der Vergangenheit muss die deutsche Politik lernen und die richti- gen Schlüsse ziehen. Struktureller Rassismus sowie Hürden der Zuwanderung und Flucht nach Deutschland müssen ab- statt aufgebaut werden. An dieser Aufgabe muss ab sofort gearbeitet werden, trotz der Herausforderungen durch die aktuell, aufgrund der vielen Kri- sen in und um Europa, steigenden Flüchtlingszahlen.
Ministerium für Flucht, Integration und Einwanderung
Wir werden uns für ein Ministerium für Flucht, Integration und Einwanderung einsetzen, dass dafür sorgt, dass Flüchtlinge in Deutschland sicher, human und gleichberechtigt leben kön- nen. Dieses ist mit ausreichend Personal zu besetzen. Die Aufgaben des neuen Ministeriums sollen lauten: Suche nach und Bereitstellung von Unterkünften, Etablierung von Mindest- standards in ganz NRW, Sicherstellung der sozialen, rechtlichen, medizinischen und psycho- logischen Betreuung der in den Unterbringungseinrichtungen lebenden Flüchtlinge, Unter- stützung der Kommunen bei der Vermittlung von Schul- und Kitaplätzen, Einführung von Deutschkursen als Standard und Unterstützung bei der Vermittlung in Arbeit und Ausbil- dung. Eine enge Zusammenarbeit mit den Trägern der Flüchtlingshilfe usw. ist dabei unver- zichtbar.
Mindeststandards für die Unterbringung Geflüchteter
- Den Bewohnerinnen und Bewohnern muss durch ein angemessenes Maß an Privat- heit, Ansprache und Rückzugsmöglichkeiten ein Gefühl von Sicherheit, Schutz und Aufnahme gegeben werden.
- Die notwendige soziale, medizinische, psychologische und rechtliche Betreuung und Beratung der Flüchtlinge muss durch genügend qualifiziertes Personal in den Landes- aufnahmen, aber auch in den Kommunen, sichergestellt sein.
- Die Beschäftigung von qualifiziertem und pädagogisch geschultem Personal hat je- weils Vorrang gegenüber der Einstellung von Sicherheitspersonal.
- Hygienestandards, gemessen an den „Empfehlungen für Gemeinschaftseinrichtun- gen für Erwachsene des Infektionsschutzgesetzes”, sind in einem Musterhygieneplan festzulegen und einzuhalten.
- Deutschkurse sollen von Anfang an angeboten und ein wichtiges Element des Be- treuungsangebotes werden.
- In jedem Heim muss es ein Beschwerdemanagement geben.
- Die Bewohnerinnen und Bewohner der Heime haben das Recht, einen Beirat mit Emp-fehlungs- und Beanstandungsrechten zu gründen.
- Ausstattung, Zustand und Umfeld der Unterbringung müssen den Standards des so-zialen Wohnungsbaus entsprechen.
- Ausreichend Möglichkeiten zur Kommunikation, wie etwa ein freier Zugang zum In-ternet, sollen zur Verfügung gestellt werden, um unter anderem den Kontakt mit An- gehörigen in der Heimat halten zu können.Dezentrale Unterbringung von Geflüchteten
Wir ziehen die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen der Unterbringung in Sammelunterkünften vor, da erstere die soziale Isolation und Stigmatisierung von Flücht- lingen in den Gemeinden beendet. Auch die Akzeptanz seitens der einheimischen Bürgerin- nen und Bürger wird durch dezentrale Unterbringung gefördert. Das Leverkusener Modell hat bundesweit Vorbildcharakter und bewährt sich seit mehr als zehn Jahren. Die freie Wahl des Wohnortes ist für Geflüchtete, soweit irgend möglich, sicherzustellen. Zwangsmaßnah- men, wie Wohnsitzauflagen, sind abzulehnen. Sie entsprechen nicht unserem Menschenbild und widersprechen den von Deutschland ratifizierten, internationalen Verträgen auf EU- und UN-Ebene.Strukturellem Rassismus und Hürden der Zuwanderung entgegenwirkenWir setzen uns dafür ein, dass struktureller Rassismus sowie Hürden der Zuwanderung und Flucht nach Deutschland und NRW ab- statt aufgebaut werden. Wir bekennen uns zur eige- nen, politischen Verantwortung gegenüber Migranten und Schutzsuchenden und wirken auf eine menschenwürdige Aufnahme und Akzeptanz im Land und den 396 Kommunen in Nord- rhein-Westfalen hin.
NRW braucht proaktive Integrationspolitik
Die Integration von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund ist eine der zur- zeit größten Aufgaben für Gesellschaft und Politik. Sie ist aber auch eine Chance dem demo- grafischen Wandel entgegen zu wirken und durch eine wachsende Bevölkerung die Rahmen- bedingungen für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu setzen. Integration ist aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe die nur gelingen kann wenn die Politik die Fehler der Vergangenheit vermeidet und es gelingt, die positiven Faktoren der Zuwanderung in den Vordergrund zu stellen.
Der zentrale Faktor hierbei ist es, sowohl der Aufnahmegesellschaft, als auch den neu zuge- wanderten Menschen eine positive Perspektive zu bieten. Menschen die hier in NRW ihren neuen Lebensmittelpunkt haben, müssen rechtlich und tatsächlich gleichgestellt werden. Dazu gehören selbstverständlich eine menschenwürdige Unterbringung, vollumfängliche, gesellschaftliche Teilhabe und eine gleichgestellte Versorgung aller.
Wir wollen eine Abkehr von der Politik der Abschreckung und der Abwehr von Zuwanderung und Flucht. Die bisherige Ausrichtung der Landespolitik hat viel zu lange Menschen in pre- käre und aussichtslose Lagen gezwungen.
Wir sehen Integration als eine Querschnittaufgabe, die alle Bereiche von Politik und Leben berühren wird. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, setzen wir uns für die Einrichtung eines vollwertigen Integrationsministeriums ein, das alle nötigen Maßnahmen plant, koordi- niert und umsetzt.
Integration durch Sprache
Verständnis und Verständigung zwischen Menschen kann nur dann zustande kommen, wenn man sich versteht. Wir wollen mit der Sprachförderung bereits in den Landesaufnah- meeinrichtungen beginnen. Und das unabhängig von Bleibeperspektive und Herkunft. Um das bewältigen zu können, muss umgehend ein Programm zur Gewinnung von Lehramtsstu- dierenden und pensionierten Lehrern aufgelegt werden. Selbstverständlich muss diesen Hel- fern jederzeit der Zugang zu den Unterkünften gewährt werden. Die bereits vorhandenen Angebote im Bereich der digitalen Flüchtlingshilfe müssen zügig und konsequent weiter aus- gebaut werden und in den Unterkünften die Möglichkeiten geschaffen werden, diese zu nut- zen.
Regelschulen sollen dazu angehalten werden, auch mehrsprachige Klassen einzurichten. Da- bei muss es selbstverständlich sein, dass auch Kinder mit deutscher Muttersprache an diesen Kursen teilnehmen können. Denn erst über das Erlernen der Sprache schafft man Verständ- nis für die Lebenswelt des Gegenübers. Selbstverständlich muss das Land den Kommunen die hierfür notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Integration ist nicht eine primäre Auf- gabe der Kommunen, sondern des ganzen Landes.
Konsequent gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit
In den letzten Jahren hat Menschen- und Demokratiefeindlichkeit auch in NRW einen er- schreckenden Zuwachs erfahren. Seit 2014 hat sich die Zahl der fremdenfeindlichen Strafta- ten verachtfacht. Und in all dieser Zeit wurde diese Entwicklung von Polizei, Politik und Justiz unterschätzt oder gar verharmlost. Fälle wie der rassistisch motivierte Brandanschlag von Altena zeigen hierbei die Schwachstellen der Sicherheitsbehörden auf. Wir wollen, dass da- mit Schluss sein muss. Kein Fußbreit den Rassisten und Menschenfeinden. Wir setzen uns für mehr politische Bildung für alle Menschen in NRW ein. Es ist Aufgabe der Schulen und Weiterbildungseinrichtungen in NRW, interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln, um so ein Klima des Miteinanders zu stärken und einen offenen und toleranten Wertekonsens zu stär- ken.
- Wir wollen umgehend ein Antidiskriminierungsgesetz in NRW auf den Weg bringen.
- Wir setzen uns dafür ein, den NRW Verfassungsschutz auf Schwachstellen hinsicht-lich der Abwehr von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus zu überprüfen.
- Wir wollen sofort eine Sensibilisierungskampagne für die Situation von Geflüchtetenund Menschen mit Migrationshintergrund starten.Gemeinsam gegen RassismusRassismus und kulturell begründete Diskriminierung sind nach wie vor ein gravierendes Problem, das dem friedlichen Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft im Wege steht. Gewalt und Einschüchterung aufgrund der Herkunft, Religion oder Kultur sind in jedem Fall inakzeptabel.
Darum muss Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in jeder Form entschieden bekämpft wer- den. Dabei gilt es, das Augenmerk nicht nur auf den rechten Rand der Gesellschaft zu legen, sondern Vorurteilen und Intoleranz auch in der Mitte der Gesellschaft beim Alltagsrassismus, latent antisemitischen Stereotypen, der um sich greifenden Islamfeindlichkeit sowie ande- ren Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten.
Wir möchten Kampagnen und Initiativen unterstützen, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Verständnis zwischen verschiedenen Kulturen und Weltanschauungen zu verbessern, Vor- urteile abzubauen und das Miteinander zu fördern. Ebenso solche, die rechtsextremen Akti- vitäten entgegentreten und Menschen dabei helfen wollen, sich aus einschlägigen Kreisen zu lösen.
Umfassender Schutz für Frauen, Kinder, Jugendliche und LSBTTI-Geflüchtete
2016 waren 35 % der Geflüchteten unter 18 und 33 % weiblich. Gerade Frauen und Mädchen waren auf der Flucht besonders traumatisierenden Umständen ausgeliefert. Die Vorkomm- nisse in den NRW Landesunterkünften in Burbach und Olpe zeigen, dass NRW nur mangel- haft auf diese besonders schutzbedürftigen Menschen vorbereitet ist.
Es muss endlichen einen effektiven Schutzplan für Frauen, Kinder und besonders schutzbe- dürftige Gruppen in den Unterkünften in NRW geschaffen und dieser konsequent umgesetzt werden.
- Wir streben an, Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen die speziell für diese Gruppen geeignet sind.
- Wir wollen einen Landesfinanzplan für Frauenhäuser erstellen.
- Wir wollen gesonderte Unterkünfte und besondere Betreuung für Menschen die Op-fer von sexualisierter Gewalt geworden sind.
- Wir setzen uns dafür ein, auf der Stelle die Istanbul-Konventionen zu ratifizieren unddie Normen unverzüglich umzusetzen.
- Wir wollen, dass in den Unterkünften nur noch Menschen eingesetzt werden, die für diese sensiblen Aufgaben qualifiziert sind. Dazu kommen regelmäßige Fortbildungen und Schulungen. Sollte ein Vertragspartner nachgewiesener Maßen gegen diese Re- geln verstoßen muss das Vertragsverhältnis umgehend beendet werden.
Gleichberechtigte Gesundheitsvorsorge
Die WHO definiert Gesundheit als „körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden“. Sie bildet die Basis für eine aktive und selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft und ist so- mit die Voraussetzung für gelingende Integration.
- Wir streben eine adäquate Gesundheitsversorgung für alle Menschen in NRW an.
- Wir wollen die Einführung einer kommunalen Gesundheitskarte und die Förderungdieser durch das Land.
- Wir wollen die Informationen über den Zugang zu Gesundheitsleistungen zu verbes-sern.
Mehr Wohnraum für alle und dezentrale Unterbringung von Geflüchteten
In den letzten Jahrzehnten wurde der soziale Wohnungsbau durch die Landespolitik schmäh- lich vernachlässigt. Überall fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Nicht nur vor dem Hinter- grund der zugewanderten Menschen, sondern auch für die einheimische Bevölkerung muss hier so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden. Eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Integration ist es nämlich, dass sowohl die Aufnahmegesellschaft, als auch die Geflüchteten eine sichere Wohnsituation erfahren. Nur in den Quartieren und bei einer de- zentralen Unterbringung kommt es zu einer echten Begegnung zwischen den Menschen. In diesen Quartieren muss das Engagement von Integrationslotsen und interkultureller Nach- barschafts- und Elternarbeit gefördert werden.
- Wir setzen uns für die Bereitstellung von geeigneten Wohnbauflächen zum Verkehrs- wert für mietpreisgebundenen Wohnraum aus dem Bestand des Bau- und Liegen- schaftsbetriebs des Landes NRW ein.
- Wir wollen, dass eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten jederzeit einer zentralen vorzuziehen ist.
- Wir streben an, Maßnahmen zur Information und Bewerbung vorhandener Förde- rungsmöglichkeiten des Landes im Zusammenwirken mit der NRW.Bank und den Partnern der Wohnungsbauoffensiven auszuweiten.
Radikalisierung und Straftaten vorbeugen
Die wesentlichen Regeln unseres Zusammenlebens gelten verbindlich für alle Menschen. Dass das so ist sieht man auch daran, dass die Quote der Straffälligen unter den Geflüchte- ten nicht höher ist als bei anderen Gesellschaftsschichten. Dennoch kam es immer wieder zu Anwerbungsversuchen durch salafistische und andere radikalislamische Organisationen im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften. Dieser Entwicklung muss dringend und konsequent vorgebeugt werden.
- Wir wollen das Programm „Wegweiser“ strukturell vom Verfassungsschutz lösen und unabhängig gestalten.
- Wir setzen uns dafür ein, zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich zum Teil schon seit Jahrzentren mit Deradikalisierung beschäftigen, zu stärken.
- Wir streben eine personelle Stärkung der Schulsozialarbeit an.
- Wir wollen die Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft um Islamfeindlichkeitund verfassungsfeindlichem Salafismus den Nährboden zu entziehen.
Integration durch Sport – Teamgeist stärken
Sport leistet einen wichtigen Beitrag für das gemeinschaftliche Zusammenleben vor Ort und bringt Menschen zusammen. Sportvereine und –verbände wirken im ehrenamtlichen Bereich vielerorts bereits jetzt als Integrationsmotoren. Nicht umsonst hat der Landessportbund NRW das Handlungskonzept „Von der Willkommenskultur zur Integration“ aufgelegt. Ehren- amtliches Engagement in Sportvereinen kann hiermit auch einen wichtigen Beitrag zum Spracherwerb leisten, indem niedrigschwellige Sprachanlässe geboten werden. Darüber hin- aus trägt Bewegung in Gemeinschaft zu einer positiven Erfahrung bei und somit auch zu einem Aufbau des Selbstwertgefühls.
- Wir wollen die Stärkung von Multiplikatoren mit Migrationshintergrund und eine ziel- gruppenspezifische Ansprache.
- Wir streben an, Vereine bei der Durchführung von Spielfesten, oder Sprachförderkur- sen stärker zu unterstützen.
- Wir setzen uns dafür ein, zielgruppenspezifische Sportangebote für Geflüchtete so- wie spezielle Angebote für Mädchen und Frauen zu fördern.
- Wir wollen Qualifizierungsmaßnahmen für Geflüchtete und Vereinsmitglieder zu Übungsleitern, Sporthelfern und Schiedsrichtern fördern.
- Wir setzen und dafür ein, kurzfristig ein Unterbringungskonzept zu entwickeln, dass bei der Unterbringung von Geflüchteten nicht auf Sporteinrichtungen zurückgreifen muss.
Schulpolitik durch Integration und Inklusion
Bildung ist für eine gelungene Integration ein zentraler Baustein. Hierbei muss für alle Kinder und Jugendliche rechtzeitig eine adäquate schulische Förderung sichergestellt werden. Dazu braucht es genügend Lehrer, die auch im Umgang mit kultureller Vielfalt und der besonderen Lebenslage geflüchteter Kinder und Jugendlicher geschult sind. Darüber hinaus bedarf es dem Ausbau von Schulsozialarbeit und Schulpsychologie. Die allgemeine Schulpflicht für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus, gilt schon lange in NRW. Deshalb müssen alle Geflüchteten ein Bildungsangebot mit dem Ziel eines Abschlus- ses und/oder einer Ausbildung erhalten.
- Wir wollen umgehend auf den erhöhten Lehrerbedarf reagieren und die Personalbe- darfe an Schulen regelmäßig prüfen um proaktiv Handeln zu können.
- Wir setzen uns dafür ein, das Fortbildungsangebot „Deutsch als Zweitsprache“, das auch Inhalte über Wertvorstellungen erhält, schrittweise auszubauen.
- Wir wollen gemeinsam mit den Kommunen eine Lösung für die Schaffung weiterer Lernräume finden.
Bildung endet nicht mit 18
Eine ebenso große Herausforderung für das Bildungssystem sind die zu uns kommenden Ge- flüchteten, die das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben. Schätzungsweise sind davon 81 % wiederum unter 35 Jahre alt. Diesen Menschen muss der geeignete Zugang zu Bildung eröffnet werden. Dabei ist der Stand der Vorbildung sehr unterschiedlich und reicht von Menschen ohne Schulabschluss bis zu Absolventen von Universitäten. Hier muss sowohl an Alphabetisierung, als auch an der Anerkennung existierender Berufsabschlüsse gearbeitet werden.
- Wir wollen Bildungsangebote für junge Erwachsene weiter ausbauen und fördern.
- Wir setzen uns dafür ein, die kommunalen Integrationszentren als wichtige Schnitt-stelle für weitere Bildungsplanung strukturell zu stärken.
- Wir wollen geeignete Rahmenbedingungen für junge Erwachsene schaffen um ihneneinen Schulabschluss, eine Ausbildung oder auch das Studium an einer Hochschule zu ermöglichen.
Hochschulen zu Orten der Integration machen
Gerade die Hochschulen in NRW haben vielfältige Erfahrungen mit dem Thema Integration. Studierende aus der ganzen Welt kommen nach NRW um ein Studium an einer Hochschule aufzunehmen. Zudem bestehen an vielen Hochschulen bereits jetzt unter den Beschäftigten und Studierenden Strukturen zur hauptberuflichen und ehrenamtlichen Integrationsarbeit. Ohne eine gemeinsame Strategie wird es aber nicht gelingen, die vielen vor Ort existieren- den Aktivitäten zu bündeln und zu einem integrativen Gesamtkonzept zu bündeln.
- Wir wollen die, aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte, Fördermaßnahme „Integra“ des Deutschen Akademischen Aus- tauschdienst nutzen um die Studierfähigkeit von Geflüchteten herzustellen und ihnen den Einstieg in die Hochschulen zu ermöglichen.
- Wir setzen uns dafür ein, die Beschränkungen bei studienvorbereitenden Deutsch- kursen aufzuheben.
- Wir wollen an allen Hochschulen Ansprechpartner für die Integration von Geflüchte- ten benennen.
- Wir wollen die Hochschulen durch auskömmliche Grundfinanzierung bei der Bewälti- gung der genannten Herausforderungen unterstützen.
Direkter Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt
Für eine langfristige Integration ist auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ein wichtiger Schlüs- sel zum Erfolg. An einigen Stellen, wie zum Beispiel beim Handwerk, gibt es bereits vorbildli- che Initiativen. Aber das Land NRW hat es bisher versäumt einen frühzeitigen und breiten Zugang zum Arbeitsmarkt zu schaffen. So wird an der komplizierten und teuren Vorrangprü- fung festgehalten, die Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt unnötig erschwert. Diese Zugangshürden sind nicht nur diskriminierend, sondern in Zeiten des Fachkräftemangels eine verantwortungslose Verschwendung von Potential. Diese Abwartepolitik hat verhee- rende Folgen sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes. Zudem führt eine Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt nicht nur zu einer Bekämpfung des Fachkräftemangels, sondern setzt auch positive Konjunkturimpulse, wie auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung 2015 bestätigt hat.
- Wir wollen ein Ende der Vorrangprüfung.
- Wir wollen die Anerkennung von nicht-zertifizierten Kompetenzen durch eine Mög-lichkeit zur Abgabe von Arbeitsproben erleichtern.
- Wir wollen gemeinsam mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften Aus-, Fort-und Weiterbildungsprogramme schaffen, die zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt geeignet sind.
Haushalt und Finanzen
Kommunalfinanzen sicherstellen und transparent machen
Nach dem Motto „Wer bestellt, muss auch bezahlen!” ordnet das Konnexitätsausführungs- gesetz NRW richtigerweise die Finanzierung staatlicher Aufgaben den beauftragenden, und nicht den zur Ausführung verpflichteten Ebenen zu. Leider gilt dieses Gesetz erst seit Mitte 2004.
Wir meinen, dass alle Gesetze und Regelungen, die vom Bund oder dem Land NRW getroffen und zur Ausführung an die Kommunen übergeben worden sind, auskömmlich finanziert sein müssen. Daher streben wir an, auch Aufgaben, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes beschlossen worden sind, nach und nach diesen Regelungen zu unterwerfen. Beginnen wol- len wir mit den Sozialkosten (beschlossen auf Bundesebene, ausgeführt auf kommunaler Ebene).
Parallel dazu müssen entsprechende Korrekturen am Gemeindefinanzierungsgesetz NRW vorgenommen werden. Dies stärkt die Aufgaben-/Finanzierungsbindung sowie die Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns.
Mehr Qualität bei Betriebsprüfungen durch Finanzämter
Laut Betriebsprüfungsstatistik des Bundesfinanzministeriums von 2012 wurden 2,3 % der Betriebe durch 13.721 Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer geprüft. Dies bedeutet, dass die ca. 8,6 Millionen deutschen Unternehmen nur alle 43 Jahre geprüft werden. Jeder Be- triebsprüfer hat ein Mehrergebnis von rund 1,43 Millionen Euro erzielt, was insgesamt Mehr- einnahmen für den Staat von 19 Milliarden Euro entspricht.
In NRW als größtem Bundesland gibt es die meisten Unternehmen – durch eine Erhöhung der Anzahl von qualifizierten Betriebsprüfern, sind erhebliche Mehreinnahmen für NRW zu er- warten.
Wir wollen, dass durch die Finanzämter mehr Betriebsprüfungen bei steuerlich relevanten Unternehmen durchgeführt werden. Gegebenenfalls müssen mehr qualifizierte Betriebsprü- fer eingestellt werden.
Verbundquote erhöhen
Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben nur wenige Möglichkeiten, selbstbestimmt Ein- nahmen zu erwirtschaften. Trotzdem schultern sie vielfältige Aufgaben. Viele Kommunen leben daher mit immer weiter wachsenden Schulden, statt solide haushalten zu können. Daher streben wir an, die Kommunen durch die Erhöhung des Prozentanteils, den das Land aus seinem Steueraufkommen für den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung stellt („Verbundquote”), um jährlich 1 % bis zur Höhe von insgesamt 28 % (bis 2023) zu stärken.
Grunderwerbsteuer reduzieren!
Die Grunderwerbsteuer wurde von der rot-grünen Regierung, trotz aller Bedenken der Ex- perten, zum 01.01.2015 auf 6,5 % erhöht. Gleichzeitig wollte die Regierung den sogenann- ten „steueroptimierten Erwerb” mit Teilkäufen und zwischengeschalteten Steuersparmo- dellen verhindern. Diesen Lippenbekenntnissen sind allerdings keine Taten gefolgt.
Wir halten die Erhöhung für unsozial. Sie belastet nur den „kleinen Häuslebauer” und vor allem junge Familien. Immobilienunternehmer und Besitzer großer Immobilienvermögen da- gegen kommen ungeschoren davon.
Wir setzen uns daher für eine Rückführung der NRW-Grunderwerbsteuer um 1,5 % auf 5,0 % ein.
Wertung von Geboten in öffentlichen Vergabeverfahren
Wir setzen uns dafür ein, bei Vergaben öffentlicher Aufträge verbindliche Kriterien einzufüh- ren, um Aspekte des Umweltschutzes, der Energieeffizienz sowie soziale, innovative, gleich- stellungs-, integrationspolitische und ausbildungsfördernde Aspekte stärker zu berücksich- tigen.
Bargeld – Freiheit – Privatsphäre – Punkt!
Die EU-Kommission prüft eine europaweite Begrenzung des Bargeldverkehrs und will damit Schwarzarbeit, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen. In Fachkreisen hat sich allerdings praktisch erwiesen, dass eine Bargeldobergrenze keine Effekte in diese Rich- tung erzielt.
Daher lehnen wir jede Bargeldobergrenze ab.
Innenpolitik, Kommunales und Recht
Abschaffung aller Sperrklauseln
Sperrklauseln entwerten die Stimme der Wähler, welche in einer repräsentativen Demokratie das höchste Gut sind. Jede Stimme zählt und muss den Willen der Bürgerinnen und Bürger repräsentieren. Daher streben wir die Abschaffung aller Sperrklauseln auf allen politischen Ebenen an.
Individualverfassungsbeschwerde auf Landesebene ermöglichen
Wir setzen uns für die Möglichkeit einer umfassenden Individualverfassungsbeschwerde auf Landesebene ein. Auch im Land Nordrhein-Westfalen muss es jedem Menschen möglich sein, seine in der Landesverfassung verbrieften Rechte direkt im Lande einzuklagen. Dazu muss das Land NRW hier seinen föderalen Pflichten nachkommen und dem Subsidiaritäts- prinzip treu bleiben.
Mehr Einwohnerbeteiligung in die Landesverfassung
Wir setzen uns dafür ein,
- das Wahlalter für das aktive und passive Wahlrecht bei Landtagswahlen zu senken,
- das aktive und passive Wahlrecht für alle Einwohner und Einwohnerinnen, die in NRWleben, zu ermöglichen,
- Volksinitiativen zu stärken und Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide zusenken und
- politische Partizipationsmöglichkeiten von Einwohnern und Einwohnerinnen auf Lan-des-, regionaler und kommunaler Ebene zu erhöhen.
Senkung von Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide für stadtbezirksbezogene Sachverhalte in Kreisstädten
Wir setzen uns dafür ein, dass die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide so ge- senkt oder angepasst werden, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Interessen leichter für stadtbezirksbezogene Sachverhalte in Kreisstädten einbringen und durchsetzen können.
Abschaffung des Bürokratieabbaugesetz II (NRW)
Wir fordern die sofortige Abschaffung des Zweiten Gesetzes zum Bürokratieabbau (Bürokra- tieabbaugesetz II).
Neufassung der §§ 35 – 39 GO (Gemeindeordnung) NRW.
Wir fordern die Neufassung der §§ 35 – 39 GO (Gemeindeordnung) NRW. Die Bedeutung der Stadtbezirke in kreisfreien und kreisangehörigen Städten und Gemeinden soll deutlich ge- stärkt werden.
Rechte von Einzelrats-, Einzelkreistagsmitgliedern und Gruppen in Räten und Kreistagen stärken
Die Rechte von Einzelrats- und Einzelkreistagsmitgliedern sowie von Gruppen in Räten und Kreistagen werden immer weiter beschnitten.
Daher setzen wir uns dafür ein, die Gemeindeordnung und die Kreisordnung NRW so anzu- passen, dass Bürgermeister und Landräte verpflichtet werden, Anträge dieser kommunalpo- litisch aktiven Bürgerinnen und Bürger auf die Tagesordnung zu nehmen und ihnen alle In- formationen zukommen lassen zu müssen, die auch den Fraktionen zustehen.
Darüber hinaus müssen Einzelrats- und Einzelkreistagsmitglieder sowie Gruppen in Räten und Kreistagen einen verbindlichen, kostenlosen Anspruch auf die Nutzung von Räumlich- keiten für Bürgersprechstunden und sonstige Veranstaltungen bekommen, die für die Rats- oder Kreistagsarbeit unerlässlich sind.
Datenschutzbeauftragte stärken durch mehr Personal und mehr Kompetenzen, für eine bessere Kontrolle des Daten- schutzes
Nicht nur der digitale Wandel selbst, sondern auch die Gesetzgeber im Bund und Land über- tragen den Bundes- und Landesbeauftragten für Datenschutz stetig mehr Aufgaben. Die Anforderungen an die Beauftragten steigen damit schnell, während die personelle und mo- netäre Ausstattung dabei nur unregelmäßig, wenn überhaupt, erhöht wird. Wir treten dafür ein, dass die Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ausreichend und gut geschulte Mitarbeiter für ihre Arbeitsanforderungen zur Seite gestellt bekommen. Wir for- dern, dass die Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit die Möglichkeit erhal- ten, ihre regelmäßigen Berichte im Plenum des Landtags vorzustellen. Außerdem sollen die Beauftragten stärker in die Gesetzgebungsprozesse involviert werden, u.a. dadurch, dass, bei datenschutzrelevanten Themen, ihre Stellungnahme integraler Bestandteil der Gesetz- gebungsprozesse ist.
NRW als Heimathafen für Whistleblower
Wir fordern den gesetzlichen Schutz von Personen, die für die Allgemeinheit wichtige Infor- mationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit brin- gen (Whistleblowing).
Wir streben die Einrichtung von unabhängigen Meldestellen an. Diese Meldestellen bieten die Möglichkeit zur anonymen Weitergabe der Informationen.
Wir werden uns für eine Erweiterung der Pressefreiheit im Internet einsetzen. Dies soll dem Schutz der Produktion und Weitergabe von Onlineveröffentlichungen dienen.
Wir wehren uns auch gegen den Versuch, die Weitergabe von geleakten Daten als „Daten- hehlerei“ unter Strafe zu stellen. Wir sehen darin einen Abschreckungsversuch für potenzi- elle Whistleblower, kritische Netzplattformen und investigative Journalisten.
Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe „Bestrebungen gegen die freiheit- lich-demokratische Grundordnung“ zu überwachen. Hierfür werden allgemein zugängliche Quellen ausgewertet, aber auch nachrichtendienstliche Methoden, wie verdeckte Ermittlun- gen und die Überwachung von Post und Telekommunikation, angewandt. Diese Grund- rechtseingriffe entziehen sich jedoch im Wesentlichen den demokratischen Geboten von Transparenz, parlamentarischer und öffentlicher Kontrolle. Wir fordern deshalb die Abschaf- fung des Landesamtes für Verfassungsschutz und den gleichzeitigen Aufbau einer neuen Behörde, welche die Aufgaben des bisherigen Landesamtes übernimmt. Die Methoden die- ser Behörde müssen sich an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientieren, die sie schützen soll. Eingriffe in verfassungsrechtlich garantierte Grund- und Bürgerrechte sind ihr nicht erlaubt.
Mit der Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz als langfristiges Ziel setzen wir uns bis dahin für alle Maßnahmen und Reformen ein, die geeignet sind, die Kontrolle über den bestehenden Dienst zu verbessern, unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe des Am- tes zu unterbinden oder abzuschwächen und die öffentliche Diskussion über Sinn und Auf- gabe von Geheimdiensten voranzubringen. Auf dem Weg zur Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz fordern wir folgende Sofortmaßnahmen zur Stärkung der Kontrolle:
- Informationspflicht (Überwachte nach der Maßnahme informieren)
- Veröffentlichungspflicht der Unterlagen des parlamentarischen Kontrollgremiumsnach 10 Jahren
- Regelmäßige öffentliche Berichterstattung über durchgeführte Maßnahmen
- Wirksame Richtervorbehalte und volle Kontrolle durch die Gerichte
- Klarstellung der Zuständigkeit des Datenschutzbeauftragten
- Das Recht für Mitarbeiter, sich bei Beanstandungen auch an die Öffentlichkeit wen-den zu dürfen
- Grundsätzlich öffentliche Sitzungen der parlamentarischen Kontrollgremien
- Stärkung von Befugnissen und Personal der parlamentarischen Kontrollgremien
Für ein nordrhein-westfälisches Versammlungsgesetz Poli-zei stärken, Justiz entlasten!
Seit der Föderalismusreform 2006 haben die Bundesländer die Möglichkeit, ein eigenes Ver- sammlungsgesetz zu erlassen, welches das Bundesversammlungsgesetz ablöst. Wir wollen diese Möglichkeit nutzen, um die freie Ausübung der demokratischen Rechte und die Sicher- heit der Polizei in NRW zu stärken sowie die Justiz zu entlasten.Sitzblockaden und Verstöße gegen das Vermummungsverbot stellen einen Großteil der im Zusammenhang mit Demonstrationen festgestellten Straftaten dar. Straftaten zwingen die Polizei zum Handeln, unabhängig davon, wie schwerwiegend diese sind (Legalitätsprinzip). Nach dem Vorbild anderer Versammlungsgesetze kann hier die Polizei und Justiz dadurch entlastet werden, dass Verstöße gegen das Vermummungsverbot und die Teilnahme an Sitzblockaden künftig als Ordnungswidrigkeit gewertet werden (Opportunitätsprinzip). Sitzblockaden stellen bis ins bürgerliche Spektrum hinein ein legitimes Mittel des Gegenpro- tests insbesondere gegen rechte Aufmärsche und Versammlungen dar. Friedliche Blockaden müssen möglich sein, ohne sich strafbar zu machen. Die Teilnahme an Blockaden soll daher zukünftig keine Straftat darstellen, sondern legal möglich sein. Auch der Schutz der eigenen Identität, soweit er nicht zur Durchführung von Straftaten dient, muss gewahrt werden.
Mobiltelefonortung
Wir setzen uns für eine strikte Einschränkung von Funkzellenabfragen ein. Eine Funkzellen- abfrage soll weiterhin einem konsequenten Richtervorbehalt unterliegen. Nach einer sol- chen Maßnahme sind alle betroffenen Menschen zu informieren und in barrierefreier, ver- ständlicher Sprache über den Sachverhalt, den Hintergrund und die rechtlichen Möglichkei- ten, auch zur Löschung zu informieren.
Alle erfassten Daten müssen nach 6 Wochen, jedoch spätestens nach Abschluss des Verfah- rens gelöscht werden. Eine Verknüpfung und Speicherung im Zusammenhang mit anderen Datenbänken, z.B. Fanerfassungen aller Art werden untersagt.
Für Stille SMS, Mobiltelefonortung und andere Überwachungsmaßnahmen wollen wir zu- sätzlich zu den zuvor genannten Einschränkungen die Einführung des Richtervorbehalts.
Staatstrojaner
Wir streben ein vollständiges Verbot von Staatstrojanern und aller unter diesem Begriff und zu den gleichen Zielen entwickelter Werkzeuge an.
Predictive Policing
Predictive Policing bezeichnet eine Möglichkeit Verbrechen anhand von Statistiken und an- deren Informationen vor deren Eintreten vorherzusagen. Diese Methoden weisen ein nicht zu vernachlässigendes Fehlerrisiko auf und eine Aussage zu den Erfolgen ist derzeit noch schwer.
Grundlage für die Statistiken und anderen Informationsquellen sind Daten, die zuvor gesam- melt wurden. Das steht nach unserer Auffassung im Widerspruch zu unserer Forderung zur Datensparsamkeit. Wir sehen diese Art der Polizeiarbeit daher kritisch. Wir setzen uns dafür ein, dass die Datenschutzbeauftragte des Landes die stattfindenden Programme überwacht und regelmäßig öffentlich über die Programme berichtet.
Automatische Kennzeichenerfassung
Wir setzen uns für eine strikte Einschränkung von automatischer Kennzeichenerfassung und ähnlichen Technologien ein, die zur Erfassung von Standortdaten von Fahrzeugen dienen. Dazu zählen z.B. auch die in automatischen Notrufsystemen integrierten SIM Karten.
Selbstauskunft vereinfachen
Wir setzen uns dafür ein, die Auskunftsansprüche zu den eigenen Daten zu stärken und den Zugang z.B. über eine Onlineplattform zu vereinfachen. Die Beantragung und der Erhalt der Auskunft soll grundsätzlich kostenlos sein.
Transparenzgesetz für NRW
Wir unterstützen die Schaffung transparenter Strukturen, um das Vertrauen in Politik und Verwaltung zu stärken. Grundsätzlich soll das Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger hin zu einer Informationspflicht der Verwaltung entwickelt werden. Deshalb wollen wir ein Transparenzgesetz für Nordrhein-Westfalen einführen. Dabei wollen wir Transparenz um- fassend verstanden wissen und grundsätzlich alle Dokumente der Verwaltung öffentlich zu- gänglich machen, sofern nicht Gründe des Datenschutzes, der öffentlichen Sicherheit oder finanzielle Interessen des Landes dagegensprechen. Das Wissen und die Informationen sol- len der gesamten Gesellschaft zugutekommen; zudem wollen wir auch dafür sorgen, dass öffentliche Daten weiter genutzt und verarbeitet werden können. Um Innovationen, Journa- lismus und bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen, wollen wir die Bereitstellung von öffentlichen Informationen als OpenData nach den „Open Data Principles” im Transpa- renzgesetz festschreiben. Langfristig wollen wir damit unter anderem eine Entlastung der öffentlichen Verwaltung erreichen, da interne Informations- und Berichtsabfragen innerhalb der Verwaltung automatisiert werden können. Die Prinzipien von Open Data sollen ebenfalls an dieser Stelle eingehalten werden. Das Transparenzgesetz soll sich auch auf öffentliche Unternehmen und Beteiligungen erstrecken. Die Informationsfreiheit darf nicht durch ver- schachtelte Unternehmensbeteiligung umgangen werden.
Der Polizeibeauftragte des Landtages
In Analogie zum Wehrbeauftragten des Bundestages, der die, für die Bundeswehr erforder- liche Transparenz herstellen soll, halten wir die Einrichtung eines Beauftragten des Landtags für die Polizeibehörden des Landes für überfällig. Der Polizeibeauftragte soll die Grundrechte schützen, den Landtag bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle über das Polizei- wesen des Landes unterstützen sowie als Eingabe- und Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizeibedienstete dienen. Interne polizeiliche Probleme soll dieser Beauf- tragte genauso untersuchen wie diejenigen, die durch das Handeln der Polizei auftreten kön- nen (zum Beispiel unzulässige Polizeigewalt). Als unabhängiger parlamentarischer An- sprechpartner für die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger soll er aufklären und vermitteln. Er nimmt polizeiexterne und polizeiinterne Beschwerden entgegen und geht ihnen auf den Grund. Einmal jährlich legt der Polizeibeauftragte dem Landtag einen Tätigkeitsbericht vor, in dem er insbesondere auf das Verhältnis der Menschen zu ihrer Polizei und umgekehrt ein- geht. Der Polizeibeauftragte kann mit Einwilligung des Beschwerdeführers oder des von der polizeilichen Maßnahme Betroffenen einen Vorgang der, für die Einleitung des Straf- oder Disziplinarverfahrens, zuständigen Stelle zuleiten. Im Rahmen seiner festgelegten Aufgaben hat der Polizeibeauftragte Ermittlungsbefugnisse, die denen entsprechen, die für einen par- lamentarischen Untersuchungsausschuss vorgesehen sind. Der Polizeibeauftragte ist, ent- sprechend der Regelungen zum Wehrbeauftragten, zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Identifikationsmerkmal für uniformierte Polizisten
Wir erkennen an, dass die tägliche Polizeiarbeit, also vor allem die Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen, ohne die Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmitteln in vielen Situationen unmöglich wäre. Auch angemessene körperliche Gewalt stellt ein grundsätzlich legitimes und erforderliches Zwangsmittel dar. Jedoch hat gerade die Polizei als Träger des staatlichen Gewaltmonopols eine besondere Verantwortung, der sie leider nicht immer gerecht wird. Immer wieder gibt es Presseberichte von rechtswidrigen Übergriffen der Polizei auf Bürge- rinnen und Bürger. Häufig jedoch haben diese dabei nicht einmal die Möglichkeit, den Namen der Beamtin oder des Beamten zu erfahren, da diese ihn, trotz einer bestehenden Pflicht, nicht preisgeben. Bürgerinnen und Bürger haben in diesem Moment keine Handhabe, Poli- zistinnen oder Polizisten zur Preisgabe zu zwingen. Aus diesem Grund fordern wir die Einfüh- rung eines, jederzeit deutlich erkennbaren, individuellen und für die Ermittlungsbehörde nachvollziehbaren, Identifikationsmerkmals für alle Polizeibeamten. Ein solches Merkmal stellt den Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürgers sicher. Es wahrt aber auch das Persönlichkeitsrecht der Beamten, da auf direktem Wege keine Rückschlüsse auf die Person möglich sind.
Transparenz im Strafverfahren
Wir wollen uns für eine stärkere Transparenz und bessere Dokumentation in Strafverfahren einsetzen. So wollen wir, dass Vernehmungen durch die Polizei grundsätzlich in Ton und Bild für die spätere Verwendung vor Gericht aufgezeichnet werden. Auf diese Weise soll für Ge- richte nachvollziehbar sein, auf welche Weise Aussagen oder Geständnisse von Beschuldig- ten zustande gekommen sind. Auch die Zunahme von Beweismitteln aus digitalen Quellen fordert eine Anpassung der Regeln zum Umgang mit Beweisen. Aufgrund der Flüchtigkeit und Veränderbarkeit digitaler Speichermedien wollen wir eine lückenlose und beweisbar si- chere Dokumentation der digitalen Spuren einführen.
FLOSS im öffentlichen Dienst
In ausnahmslos allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in NRW werden jedes Jahr Kosten für die Lizenzierung proprietärer Software fällig. Das betrifft die kommunalen Verwaltungen der Gemeinden, Städte und Landkreise, die beiden Landschaftsverbände und auch die Lan- desbehörden. Wir wollen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur nachhaltiger und si- cherer gestalten. Durch die verpflichtende Einführung von freien Formaten für Daten und Dokumente der Landesverwaltung wollen wir die strukturelle Abhängigkeit des Landes von einzelnen Softwareherstellern beenden und faire, öffentliche Ausschreibungen ermögli- chen.
Transparente und offene Beschaffungen
Wir wollen öffentliche Ausschreibungen und Beschaffungen transparenter und offener ge- stalten, um den Wettbewerb zu stärken und auch kleinen und mittelständischen Unterneh- men die Teilnahme zu ermöglichen. Dazu möchten wir, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich an der „Open Contracting Partnership-Initiative” aktiv beteiligt und gemeinsam mit an- deren Ländern standardisierte Best Practices entwickelt und übernimmt.
Trennung von Staat und Religion
Wir setzen uns für eine moderne, pluralistische und freie Gesellschaft ein. Wir fordern die konsequente Trennung von Staat und Religion, und die strikte Neutralität des Staates ge- genüber den verschiedenen Weltanschauungen und Religionen. Religionsfreiheit ist nicht nur die Freiheit, die eigene Religion selbst zu wählen und auszuüben, sondern auch frei von religiöser Bevormundung eines Glaubens zu leben.
Weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates
Wir fordern die Streichung jeglicher Gottesbezüge in der Verfassung, den Gesetzen und Ver- ordnungen des Landes. Religiöse Symbole sollen aus allen staatlichen Einrichtungen ent- fernt und staatliche Gebäude nicht weiter eingesegnet werden. Ebenso sind religiöse Hand- lungen bei staatlichen Veranstaltungen zu unterlassen. Eidesformeln sind grundsätzlich neutral zu fassen. Wir setzen uns für die Änderung der Feiertagsgesetze ein: Religiöse Son- derrechte sollen aus diesen herausgestrichen werden.
Neutrale soziale Einrichtungen fördern
Der religiöse Bevölkerungsanteil in NRW nimmt immer weiter ab. Wir fordern daher sicher- zustellen, dass für jeden Menschen in NRW eine öffentliche, d.h. nicht konfessionell gebun- dene Schule bzw. Kindergärten, Krankenhäuser und Seniorenheime in nicht kirchlicher Trä- gerschaft in zumutbarer Entfernung liegt.
Staatsverträge
Bestehende Konkordate, Staatskirchenverträge und entsprechende Staatsverträge mit Re- ligions- oder Weltanschauungsgemeinschaften auf Landesebene von Nordrhein-Westfalen sind abzulösen, wenn sie eine Gefährdung der weltanschaulichen Neutralität des Staates darstellen. Besondere Regelungen zum kirchlichen Arbeitsrecht sollen abgeschafft werden. Auch sprechen wir uns für das Ende des Kirchensteuereinzugs durch staatliche Behörden aus, selbst wenn dem Staat dadurch marginale Einnahmen entgehen. Die Kirchen können und sollen die von ihnen festgelegten Steuern auch selber einkassieren.
Finanzierung und Subventionen
Wir sprechen uns für eine zeitnahe Abschaffung aller Staatsleistungen an die Religionsge- sellschaften aus. Wie vom Grundgesetz gefordert, soll die Ablösung mit einem Landesgesetz durchgeführt werden. Nordrhein-Westfalen soll sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass alle Länder und der Bund eine gemeinsame Kommission unter Hinzuziehung aller Beteiligten ein- richten, die den Wert der verstaatlichten, kirchlichen Besitztümer und der bisher ausgezahl- ten Entschädigungsleistungen an die beiden Kirchen ermittelt und einen Vorschlag für eine abschließende Entschädigungszahlung erarbeiten soll.
Keine Bezuschussung von Kirchentagen durch das Land NRW
Wir fordern vom Land NRW, künftig von jeglicher Bezuschussung von Kirchentagen und ähn- lichen konfessionellen Großveranstaltungen Abstand zu nehmen.
Abschaffung der Kirchenaustrittsgebühr
Wir sprechen uns für die Abschaffung der von CDU & FDP im Jahr 2006 eingeführten Kir- chenaustrittsgebühr aus. Wie bei Kircheneintritten sollen die, dem Staat entstehenden, Kos- ten durch die Kirchen erstattet werden.
Datenschutz
Wir wollen erreichen, dass die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsge- meinschaft von staatlichen Stellen nicht erfragt und nicht registriert werden darf.
Gleichbehandlung der Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften mit anderen Organisationen
Wir wollen den Sonderstatus von Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als Kör- perschaft öffentlichen Rechts beenden und diese stattdessen nach dem allgemeinen Ver- einsrecht behandeln. Das Kirchenrecht darf in der Rechtsprechung nur in dem Rahmen be- rücksichtigt werden, in dem auch Satzungen von Vereinen berücksichtigt werden. Gesetze, die einem besonderen Schutz von Glaubensgemeinschaften dienen und somit eine Gleich- berechtigung verhindern, wollen wir abschaffen. Da keine Staatskirche existiert, setzen wir uns dafür ein, Religionsgemeinschaften in staatlichen wie auch internationalen Gremien konsequent als NGO einzustufen.
Staatliche Forschung und Lehre
Forschung und Lehre müssen rational, ergebnisoffen und undogmatisch betrieben werden. In staatlichen Einrichtungen sollen religiöse Lehren nur unter wissenschaftlichen Gesichts- punkten gelehrt und erforscht werden. Theologische Fakultäten in staatlichen Hochschulen und Universitäten wollen wir abschaffen.
Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen
In allen kirchlichen Einrichtungen müssen die Betriebsverfassungsgesetze, die Personalver- tretungsgesetze und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in vollem Umfang An- wendung finden. Insbesondere dürfen die Rechte der nicht verkündungsnahen Beschäftig- ten in diesen Einrichtungen nicht beschnitten werden. Die Zugehörigkeit oder Nichtzugehö- rigkeit zu einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft oder die private Lebensfüh- rung des Einzelnen darf kein Diskriminierungsgrund und kein Entlassungsgrund sein für Be- schäftigte, die keine Tendenzträger sind.
Seelsorge und Missionierung
Die Religionsgemeinschaften müssen Missionierung und Seelsorge ausschließlich aus Eigen- mitteln bestreiten. Insbesondere fordern wir, die staatliche Finanzierung der JVA- und Poli- zeiseelsorge einzustellen und den weltanschaulich neutralen polizeipsychologischen Dienst zu stärken.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Wir fordern, dass Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Rundfunkräten ge- nauso behandelt werden, wie andere gesellschaftlich relevante Gruppen. Außerhalb der Werbeblöcke darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht zur Missionierung benutzt wer- den.
Abschaffung des Tanzverbotes in NRW
Das Tanzverbot in NRW ist veraltet. Wir treten für eine Trennung von Staat und Kirche ein und damit auch für die Abschaffung des Tanzverbotes an den sogenannten stillen Feierta- gen. Es ist nicht Sache des Staates über die Einhaltung von religiösen Riten zu wachen. Auch helfen solche Verbote nicht, die gegenseitige Rücksicht unter den Menschen zu fördern, son- dern schaffen eher Unbehagen und Missmut.
Videoüberwachung
Keine Videoüberwachung von Demonstrationen
Die Teilnahme an einer Demonstration ist ein durch das Grundgesetz geschütztes Mittel, um eine politische Meinung zu äußern. Die bloße Teilnahme rechtfertigt es keinesfalls, De- monstranten unter den Verdacht zu stellen, einen Gesetzesbruch begehen zu wollen. Daher lehnen wir ausdrücklich den allgemeinen und präventiven Einsatz von Überwachungskame- ras während Demonstrationen ab. Eine Videobeobachtung sollte nur im konkreten Einzelfall zulässig sein, um Straftaten zu dokumentieren. Im Übrigen ist der Einsatz von Überwa- chungskameras gegenüber friedlich demonstrierenden Bürgerinnen und Bürgern abzu- lehnen.
Keine flächendeckende Videoüberwachung in Bussen und Bahnen
Videoüberwachung im öffentlichen Personenverkehr darf nicht zum Standard werden. Sich in Stadt und Land mit öffentlichen Verkehrsmitteln frei bewegen zu können, ist wichtig für die Wahrnehmung von Freiheit und Selbstbestimmtheit. Die ständige Präsenz von Kameras erzeugt dagegen schnell das Gefühl, ständig beobachtet zu werden. Menschen sollen Busse und Bahnen ohne Angst vor Überwachung nutzen können.
Videoüberwachung Grenzen setzen – Besondere Eigenschaften kontrollieren und dokumentieren
Zum Schutz der Grund- und Freiheitsrechte der Menschen in Deutschland sollen technische Eigenschaften von Videoüberwachungsanlagen kontrolliert und eingeschränkt werden kön- nen.
Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen soll grundsätzlich genehmigungs- pflichtig werden. Alle Eigenschaften der Anlage sind im Genehmigungsverfahren zu doku- mentieren und transparent zu machen. Am Einsatzort soll auf Hinweisschildern auf beson- dere Eigenschaften hingewiesen werden.
Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie
Digitale Gesellschaft
Das Netz bietet die Möglichkeiten
Wir setzen uns für einen freien Zugang zu Wissen und digitalen Informationen ein. Das Inter- net bietet Gestaltungsmöglichkeiten und Teilhabe, sowie eine stärkere, direkte soziale Ver- netzung für jeden; räumlich, zeitlich und kulturell unabhängig. Der Zugang zum Netz ist je- doch von technischen und finanziellen Voraussetzungen abhängig, sodass keine flächende- ckende Beteiligung der Menschen am kulturellen Austausch und Wissen der Gesellschaft ge- währleistet ist.
Wir sehen es im Rahmen der Daseinsfürsorge als eine essenzielle Aufgabe des Landes Nord- rhein-Westfalen an, ein niederschwelliges Angebot an Internetzugangsmöglichkeiten zu verwirklichen und zu fördern. Zugang zum Internet ist im 21. Jahrhundert entscheidend für die Teilhabe des Einzelnen an der Gesellschaft und deren Mitgestaltung.
Digitale Infrastruktur
Sowohl auf Landesebene als auch im Bundesrat werden wir uns dafür einsetzen, dass die zur Verfügung stehende technische Infrastruktur ausgebaut wird, um die Nutzung des Internets zu verbessern und allen Menschen ausreichend schnelle Zugänge zu ermöglichen. Dabei streben wir den Ausbau von nachhaltiger Infrastruktur, wie Glasfaser und eine Erweiterung des Funkfrequenzsprektrums, an. Eine finanzielle Förderung und den Ausbau von Brücken- technologien im alten Telefonnetz und Kabelnetz lehnen wir ab, da diese nur eine kurzfristige und unverhältnismäßig teure Steigerung für Übertragungsraten bieten, diese aber keine stabile, nachhaltige und zukunftsorientierte Infrastruktur gewährleisten. Wir setzen uns für eine Teilöffnung des Frequenzspektrums im UKW-Bereich sowie bei der Millimeterwelle ein, um damit dem steigenden Bedarf an Bandbreite in abgelegenen oder in Ballungsgebieten gerecht zu werden. Eine Teilnutzung von freien Funkfrequenzbändern durch LTE lehnen wir ab, denn die dadurch entstehenden Nachteile für die aktuelle Infrastruktur stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Netzneutralität
Wir setzen uns für eine gesetzliche Festschreibung des neutralen Charakters der Daten- durchleitung im Internet ein (Prinzip der Netzneutralität), um Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit zu sichern und die Innovationsfähigkeit des Netzes zu erhalten. Die Netz- neutralität muss bedingungslos ermöglicht werden!
Unsere Definition von freiem Zugang zu Datennetzen
Das Internet ist ein wichtiges Mittel, das den Menschen die gesellschaftliche Teilhabe ermög- licht. Wir setzen uns dafür ein, den freien Zugang zum Internet und seinen Inhalten auch weiterhin zu gewährleisten. Beschränkungen sowohl auf Anbieterseite (zum Beispiel Inter- netsperren) als auch auf Anwenderseite (zum Beispiel Three Strikes) müssen auch auf Lan- desebene verhindert werden.
Unter freien Zugängen zu Datennetzen verstehen wir:
- keine Volumen- oder Zeitbegrenzungen
- keine Kosten für Nutzerinnen und Nutzer
- keine Manipulation des Datenverkehrs und Inhalts durch den Zugangsbetreiber
- keine Deep Packet Inspection, das Verändern der Payload von IP-Paketen
- kein Verstoß gegen die Netzneutralität,
- keine vor- oder zwischengeschaltete Werbemaßnahmen, welche nicht zum regulären Inhaltgehören.
Darüber hinaus ist der Zugang möglichst barrierefrei zu gestalten. Aus diesem Grund lehnen wir Zugangskontrollen ab.
Bereitstellung von Internetzugängen durch das Land Nordrhein-West-falen
Wir werden darüber hinaus dafür sorgen, dass in Verantwortung des Landes Nordrhein- Westfalen in allen öffentlichen Einrichtungen flächendeckend mittels WLAN ein freier Inter- netzugang angeboten wird. Mit diesen Zugängen werden nicht nur die Informationsmöglich- keiten im öffentlichen Bereich verbessert, sie leisten auch einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Nordrhein-Westfalens als Bildungs-, Wissenschafts- und Wirtschafts- standort. Über die Bereitstellung hinaus ist die Vernetzung der Zugangspunkte untereinan- der umzusetzen und nach Möglichkeit in örtliche Freifunknetze einzubinden, um die Interak- tion, den Wissens-, Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Menschen zu ermög- lichen.
Freies Internet im ÖPNV
Wir setzen uns dafür ein, dass im ÖPNV in NRW ein stabiler und schneller Internetzugang für die Fahrgäste kostenfrei und ohne Erfassung von personenbezogenen Daten zur Verfügung gestellt wird. Das Zwischenspeichern von unverschlüsselten Daten auf sogenannten Proxys ist nur zur Qualitätssicherung in Ausnahmefällen gestattet. Deep Packet Inspection, das Ver- ändern von IP-Paketen und der Verstoß gegen die Netzneutralität ist grundsätzlich unter- sagt. Vor- oder zwischengeschaltete Werbemaßnahmen, welche nicht zum regulären Inhalt der Webseite gehören, sind nicht gestattet.
Aufbau von Freifunknetzen
Wir werden den Aufbau von Freifunknetzen in Nordrhein-Westfalen weiterhin unterstützen. Das auf der WLAN-Technologie basierende Netz ist, unabhängig von jeglicher Kontrolle und Zensur, zeitlich unbegrenzt verfügbar. Freifunknetze sind in der Nutzung kostenfrei und er- möglichen daher auch sozial benachteiligten Menschen die Teilnahme am Netz. Wir werden Freifunknetze im Sinne der dezentralen Infrastruktur in Nutzerhand fördern. Hierzu ist die unentgeltliche Bereitstellung geeigneter Dachflächen zur Vernetzung bestehender Zu- gangspunkte erforderlich, sowie die unentgeltliche Bereitstellung des Betriebsstroms. Sei- tens des Landes sind Dachflächen öffentlicher Gebäude bei Eignung bereitzustellen und die Erweiterung der Dachflächennutzung durch Förderangebote zu unterstützen. Wir werden im Landtag eine enge Zusammenarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen mit Freifunkinitiativen anstreben.
Förderung und Ausbau des Freifunks in NRW
Wir haben uns erfolgreich im Landtag für die staatliche Anerkennung und Unterstützung des Freifunks eingesetzt. Jetzt sehen wir unsere Aufgabe darin, die Abschaffung der Störerhaf- tung zu begleiten und etwaige „Sicherheitsmaßnahmen“ wie Passwortschutz und andere unsinnige Kontrollmechanismen zu verhindern. Gleichzeitig wollen wir eine starke Unterstützung des Landes für die Erforschung der Frei- funk-Technologien und der Weiterentwicklung des Netzes.
Datennetze in Bürgerhand
Wir setzen uns für eine Trennung von Netzbetreiber und Zugangsanbieter bei Datennetzen ein. Wir fordern, dass alle Netzbetreiber jedem Zugangsanbieter den Zugang zu ihren Kun- den zu den gleichen Konditionen anbieten müssen.
Langfristig setzen wir auf dezentrale Anbieter, insbesondere auf nicht gewinnorientierte. Netze, die von Menschen vor Ort, beispielsweise als Genossenschaft betrieben werden, kön- nen besser an die Bedürfnisse der ansässigen Bürgerinnen und Bürger angepasst werden und sich ohne zentrale Koordination miteinander verbinden. Dies entspricht unserem Bild von einem demokratisch organisierten Internet.
Förderung von freier Open Source Software
Software ist in unserem Leben und der Gesellschaft fest verankert. Freie Software gibt Men- schen das Recht, Programme zu verbessern, zu verbreiten und sie geräteunabhängig zu ver- wenden. Diese Möglichkeiten stellen sicher, dass wir unsere grundlegenden Freiheitsrechte, wie die Presse- oder Redefreiheit, wahrnehmen können.
Den Einsatz und die Entwicklung von freier Software in der Verwaltung wollen wir aktiv för- dern. Eine durch das Land entwickelte oder im Auftrag entwickelte Software sollte immer unter einer freien Lizenz der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus muss der Quellcode, der bei Änderungen an freier Open Source Software durch das Land NRW entsteht, wieder in die Projekte eingebracht werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass jegliche durch das Land NRW genutzte, freie Open Source Software finanziell unterstützt wird. Des Weiteren setzen wir uns dafür ein, dass das Land NRW einen Fördertopf zur allgemeinen Unterstützung freier Open Source Software aufbaut.
Grundlagenforschung für zukunftsfähige Verschlüsselungsverfahren massiv fördern
Die Hardwareentwicklung schreitet unaufhaltsam fort. Um die Datensicherheit in Zukunft gewährleisten zu können, benötigen wir neue und leistungsfähigere Verschlüsselungsver- fahren, die der Rechenleistung neuer Architekturen und Technologien wie TPUs (Tensor-Pro- cessing-Units) und Quantencomputern standhalten. NRW besitzt bereits hervorragende und international anerkannte Institute, an denen zu neuen innovativen Verschlüsselungsverfah- ren geforscht wird. Daher setzen wir uns für eine massive Förderung der Grundlagenfor- schung auf dem Gebiet der Verschlüsselungsverfahren und insbesondere der Postquanten- kryptografie ein.
Forschungscluster Transformationsforschung einrichten und fördern
Die aktuell in den ökonomischen Wissenschaften vorherrschenden Modelle der sogenannten Neoklassik reichen nicht aus, um den global heraufziehenden Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Sie hängen zu sehr am Wachstumsparadigma. Speziell der Bereich der Hochschulforschung ist aufgefordert, intensiv an neuen Formen des Wirtschaftens zu for- schen. Dazu müssen die entsprechenden Mittel bereitgestellt und die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir wollen daher umfassende Anstrengungen in der Transformations- forschung, in der Erforschung transformativer Prozesse und der Erarbeitung neuer Wirt- schaftsmodelle, die den globalen Anforderungen an Ressourcenschonung, Recycling, Um- weltschutz und Nachhaltigkeit genügen.
Mauer der digitalen Spaltung überwinden!
Die immer schneller werdende technische Entwicklung hat in den letzten Jahren dazu ge- führt, dass alltägliche Geräte und Technologien zunehmend komplexer geworden sind. Diese erhöhte Komplexität führt zu einer stetig größer werdenden digitalen Spaltung der Gesellschaft, hinsichtlich des Verständnisses von Technik. In einer modernen Gesellschaft ist es notwendig, dass Menschen der Technik selbstbewusst gegenüberstehen. Nur so kön- nen sie ihre Grundrechte im 21 Jahrhundert wahrnehmen und an der Gesellschaft teilhaben. Wir setzen uns für kostenfreie, durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderte Schulungs- angebote für alle interessierten Menschen ein, die die Gelegenheit bieten, die digitale Spal- tung zu überwinden. Wir werden in Zusammenarbeit mit öffentlichen sowie gemeinnützigen Trägern und Vereinen flächendeckende Schulungsmöglichkeiten schaffen.
Open Access
Open Access fördern – Forschung und Lehre stärken
Wissenschaft und Forschung leben vom freien Austausch neuer Erkenntnisse. Der freie und digitale Zugang zu wissenschaftlicher Literatur ist für attraktive Forschung und Lehre uner- lässlich. Bezahlschranken und überteuerte Lizenzpakete von Großverlagen gefährden eine zeitnahe Debatte aktueller Veröffentlichungen, die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit und damit die Forschungsfreiheit. Ziel ist es daher, innerhalb von 5 bis 10 Jahren alle Biblio- theken und Hochschulen vollständig auf digitale Literaturversorgung umzustellen. Wir un- terstützen die deutschland- und europaweite Open-Access-Bewegung und das, in diesem Bereich bereits sehr engagierte und erfolgreiche, Hochschul- und Bibliothekspersonal. For- scher und Forscherinnen, die digital publizieren möchten, sollen in Zukunft landesweit bera- ten und finanziell gefördert werden.
Die Literaturversorgung muss von den knappen Etats der wissenschaftlichen Einrichtungen entkoppelt werden. Um ein Gleichgewicht zwischen Bibliotheken, Forschenden und Groß- verlagen herzustellen, bedarf es einer entschlossenen, institutionellen Förderung offener Publikationsformen, zum Beispiel durch Publikationsfonds. Sowohl Erstveröffentlichungen in elektronischen Medien als auch die Bereitstellung bereits publizierter Verlagswerke in frei zugänglichen Datenbanken sollen gleichberechtigt gefördert werden. Wissenschaftsverlage und Fachgesellschaften erhalten finanzielle Unterstützung. Neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen entstehen auf Verlagsseite. Die allgemeine Erhöhung der Forschungsetats ist ein Weg, um die Qualität der Publikationen zu sichern und digitale Vorteile, wie die Dar- stellung von Forschungsergebnissen in Datenbanken oder 3D-Modellen, voll auszuschöpfen. In der Wissensgesellschaft müssen die Bestände der öffentlichen Hochschulen und Biblio- theken digital und barrierefrei abrufbar sein.
Infrastruktur für Open Access
Um das zu ermöglichen, muss eine Infrastruktur geschaffen werden. Diese Aufgabe wird heute vorrangig von etablierten Verlagen übernommen. Für Open-Access-Veröffentlichun- gen entwickeln sich entsprechende Mechanismen erst langsam und meist in loser Koopera- tion von Bibliotheken und Universitäten. Diese Entwicklung wollen wir auch finanziell för- dern. Ziel soll es sein, dass jede Universität und Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen eine eigene, digitale Bibliothek für frei zugängliche Veröffentlichungen einrichtet, in der ihre Pub- likationen Platz finden. Das verhindert eine Zersplitterung in unübersichtliche Untereinhei- ten und gewährleistet gleichzeitig eine gute Informationsabdeckung.
Universitätsnahe Umsetzung
Um die Anwenderfreundlichkeit und die Akzeptanz sowie die Verwendungsmöglichkeiten der digitalen Bibliotheken zu garantieren, ist es unerlässlich, einheitliche Softwareschnitt- stellen zu schaffen. Das gewährleistet eine Vernetzung der Bibliotheken zwischen den ein- zelnen Universitäten und Fachhochschulen, um die Verfügbarkeit und Auffindbarkeit von Wissen vor Ort zu erhöhen. Solche freien Softwarelösungen existieren bereits. Jedoch sehen wir noch viel Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Standardisierung und Vernetzung dieser Bibliotheken. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Wei- terentwicklung von Software für digitale Bibliotheken als Forschungsprojekt ausschreibt und dieses möglichst universitätsnah umsetzt. Das Ergebnis des Forschungsprojekts muss unter einer freien Lizenz stehen.
Offene Dateiformate
Um die in den digitalen Bibliotheken gespeicherten Informationen nachhaltig verfügbar zu machen und die Unabhängigkeit von Interessengruppen sicherzustellen, sprechen wir uns für eine Nutzung offener Datenformate aus.
Abbau von Zugangsbeschränkungen
Wir wollen die Zugangsbeschränkungen für digitale Bibliotheken abbauen. Zurzeit finden sich in den digitalen Bibliotheken hauptsächlich Doktorarbeiten und vergleichbare Ergeb- nisse. Diplomarbeiten, Hausarbeiten und Ähnliches werden nicht gespeichert und stehen da- mit auch nicht für die Recherche zur Verfügung. Da die Veröffentlichung in diesen Bibliothe- ken praktisch kostenfrei ist, braucht hier nicht gespart zu werden. Dieses Vorgehen führt zu einem unnötigen Verlust an Wissen. Viele junge Wissenschaftler kommen zu spät mit den digitalen Bibliotheken in Kontakt. Daher setzen wir uns für die Öffnung dieser Bibliotheken ein.
Open Access und Mittelvergabe
Weiterhin wollen wir die Verbreitung von Open Access bei der Beurteilung von Anträgen auf Forschungsgelder fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass bei der Beurteilung von Mittel- vergaben durch das Land solche Publikationen bevorzugt bewertet werden, die auch öffent- lich verfügbar sind.
Freie Lizenzen fördern
Freie Lizenzen bieten geistig Schaffenden eine Möglichkeit, ihre Werke einfach, flexibel und ohne bürokratischen oder finanziellen Aufwand nach eigenen Wünschen zu schützen. Eine freie Lizenz bedeutet, dass der Lizenzinhaber das Werk für jeden Zweck frei einsetzen, ver- ändern und weitergeben darf. Wir wollen freie Lizenzen thematisieren und fördern.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Creative-Commons-Modell, das sich zunehmender Beliebt- heit erfreut. Dort kann man sich aus einzelnen Bausteinen die richtige Lizenz zusammenstel- len.
Open Data
Wir befürworten die freie Verfügbarkeit und die freie Nutzung von öffentlichen und behörd- lichen Daten und möchten diese explizit fördern. Hierbei sollen sämtliche, für Open Data re- levant erscheinende Daten von Anfang an so angelegt werden, dass ihre Nutzung keine Rechtsverletzung zur Folge haben kann.
Daher fordern wir, dass alle behördlich erstellten oder durch öffentliche Mittel zur Verfügung gestellten Daten und Datenbestände (beispielsweise Kartenmaterial, Geodaten oder Statis- tiken) unter eine freie Lizenz gestellt werden müssen.
Open Sensordata
Wir werden uns dafür einsetzen, dass Datensätze von Mess- und Sensorinstrumenten der öffentlichen Hand über eine offene Softwareschnittstelle durch das Land NRW zur Verfü- gung gestellt werden. Wir werden uns vor allem dafür einsetzen, dass Privatleute und Firmen beim Generieren, Bereitstellen und Öffnen von Mess- und Sensordaten Unterstützung durch das Land NRW, z.B. in Form von (Dach-)Flächen, fachlichen Expertisen, Ressourcen (Strom- und Datennetze), Ausstattung wie auch der oben genannten offenen (Software-)Schnitt- stelle, erhalten können.
Alle Datensätze müssen von personenbezogenen Daten bereinigt sein, bzw. es muss sicher- gestellt werden, dass keine Daten erfasst werden, welche einen Rückschluss oder eine Iden- tifikation einer Person zulassen könnten.
Alle Datensätze müssen der Allgemeinheit zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt wer- den. Das Land NRW soll für das Anbieten der Datensätze keine monetären Gegenleistungen verlangen dürfen. Alle Datensätze sind zu jedem Zeitpunkt abrufbar – eine maximale Spei- cherdauer ist nicht vorgesehen.
Kultur
Präambel
Kultur ist die Brücke zwischen fremd und freundlich, die unsere Gesellschaft jetzt dringend braucht. „Kultur kostet Geld. Kultur ist kein Luxus, den wir uns entweder leisten oder nach Belieben auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebens- fähigkeit sichert.“ (Richard von Weizsäcker).
Im Grunde war es die Kultur selbst, die weltweit den Stein des Anstoßes zur Gründung der Piratenparteien gab. In Zeiten der gesellschaftlichen und kulturellen Wandlung gilt es das aktive Geschehen nicht nur in der Mitte, sondern an der Spitze, in der urbanen und vom Netz geprägten Avantgarde zu unterstützen. Wir treten für eine offene, vernetzte und für alle Menschen zugängliche Kulturlandschaft ein. Eine Kulturlandschaft, die keiner Deutungsho- heit unterworfen ist und jedem Menschen zur eigenen Teilhabe und freien Mitgestaltung of- fensteht.
Wir wollen eine neue Wahrnehmung der Klassifizierung von Kultur und der damit einherge- henden Bewertungen von Niveau oder Geschmack. Während die etablierte Kultur oder Hochkultur für zeitlose kulturelle Bildung nicht wegzudenken ist, müssen kulturelle Strö- mungen jenseits der vertrauten Strukturen und Formen als Entwicklungspotenzial für die etablierte Kultur von Morgen stärkere Unterstützung erfahren.
Plattformneutralität – auch für Kunst und Kultur
Der Kern piratiger Politik ist die Plattformneutralität. Für die Kulturpolitik bedeutet dies für uns, dass alle Menschen daraus folgend die Möglichkeit haben sollen, an Kunst und Kultur teilzuhaben. Wer selbst durch eigene Beiträge am kulturellen Leben teilnehmen möchte, sollte Unterstützung finden. Daher wollen wir in NRW eine Künstlerförderung die zum Bei- spiel Künstlerinnen und Künstler am Anfang ihrer Karriere – ganz altersunabhängig – erhal- ten. Altersgrenzen für aufstrebende Talente sehen wir als unnötige Barriere für kreative Menschen.
Neben der individuellen finanziellen Förderung ist ein Ausbau von Kulturzentren, Proberäu- men und Ateliers, also von Orten, an denen Kultur entsteht, besonders bedeutend. Auftritts- orte sind elementar, Platz für Kunst muss geschaffen und sichtbar gemacht werden – und das möglichst mit geringem bürokratischen Aufwand.
Möglichkeitsräume gegen faschistische und extremistische Weltbilder schaffen
Um der Gefahr des Erstarkens von Faschismus, Extremismus und Gewalt, die demokratische Grundwerte bedrohen, etwas entgegen zu setzen, reicht es nicht mehr, besser ausgerüstete Polizei- und Sicherheitskräfte zu stellen. Es reicht nicht, das Leben der Bürgerinnen und Bür- ger fast nahtlos zu überwachen. Das führt nicht zu Gewaltlosigkeit und friedlicher Koexis- tenz, sondern zu totalitären, polizeistaatlichen Verhältnissen.
Vielmehr muss mit dem, was Extremisten und Faschisten ablehnen und verachten: Demo- kratie, Menschenrechte, Akzeptanz und Austausch, ein klares Gegengewicht entstehen. Das ist Kultur und Bildung. Verstärkte Investitionen in diesem Bereich sorgen für eine nachhaltige Bestands- und Entwicklungsgarantie für unsere demokratische, freiheitliche Kultur, Kunst und Gesellschaft.
In den Möglichkeitsräumen der Kultur ist Anderes, Fremdes und Neues eine Bereicherung und Inspiration und weniger eine Bedrohung. Diese sozialen und kulturellen Freiräume hel- fen dabei, die Akzeptanz und den Austausch zwischen den Menschen zu etablieren und zu erhalten.
Der durch Hass und Gewalt ausgelöste Strom der Geflüchteten aus Krisenregionen muss in einem Europa als Meltingpot aufgefangen werden. Die positiven Effekte und Bereicherun- gen neuer Mitmenschen in unserer Mitte können durch die vermittelnde Kraft der Kultur, Kunst und Bildung am effektivsten aktiviert werden. Kultur zum Nutzen der freiheitlichen, egalitären und gemeinschaftlichen demokratischen Wertegemeinschaft sollte ausgebaut und gestärkt werden.
Kulturpolitische Schwerpunkte
Die kulturpolitischen Schwerpunkte orientieren sich an einer der Zukunft zugewandten Aus- gestaltung der Kunst – und Kulturlandschaft in NRW, um sie für das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts vorzubereiten. Die Bereiche aus den fünf Schwerpunkten gehören zu der kriti- schen, kulturellen Infrastruktur, die die Kulturgüter und Ideen hervorbringen, die nachfol- gende Generationen von uns erben und weiterentwickeln werden.
Die Digitalisierung ist für die Archivierung und Bereitstellung des bereits gemeinfreien kul- turellen Erbes zur Rezeption und zur Weiterverwendung und damit auch zum Remix unab- dingbar.
Die Freien Szenen und die Off-Kultur sind das Experimentallabor und die Brutstätte für fri- sche, neue und kritische Kunst und Kultur. Hier gibt es das Kontrastprogramm zur kommer- ziellen Bühne, den Gegenwind aus der Avantgarde oder einfach Unterhaltung aus anderen Blickwinkeln als denen die der Mainstream üblicherweise kennt.
Die Bibliotheken leisten als wandlungsfähige Kulturinstitutionen, die sich mit viel Innovati- onsgeist und Mut der traditionellen und neuartigen Wissensvermittlung verschrieben haben, einen großen Beitrag dafür, unsere Kunst- und Kulturlandschaft fit für morgen zu machen. Dafür benötigen sie jedoch mehr Mittel und die Möglichkeiten, ihre Türen auch sonntags zu öffnen und generell ihre Öffnungszeiten zu erweitern, um mehr Menschen den Zugang zu Bibliotheken zu ermöglichen.
Bei den Spielstätten für elektronische Tanzmusik gibt es Überschneidungen zur Off-Kultur und anderen Bereichen, jenseits von Großraumdiskotheken und anderen kommerziell aus- gerichteten Veranstaltern. Die elektronische Tanzmusik ist wie der Jazz ein sehr vielfältiges und facettenreiches urbanes Genre mit einer bewegten und faszinierenden Geschichte. Sie lebt sehr stark von der Vernetzung und dem Austausch zwischen den Künstlerinnen und Künstlern. DJs, Klangkünstlerinnen, Performer und Interpretinnen und Interpreten sind in den urbanen Gebieten des Landes, der Bundesrepublik, Europa und der ganzen Welt ver- netzt. In der Kulturförderung jedoch kommen sie kaum vor.
Digitalisierung
Insbesondere die Themen der Digitalisierung von Kunst- und Kulturgütern in Museen oder auch der rechtlichen Gleichstellung von E-Books mit gedruckten Büchern für unsere Biblio- theken sind wichtige Zukunftsthemen, die jetzt in Angriff genommen werden müssen. Wir sprechen uns in diesem Zusammenhang vor allem für den Erhalt und den Ausbau von Routi- neaufgaben und die Abkehr von Projekten und kurzen Erprobungsphasen aus, die zwar punktuell eine Wirkung erzielen, jedoch keine nachhaltigen Effekte entfalten.
Förderung der Freien Szene und der Off-Kultur
Die Freie Szene und die Spielstätten der Off-Kultur sind in den Städten vor allem ein wichti- ger Teil der niederschwelligen und experimentellen Kulturlandschaft. Hier entstehen Trends und Ideen, die später im Mainstream oder der etablierten Kultur auftauchen.
Das Land muss die Städte dabei unterstützen, den Off-Kultur-Vereinen und der freien Szene mehr Geld für die Entlohnung der Künstlerinnen und Künstlern zur Verfügung zu stellen oder auch die Aktiven aus diesen Bereichen mehr oder überhaupt in die Kulturpolitik mit einbe- ziehen.
Bibliotheksförderung
Wir setzen uns auf europäischer Ebene für eine rechtliche Gleichstellung von E-Books und gedruckten Büchern ein. In NRW unterstützen wir dieses Vorhaben und setzen uns auch auf Landesebene dafür ein, dass eine solche Urheberrechtsreform auf Bundes- und Europa- ebene durchgesetzt wird. Die derzeitige Situation bezüglich der für Bibliotheken nicht immer bezahlbaren Lizenzmodelle einiger Verlagsgruppen ist nicht tragbar.
Weiterhin setzen wir uns für erweiterte Öffnungszeiten für Bibliotheken ein. Dies bedeutet auch einen notwendigen Zuwachs an Personal und Fachkompetenz, der unter anderem durch eine Erhöhung der Fördermittel realisiert werden soll. Wir haben uns bereits in dieser Legislaturperiode für die Verdoppelung der Haushaltstitel für die Bibliotheken eingesetzt. Hier sollen die Mittel vor allem für eine sinnvolle Diversifizierung und die Bewältigung von integrativen Aufgaben verwendet werden. Gleichzeitig muss die Bibliothek neben ihrem neueren lebendigen Charakter als dritter Ort, ihrer traditionellen Aufgabe als Platz des Wis- sens und der Ruhe gerecht werden. Diese Erweiterung des Aufgabenspektrums wird in Zu- kunft unweigerlich eine Mittelerhöhung mit sich bringen. Wir wollen hier schon einmal vor- sorgen und die Zukunft jetzt schon anklingen lassen.
Förderung der elektronischen Tanzmusik
Die Hauptzielgruppen der Förderpreise oder Förderprogramme für populäre und aktuelle Musik sind immer noch klassische Bands, Sängerinnen und Sänger sowie Instrumentalistin- nen und Instrumentalisten. Wir wollen einen weiteren Förderschwerpunkt der elektroni- schen Tanzmusik hinzufügen und beispielsweise herausragende neue Liveacts, DJs oder ver- wandte Performances auszeichnen, fördern und sichtbarer machen.
Die Spielstätten der elektronischen Tanzmusik, gerade diejenigen die zur Off-Kulturszene gehören, müssen stärkere Unterstützung durch das Land und die Kommunen erfahren. Ge- nauso ist es wichtig, zu eventuell schon vorhandenen Infrastrukturen für Proberäume auch Räumlichkeiten bereitzuhalten, in denen elektronische Musik erzeugt werden kann. Viele weniger wohlhabende Künstlerinnen und Künstler sehen sich dazu gezwungen, in ihren ei- genen Wohnungen Musik zu machen, welches Ruhestörungen und Konflikte mit anderen Anwohnerinnen und Anwohnern bedeuten kann. Daher braucht es neben Proberäumen für Bands auch Räume für Künstler der elektronischen Tanzmusik, in denen sie laut und kreativ sein können.
Kulturelle Bildung und Kunstpädagogik
Ziel jeder Bildungspolitik muss es sein, vom Kindergarten über Schule, Universität und Er- wachsenenbildung eine lebendige Vermittlung von Kunst und Musik zu gewährleisten. Es kann nicht sein, dass gerade diese beiden Fächer, die viel zur Persönlichkeitsbildung beitra- gen, als Nebenfächer an den Rand gedrängt, ein trauriges Nischendasein führen, mal wahl- weise Kunstunterricht, mal Musikunterricht. Beide Fächer sind mit viel zu wenig Material aus- gestattet und werden von Lehrkräften betreut, die seit Generationen ihre Schülerinnen und Schüler mit immer dem Gleichen beglücken. So wollen wir also auch eine dem 21. Jahrhun- dert angepasste moderne Unterrichtsweise mit den Mitteln, die die digitalisierte Welt bereit- hält. Wer seine Kinder vernachlässigt, wenn es um alles Schöne, Lebendige und Spannende geht, lässt Generationen ohne Phantasie, Kreativität und Lebenslust heranwachsen.
Einführung eines freiwilligen kreativen Jahres
Das freiwillige soziale Jahr ist bereits durch verschiedene Bereiche in denen junge Menschen sich ein Jahr lang einsetzen können, diversifiziert. Zur Ergänzung des freiwilligen sozialen Jahres wollen wir ein freiwilliges kreatives Jahr einführen. Besonders kreative und künstle- risch begabte Menschen sollen hier ein Jahr lang unter Betreuung einer Künstlerin oder eines Künstlers, einer kreativ arbeitenden Kultureinrichtung oder sonstigen Institution an einem Projekt arbeiten können, dass dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Gerade für die Kreativ- und Kulturlandschaft ist die Förderung des kreativen, schaffenden Nachwuchses von großer Bedeutung. Die Einführung eines kreativen sozialen Jahres soll hier auf breiter Ebene unterstützend sei.
Gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse in Kunst und Kultur
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse in Kulturbetrieben stellen ein wachsendes Problem dar. Immer mehr Kreative und Künstlerinnen und Künstler beuten sich selbst aus, müssen mit zu niedrigen Gagen oder extrem geringfügigen Festgehältern ihr Leben bestreiten, wäh- rend an der Spitze von Kulturinstitutionen großzügig entlohnt wird. Die Entlohnung von Ent- scheidungen des Managements, darf nicht der kulturellen, kreativen und künstlerischen Ausführung und Gestaltung zur Last fallen. Kunst und Kultur lebt von den Aktiven und nicht von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Wir stehen für eine drastische Er- höhung der Mittel zur Entlohnung der Kreativen im Land zur Verbesserung und Verstätigung von Fördermitteln und absehbaren Förderzeiträumen die Planung und kreative Arbeit för- dern anstatt mit bürokratischen Aufwand behindern.
Medien, Rundfunk und Urheberrecht
Internetangebote und Social Media in öffentlich-rechtlicher Hand: Für einen virtuellen Rundfunk in NRW
Die Rundfunkbeiträge sollen einen freien Zugang zum Medienangebot garantieren. Im Inter- net ist der freie, diskriminierungsfreie Zugang nicht in gleicher Weise garantiert. Wesentliche Teile der Infrastruktur, wie die Versorgung mit einer Internetverbindung, Suchmaschinen, ohne die es de facto sehr schwer ist, auf Inhalte zuzugreifen, sowie Social Networks, die ei- nen wesentlichen Teil unserer Kommunikationskultur bestimmen, sind rein privatwirtschaft- lich organisiert. Die solidarisch von allen gezahlten Rundfunkbeiträge würden es jedoch möglich machen, diesen ihren demokratischen Wert in zeitgemäßer, partizipativer Form zu- rückzugeben.
Statt weiterhin ausschließlich öffentliche Rundfunkanstalten zu fördern, die nur ein einge- schränktes Programm anbieten können, wollen wir einen Teil der Rundfunkgebühren dazu verwenden, öffentliche Freiräume im Netz zu schaffen. Diskriminierungsfreier Zugang und Netzneutralität sollen allen garantiert werden. Inhaltliche oder technologische Angebote, die als förderungswürdig eingestuft werden, können ebenfalls durch Beiträge finanziert wer- den. Die Mittelzuteilung erfolgt transparent und offen: Anträge werden mittels einer öffent- lich zugänglichen Meinungsbildungsplattform erstellt und dort von der Öffentlichkeit direkt demokratisch beschlossen. Sämtliche Inhalte, die mit öffentlichen Geldern gefördert werden – was die Rundfunkbeiträge ausdrücklich mit einschließt – stehen selbstverständlich unter freien Lizenzen und sind für alle Menschen kostenlos verfügbar. Damit treten wir ein für die Transformation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einen virtuellen öffentlichen Kultur- raum – einen virtuellen Rundfunk.
Medienkonzentration
Wir treten für Meinungsvielfalt und gegen Monopolbildung im Mediensektor ein. Wer im Printbereich lokal eine Meinungsmacht innehat, soll nicht gleichzeitig auch den lokal vor- herrschenden Privatsender betreiben dürfen. So wird einer gleichgeschalteten Propaganda von marktbeherrschenden Unternehmen vorgebeugt und eine Vielfalt der Perspektiven und Meinungen in den Medien gesichert.
Da es Zeitungsverlagen nicht noch leichter gemacht werden soll, die Kontrolle privater TV- Anbieter zu übernehmen oder Informations- und Meinungskartelle zu bilden, lehnen wir die Novellierung des Landesmediengesetzes und einen Rundfunkstaatsvertrag mit dem Ziel, die Konzentration der Medienunternehmen weiter zu erhöhen, ab.
Medienpädagogik – Förderung der „sekundären Lesefähig- keit“ (Digital Literacy)
Digitale Lernmittelfreiheit
Wir wollen digitale Lernmittelfreiheit für Schülerinnen, Schüler und Studierende.
Umgang mit IT und dem Internet
Um allen Menschen die Möglichkeiten der digitalen Gesellschaft zu eröffnen, wollen wir schon in den Schulen den Umgang mit digitaler Technologie systematisch fördern. Das Er- lernen mindestens einer höheren Programmiersprache sowie Grundkenntnisse in Datenban- ken, Suchmaschinen, HTML und der Internetinfrastruktur soll für alle Schülerinnen und Schü- ler selbstverständlicher Teil der Lernziele sein.
Abbau von Hürden
Die Entwicklung von Fähigkeiten zur Recherche im Netz und die Kompetenz, sich ein eigen- ständiges, persönliches Netzwerk von Kontakten in sozialen Netzwerken zu erarbeiten, se- hen wir als zentrale Ziele der schulischen Erziehung und Bildung. Deshalb wollen wir die Nut- zung digitaler Medien in der Schule, im Unterricht sowie in den unterrichtsfreien Zeiten för- dern, statt sie, wie bisher, durch Verbot von Mobiltelefonen einzuschränken. Ebenso sollte der kreative Einsatz von Internetquellen bei Facharbeiten, Hausarbeiten etc. gefördert wer- den, statt diesen als Täuschungsversuch zu ächten.
Rundfunk
Werbefreier öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Wir fordern absolute Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Werbefreiheit soll sowohl für den Hörfunk als auch für die jeweiligen Fernsehanstalten gelten.
Transparenz beim Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Wir fordern eine einheitliche und zuschauerfreundliche Kennzeichnung von Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Programmvielfalt und Spartenkanäle
Die digitalen Spartenkanäle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind ein Element der notwendigen Programmvielfalt. Sie ermöglichen die Erprobung neuer Programmideen und unterstützen, auch mit Programmwiederholungen, individuelle Sehgewohnheiten der Zuschauer und damit die Grundversorgung. Sofern die digitalen Kanäle weiter ohne beson- dere Mehrkosten betrieben werden können, soll die vorhandene Anzahl nicht eingeschränkt werden.
Parteipolitische Einflussnahme auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten minimieren
Wir lehnen eine parteipolitische Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab. Laut Verfassung soll dieser unabhängig und staatsfern sein.
Wir wollen Parteienvertreter in den Rundfunkräten, welche zur Gewährleistung der Pro- grammvielfalt berufen sind, abschaffen. Insbesondere muss eine sachfremde Einflussnahme auf die Personalpolitik öffentlich-rechtlicher Sender über einen, durch Parteien instrumen- talisierten, Verwaltungsrat ausgeschlossen werden. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- sender sind staatsferne Körperschaften. Sie werden durch einen Verwaltungsrat gesteuert, der überwiegend mit Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, wie Kirchen, Ge- werkschaften oder Verbänden, besetzt ist.
Überparteiliche Intendanten
Gleichzeitig muss ausgeschlossen werden, dass Rundfunkintendanten von Vertretern poli- tischer Parteien oder unter deren Einflussnahme gewählt werden. Die Unabhängigkeit bei der Wahl der Intendanten ist zu gewährleisten.
Öffentliche Kontrolle der Rundfunkräte
Die Rundfunkräte bestimmen über die Verteilung öffentlicher Gelder und steuern die öffent- lich-rechtlichen Medien. Daher müssen sie sich auch einer öffentlichen Kontrolle stellen. Die Rundfunkräte sollen künftig in öffentlichen Sitzungen tagen, was derzeit per Gesetz nicht der Fall ist. Für uns gibt es keinen guten Grund, warum solche Sitzungen nicht beobachtet werden sollten. Wir setzen uns für die Transparenz der Entscheidungen von Rundfunkräten ein.
Institutionelle Interessenvertretung der Netzgemeinde im Rundfunkrat
Die Rundfunkräte sind neben Parteivertretern überwiegend mit Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, wie Kirche, Gewerkschaften oder Sportbund, besetzt. Die Nutzerinnen und Nutzer der sogenannten „Neuen Medien“, die sich technisch mit dem Rundfunk überschneiden, sind mittlerweile eine relevante gesellschaftliche Gruppe geworden. Deshalb sollten sie auch in den Rundfunkräten berücksichtigt werden. Wir streben die Entsendung eines Interessenver- treters der Internetbenutzer in die Rundfunkräte an. Als Interessenvertretung ist der Chaos Computer Club e.V. (CCC) prädestiniert. Der CCC hat sich eine langfristige Kompetenz im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und IT erworben und stellt einen verlässlichen Vertre- ter der Internetnutzer dar.
Verfügbarkeit von Medieninhalten
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten produzieren TV- und Radio-Angebote sowie inter- aktive Medieninhalte, die von der Allgemeinheit bezahlt werden. Das Internet ermöglicht eine nachhaltige Archivierung und Publikation dieser Inhalte, dennoch stehen jene in der Praxis nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung.
Wir wollen daher, dass Produktionen, die von der Allgemeinheit finanziert wurden, auch per- manent der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Zu diesem Zweck setzen wir uns für eine Rücknahme der im 12. Rundfunkänderungsstaats- vertrag eingeführten Depublikation öffentlich-rechtlicher Medieninhalte im Internet ein. Darüber hinaus sollen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Inhalte unter freier Lizenz zur Verfügung stellen.
Gebührenfinanzierung
Die 2013 eingeführte Haushaltspauschale sehen wir als eine Lösung für die frühere durch die GEZ praktizierte Verletzung der Privatsphäre zahlreicher Rundfunkteilnehmer.
Gleichzeitig lehnen wir eine Gebührenerhebung auf Zweitwohnsitze, Geschäftsbetriebe so- wie außerhalb des Haushalts benutzte Computer oder Mobilfunkgeräte ab. Eine derartige Gebührenerhebung bedeutet eine illegitime Doppelbelastung zusätzlich zur Haushaltspau- schale.
Wir sprechen uns darüber hinaus für eine Beibehaltung der Gebührenbefreiung für Studie- rende, ALG-II-Empfänger und Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen aus. Insbesondere bei Studierenden soll die Einschränkung fallen, die derzeit lediglich BAföG-Empfänger zur Gebührenbefreiung berechtigt.
Urheberrecht
Reform des Urheberrechts
Wir werden im Landtag, über den Einfluss durch den Bundesrat, eine Reform des Urheber- rechts einleiten. Diese Reform soll in der Hinsicht in das bestehende Urheberrecht eingreifen, als dass es sich dem digitalen Wandel nicht mehr verschließt, Missverständnisse und Miss- stände ausräumt und das in Schieflage geratene Gleichgewicht zwischen Urhebern, Rechte- verwertern und der Allgemeinheit zugunsten der Kulturschaffenden und Verbrauchern wie- derherstellt.
Geltungsbereich und Zeitraum
Für diese Reform sollen die im Urheberrecht verankerten Zugeständnisse an die Allgemein- heit, die Urheberrechtsschranken, deutlich ausgeweitet werden.
Ferner soll die Geltungsdauer des Urheberrechts herabgesenkt werden. Die derzeitige Dauer von 70 Jahren bis nach dem Tod des Urhebers führt den Sinn des Urheberrechts, nämlich den Urheber zu schützen, ad absurdum.
Die Dauer des Urheberrechts soll höchstens bis 10 Jahre nach dem Tod des Urhebers gelten. Für Filme soll das Urheberrecht maximal 50 Jahre nach Veröffentlichung gelten – für Soft- ware maximal 20 Jahre nach Veröffentlichung.
Zugang und Verfügbarkeit
Der digitale Wandel erfordert eine völlige Neubewertung der von Konzernen propagierten „Medienpiraterie“.
Ein digital verfügbares Kulturgut wird durch kopieren oder Teilen niemandem genommen, es stellt vielmehr eine Bereicherung für andere Menschen dar. Während früher der Freund eine Schallplatte auf Kassette überspielte und so die Musik einem Freund zugänglich machte, ist der damals zeitraubende Vorgang heute in Sekundenschnelle über das Internet möglich. Das Prinzip ist das gleiche.
Die hohen Zahlen, die häufig von Medienvertretern genannt werden, was Kopien und damit verbundene Verluste angeht, sind bisher noch von keiner uns bekannten unabhängigen In- stitution oder Studie bestätigt worden.
Kern-Merkmale
Im Interesse der Allgemeinheit an einem möglichst freien Zugang zu Bildung und Kultur so- wie im Interesse der Urheber an einer gestärkten Position gegenüber den Rechteverwertern, soll unsere Urheberrechtsreform aus dem Bundesprogramm, zu Ungunsten der derzeit un- verhältnismäßig bevorteilten Rechteverwerter, folgende Kern-Merkmale beinhalten:
Das Recht auf Privatkopie und die Erstellung von Remixes und Mashups soll erleichtert wer- den, Kopierschutzmaßnahmen komplett untersagt und Tauschbörsen legalisiert werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine möglichst freie Verbreitung und ein freier Umgang mit Kultur zu deren Verbreitung beitragen und sich positiv auf die Entwicklung des Kulturgüter- marktes auswirken.
Trennung von kommerziell und privat
Wir streben die strikte juristische Trennung zwischen kommerzieller Verwertung und nicht kommerzieller Verwertung an. Dabei soll nicht kommerzielle Verwertung grundsätzlich frei von Urheberrechtsabgaben und den Folgen von Urheberrechtsverstößen erfolgen können.
Abmahnindustrie eindämmen
Diese Maßnahme soll nicht zuletzt die sich ausweitende Abmahnindustrie, deren Mahnun- gen sich häufig gegen Privatpersonen richten, eindämmen.
Lehrmittel
Im Bildungskontext soll die Mediennutzung frei von Urheberrechtsabgaben erfolgen können. Bildung ist ein viel zu wichtiges Gut, um es unnötig vielen Einschränkungen zu unterwerfen. Bildung ist Motor für Wissen, Wirtschaft, Innovation und Kreativität, und unentbehrlich für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft sowie der souveränen Teilhabe ihrer Mitglieder an dieser. Des Weiteren sollen in diesem Bereich zusätzlich neue Geschäftsmodelle auf der Ba- sis von freien Lizenzen angeregt werden. Ferner sollen insbesondere Lehrende und Referen- ten mit einer Reform aus der rechtlichen Grauzone geholt werden.
Was öffentlich bezahlt ist, steht öffentlich zur Verfügung
Von öffentlichen Geldern finanzierte oder mitfinanzierte Forschungsergebnisse, Kulturgüter oder andere dem Urheberrecht unterworfene Inhalte oder Produkte sollen der Öffentlichkeit kostenlos und unter freien Lizenzen zur Verfügung stehen. Das stärkt den Wissens- und Kul- turstandort Deutschland: Wissen verdoppelt sich, wenn man es teilt.
Stärkung der Urheber
Neben diesen Zugeständnissen an die Allgemeinheit sollen die Rechte der Urheber gegen- über den Verwertern gestärkt werden. So sollen Urhebern Zweitverwertungsrechte einge- räumt werden, Rechte bei Nichtausübung schneller zurückfallen und unbekannte Nutzungs- arten nicht pauschal eingeräumt werden können.
Es soll die Vergabe ausschließlicher Nutzungsrechte auf maximal 25 Jahre beschränkt wer- den und diese Rechte anschließend zurück an die Urheber fallen.
Zudem soll ausgeschlossen werden, dass sich Verleger zusätzlich Anteile an den Vergütun- gen der Urheber sichern können.
Förderung von GEMA Alternativen wie C3S
Wir wollen eine Wahlmöglichkeit für Kunstschaffende, wenn es um die Rechtevertretung geht. Wir halten daher die Cultural Commons Collecting Society SCE mbH (C3S SCE) für eine Unternehmung, die zumindest in gleicher Weise Förderung und Unterstützung erhalten soll wie die GEMA.
Um den Start zu erleichtern wollen wir prüfen, in welcher Weise das Land weitere An- schubförderungen unterstützen kann.
Mit Ihrem Sitz in Düsseldorf haben wir als Land NRW ein besonderes Interesse, eine solche Gesellschaft zu fördern, und mit Ihr Künstler, Kreative und Unternehmen in deren Branchen anzuziehen in das Land zu locken.
Panoramafreiheit
Die Panoramafreiheit ist zu gewährleisten. Um das weiterhin sicherzustellen, wollen wir uns auf allen Ebenen dafür einsetzen.
Ferner setzen wir uns dafür ein, vorhandene Einschränkungen in Innenräumen, bei Texten und 3D Kunstwerken zu überprüfen und, wo sinnvoll, abzuschaffen.
Bundesratsinitiativen
An vielen Stellen ist das Landesrecht in Bezug auf das Urheberrecht eingeschränkt und es sind Änderungen auf Bundesebene notwendig. Hier wollen wir über Initiativen im Bundesrat eine entsprechende Umsetzung erzielen.
Bildung, Schule und Weiterbildung
Bildung 2020
Bildung muss den Anschluss an die Realität behalten und darf sich nicht in einem Paralleluni- versum bewegen. Die jungen Menschen wollen die neuen Technologien in allen Lebenslagen nutzen. Sie brauchen digitale Fähigkeiten, um eine Beschäftigung zu finden. Alle – nicht nur einige wenige – Schulen müssen diesem Umstand gerecht werden. Wir setzen uns daher für die Modernisierung der IT-Infrastruktur der öffentlichen Schulen ein. Dazu gehören Breit- bandanschlüsse für alle Schulen und Internetanschlüsse in allen Klassenzimmern. Außerdem sollen die digitalen Endgeräte auf Open Source Software umgestellt werden.
Die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung muss im Hinblick auf die Nutzung von Informa- tions- und Kommunikationstechnologien weiterentwickelt und ausgebaut werden.
Dafür müssen Innovationen in der beruflichen und allgemeinen Aus-, Fort- und Weiterbil- dung vorangetrieben und die Kultur des berufsbegleitenden Lernens und Lehrens weiterent- wickelt werden. Die Nutzung digitaler Medien muss erhöht und es müssen mehr Bildungsan- gebote auf der Basis einer intelligenten vernetzten Bildungsinfrastruktur geschaffen wer- den. Außerdem muss die Produktion und die Entwicklung sowie die Verfügbarkeit von Lehr- und Lernmitteln unter freier Lizenz (Open Educational Resources OER) vorangetrieben wer- den.
Pflichtfach Informatik an allen Schulformen
Zur Teilhabe in der digitalen Welt müssen alle Schülerinnen und Schüler über informatisches Grundwissen verfügen. Daher müssen in der Primarstufe verbindliche Angebote einer infor- matischen Allgemeinbildung verankert werden. Für die Sekundarstufe I soll Informatik im Lernbereich Naturwissenschaften verpflichtendes Unterrichtsfach werden.
Keine generellen Handyverbote an Schulen
An vielen Schulen in NRW gilt ein generelles Handyverbot. Strikte Handyverbote sind kein sinnvoller Ansatz in einer modernen Schulpolitik. In eigenen Medienkonzepten sollen die Schulen die sinnvolle Einbeziehung von Handys in den Schulalltag regeln. Lehrerinnen und Lehrer sollten ermuntert werden, mit Jugendlichen zusammen über eine reflektierte Nutzung des Smartphones zu diskutieren. Dabei müssen insbesondere Potenziale für den Unterricht erkannt werden und mögliche Gefahren für die einzelnen Schüler und die Gesellschaft the- matisiert werden.
Fließende Schullaufbahn und individuelles Lernen
Wir unterstützen ein möglichst langes, gemeinsames Lernen. Alle Lernenden sollen ihre Schullaufbahn individuell planen und absolvieren können. Das bedeutet insbesondere bin- nendifferenziert, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Methoden zu lernen. Allen weiterführenden Schulen wird die Möglichkeit gegeben, jahrgangshomogene Klassenverbände aufzulösen und zum Beispiel durch ein flexibles Kurssystem zu ersetzen, das zahlrei- che Probleme der existierenden Klasseneinteilung löst: Lernende werden nicht mehr über- oder unterfordert oder zum Überspringen von Klassen genötigt, sondern können Kurse wäh- len, die ihrem individuellen Fortschritt entsprechen. Eine erzwungene Unterteilung in ver- schiedene Schulstufen findet nicht mehr statt. Wir fordern, die Möglichkeit zu schaffen, dass integrierten Sekundarschulen auch eigene gymnasiale Oberstufen einrichten können.
Wir setzen uns außerdem für die Ausweitung der Schulsozialarbeit auf alle Schulformen ein, damit die Schülerinnen und Schüler jederzeit auf individuelle Begleitung und Beratung zu- rückgreifen können. Ziffernnoten und sogenannte Kopfnoten lehnen wir ab. Bewertungen sollen den Lernenden vorrangig als Rückmeldung über ihre Bildungsfortschritte dienen und nicht der interpersonellen Vergleichbarkeit.
6-jährige Schullaufbahn in der Sekundarstufe I (G9) für alle – Oberstufe flexibel und individuell gestalten
Da eine fließende Schullaufbahn über alle Schulstufen hinweg nur mittel- bis langfristiges Ziel sein kann, fordern wir, auf dem Weg dorthin, wieder das G9 an den Gymnasien und die Einführung einer flexiblen Oberstufe. Die verkürzte Mittelstufe am Gymnasium (G8) führt zur strukturellen Abkopplung des Gymnasiums von den anderen Schulformen und bietet nicht genügend Zeit für die eigene Lernentwicklung und Persönlichkeitsentwicklung.
Zu einem mittleren Schulabschluss sollen alle Schülerinnen und Schüler nach der Grund- schule eine 6-jährige Schulzeit mit einem Abschluss nach Klasse 10 durchlaufen.
Die Sekundarstufe II (Oberstufe) soll nach einem Zertifikatssystem gestaltet werden. Sie soll 2 bis 4 Jahre dauern können und von den Schülerinnen und Schülern inhaltlich und zeitlich individuell gestaltet werden.
Als ersten Schritt für die Weiterentwicklung des gymnasialen Bildungsgangs fordern wir die Rücknahme des G8 und die Weiterentwicklung eines G9.
Inklusion verantwortungsvoll umsetzen
Die Umsetzung eines wirksamen inklusiven Schulsystems steht in NRW noch aus. Deshalb fordern wir eine deutliche Verbesserung für alle Schulen in NRW zur Umsetzung der Inklu- sion. Dazu gehört, dass flächendeckend an allen Regelschulen durch Doppelbesetzung aus- reichend Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen die entsprechende Förderung ge- währleisten.
Die flächendeckende Versorgung mit Förderschulen bzw. Förderklassen soll zusätzlich zum inklusiven Unterricht erhalten bleiben, um eine echte Wahlmöglichkeit und individuelle För- dermaßnahmen zu bieten.
Für alle Schülerinnen und Schüler soll eine maximale Klassengröße von 20 gelten. An inklusiv arbeitenden Schulen sind darüber hinaus Mindeststandards auch für die sächliche und räum- liche Ausstattung zu vereinbaren.
Mit den kommunalen Spitzenverbänden müssen dringend Mindeststandards für die Qualifi- kation von Inklusionsassistentinnen und Inklusionsassistenten vereinbart werden. Ebenso muss die rechtliche Stellung und der Arbeitsrahmen von Inklusionsassistentinnen und Inklu- sionsassistenten an den Schulen definiert werden.
Gute Bildung auch für junge Menschen mit Einwanderungshintergrund!
Gesellschaftliche Teilhabe gelingt nur durch gute Bildung. Es muss sichergestellt werden, dass allen Kindern und Jugendlichen mit Einwanderungshintergrund sowie auch allen ande- ren Schülerinnen und Schülern passende Bildungsangebote gemacht werden. Deshalb for- dern wir, dass angemessene Ressourcen sowohl an Personal wie auch an Sachausstattung zur Verfügung gestellt werden. Nach einem Sozialindex sollen alle Schulen mit ausreichend Lehrpersonal und anderen Professionen, wie Sozialarbeitern, Sozialpädagogen und Psycho- logen ausgestattet werden. Außerdem muss die interkulturelle Schul- und Unterrichtsent- wicklung gestützt und gefördert werden.
Die gemeinwohlorientierte Weiterbildung leistet bei älteren Jugendlichen und jungen Er- wachsenen einen erheblichen Beitrag auch zur Integration. Dieser wichtige gesellschaftliche Beitrag muss ebenfalls deutlich mehr unterstützt und ausgebaut werden.
Jokertage – ein Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familienleben und Schule
Das Leben richtet sich nicht nach dem Stundenplan an der Schule. Es gibt immer mal Gründe, die einen Schulbesuch nicht möglich machen. Diese Gründe muss man nicht nennen müs- sen, sie gehen niemanden etwas an.
Daher setzen wir uns dafür ein, dass Schülerinnen und Schüler sich in einem Schuljahr zwei sogenannte „Jokertage“ nehmen dürfen, an denen sie frei haben. Diese Tage sollen zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familienleben und Schule beitragen.
Schule gemeinsam gestalten
Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihre Meinung zu vertreten und dass es wirksam ist, eine Stimme zu haben und diese zu Gehör zu bringen. Schule ist ein zentraler Ort, an dem Demokratie erlernt und eingeübt werden kann.
Wir setzen uns daher dafür ein, dass sich alle Schülerinnen und Schüler aktiv an Entschei- dungen in der Schule beteiligen können. Es sollen mehr Möglichkeiten neben oder als Ersatz der Schülervertretung geschaffen werden, damit sich jede Schülerin und jeder Schüler auch ohne Amt oder Funktionen mit der eigenen Stimme aktiv an Entscheidungsprozessen betei- ligen kann. Dies könnte z.B. über eine Internetplattform stattfinden, die auf Liquid De- mocracy basiert. Den Schülerinnen und Schülern soll so die Möglichkeit gegeben werden, Ideen zu erstellen und Verbesserungsvorschläge vorzustellen, um dann über diese zu disku- tieren und abzustimmen.
Politische Bildung in den Schulen stärken!
Das Fach Politik wird an weiterführenden Schulen oftmals nur unzureichend und zusätzlich fachfremd unterrichtet. Politisches Wissen und die Auseinandersetzung mit politischen The- men ist unabdingbar für eine reflektierte Haltung in unserer demokratischen Gesellschaft.
Daher soll in den weiterführenden Schulen das Fach Politik ein deutlich höheres Gewicht be- kommen. Schülerinnen und Schüler sollen sich mit geschichtlichen und aktuellen politischen Ereignissen kritisch auseinandersetzen. Sie sollen in einer demokratischen Grundhaltung ge- stärkt werden. So soll rassistischen und nationalistischen Tendenzen vorgebeugt und ent- gegengewirkt werden.
Alltagswissen – Schülerinnen und Schüler auf das Leben vorbereiten
Nach der Schule kommt es immer wieder für Schülerinnen und Schüler zum bösen Erwachen. Man ist fit in Geometrie und Algebra, top informiert zur französischen Revolution und hat Grundkenntnisse in mehreren Fremdsprachen. Worauf zum Beispiel bei Versicherungen zu achten ist oder wie man eine Steuererklärung macht, ist oft unbekannt. In vielen Familien kann dieses wichtige Alltagswissen nicht ausreichend vermittelt werden.
Wir setzen uns daher dafür ein, dass Schülerinnen und Schülern auch in der Schule erweiter- tes Alltagswissen wie z.B. der Umgang mit Versicherungen und Steuern vermittelt wird und dies als fester Bestandteil des Lehrplans in die bereits vorhandenen Fächer integriert wird.
Einführung eines Ethikunterrichts
Freiheit und Vielfalt an kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Sichtweisen kennzeich- nen die modernen Gesellschaften. Wir bekennen uns zur nicht-konfessionellen Vermittlung von Werten im Ethikunterricht. Wir wollen zur Förderung von Toleranz und um die verschie- denen Kulturen und Religionen vorzustellen, Ethikunterricht als Pflichtfach einführen.
Sexualerziehung
Für viele Schülerinnen und Schülern ist es befremdlich, von Lehrkräften aufgeklärt zu werden oder mit ihnen über die eigene Sexualität zu reden. In Nordrhein-Westfalen gibt es unzählige Organisationen, die Projekte und Workshops zur Sexualerziehung anbieten.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Schulen in NRW, neben der schulischen Sexualerziehung im Unterricht, auch durch externe Projekte zur Sexualpädagogik unterstützt werden können. Hierfür soll das Land Nordrhein-Westfalen mehr Gelder bereitstellen, damit diese Projekte an allen Schulen angeboten werden können.
Teilqualifikation als Einstieg ins Arbeitsleben nutzen; komplette Ausbildungsqualifikation muss das Ziel bleiben.
Die gesellschaftlichen Veränderungen erfordern mehr denn je ein lebenslanges Lernen von allen Menschen. Zusätzlich kommen inzwischen viele Menschen zu uns nach NRW, die bisher keinen Kontakt zu unserem dualen Ausbildungssystem hatten.
Wir setzen uns dafür ein, die Erwachsenenbildung und -weiterbildung erheblich offener und systemübergreifender für alle hier lebenden Menschen zu gestalten. Auch Menschen aus an- deren Ländern bringen vielfach berufliche Qualifikationen mit. Unsere Aufgabe ist es, diese Qualifikationen in unserem System abzubilden und ergänzende Teilqualifikationen und Aus- bildungen anzubieten. Hier muss ein möglichst nahtloser Übergang in unsere Ausbildungs- systeme, bei Anerkennung auch nicht formaler Vorqualifikationen, ermöglicht werden. Diese Teil- und Nachqualifikationen sollen zu einer kompletten Ausbildungsqualifikation zusam- mengeführt und anerkannt werden können.
Ausbildung auch im späteren Lebensalter ermöglichen
Der technische Fortschritt und gesellschaftliche Wandel machen immer mehr Berufsbilder überflüssig, lassen aber auch immer mehr und neue Berufsbilder entstehen. Dazu kommt, mit einem immer späteren Renteneintrittsalter, ein immer längerer Verbleib im Arbeitsleben, der oft zwar nicht sinnvoll ist, aber zurzeit eher noch weiter nach hinten verschoben wird. Das führt dazu, dass fast alle Menschen in ihrem Erwerbsleben nicht nur ihre Arbeitsstellen, sondern auch komplette Berufsbilder wechseln. Vielfach ist dieser Wechsel der Berufsbilder und der Quereinstieg in neue Berufe nur sehr wenig unterstützt, bzw. geregelt. Das hat zur Folge, dass im neuen Berufsfeld erst bei Ausübung des Berufes Qualifikationen erworben werden, die besser zu Beginn der Tätigkeit vorhanden gewesen wären. Die Idee von der ein- maligen Ausbildung, dem Abschluss und der anschließenden 45-jährigen Ausübung eines Berufes entspricht somit nicht mehr der Lebenswirklichkeit in NRW.
Wir setzen uns daher dafür ein, Menschen, die ihr Berufsfeld ändern wollen, bestmöglich zu unterstützen. Dafür sind Ergänzungsqualifikationen ein guter Weg. Aber auch komplette Neuqualifikationen werden, oft im späteren Lebensalter, immer wahrscheinlicher. Um diese berufliche Qualifikation und Anpassung zu unterstützen, bedarf es mehr staatlicher Hilfe. Dazu muss es auch bereits vor Verlust des Arbeitsplatzes möglich sein, sich neu zu qualifi- zieren, ohne die ökonomische Lebensgrundlage zu gefährden. Zur Finanzierung dieser Wei- terbildung soll auch die Wirtschaft herangezogen werden können.
Lebenslanges Lernen stärken
Erwachsenenbildung ist für das digitale Zeitalter unerlässlich. Berufsbilder ändern sich heute und in Zukunft grundlegend. Viele klassische Berufe wird es in einigen Jahren nicht mehr ge- ben. Um diesen Menschen weiterhin Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gesellschaft zu ermöglichen ist ein lebenslanges Lernen notwendig. Insbesondere die Fortbildung im Bereich der Anwendung digitaler Inhalte und Umgang mit digitalen Infrastrukturen wird in Zukunft immer wichtiger. Daher setzen wir uns für eine Stärkung der Volkshochschulen und anderer Erwachsenenbildungseinrichtungen ein. Auch die Unternehmen sollen stärker in die Verant- wortung genommen werden.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Gute Rahmenbedingungen für Unterricht, Bildung und Erziehung an den Schulen sind not- wendig, um eine gute Bildung für die Kinder und Jugendlichen im Land zu ermöglichen. Hierzu zählen auch die Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer, gleichermaßen für verbeamtete wie auch für angestellte Kolleginnen und Kollegen. Die Besoldung von Beam- tinnen und Beamten und die Bezahlung von angestellten Lehrern und Lehrerinnen weisen vielfältige Unterschiede auf. Dies führt dazu, dass Tätigkeiten desselben Inhalts, je nach Art des Beschäftigungsverhältnisses, mit bis zu 500 Euro Unterschied bezahlt werden.
Wir setzen uns dafür ein, in Gesetzgebungen wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den angestellten Lehrkräften faire Einkommensmöglichkeiten zu bieten. Entsprechend dem, in der Landesverfassung von NRW, festgeschriebenen Grundsatz, muss für gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung die gleiche Vergütung gezahlt werden.
Noch immer werden Kollegen und Kolleginnen an den Grundschulen schlechter bezahlt als Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen. Durch die Umstellung des Staatsexamenstudi- ums auf Bachelor- und Masterstudiengänge ist die Ausbildung der Lehramtsstudiengänge gleichwertig. Daher setzen wir uns für die finanzielle Gleichstellung der Grundschullehrkräfte mit den Lehrkräften weiterführender Schulen ein.
Noch immer kommt es dazu, dass Vertretungslehrer Verträge erhalten, die vor den Sommer- ferien auslaufen und nach den Sommerferien neu geschlossen werden. Dadurch sind diese Lehrkräfte während der Sommerferien arbeitslos. Wir wollen für alle Vertretungslehrer Ver- träge, die sie nicht zwingen, während der Ferien Arbeitslosengeld zu beantragen.
Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr auflösen!
Die 2008 zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) und der Bundes- wehr getroffenen Kooperationsvereinbarung räumt der Bundeswehr exklusive Rechte in der Bildungslandschaft in NRW ein. Er sieht vor, dass Jugendoffiziere der Bundeswehr Schülerin- nen und Schüler in sicherheitspolitischen Fragen aufklären. Dafür übernehmen Jugendoffi- ziere die Gestaltung von Unterrichtsstunden, um die Schüler über Militärpolitik zu informie- ren. Zudem werden Jugendoffiziere in die Ausbildung von Lehramtsanwärter/innen einge- bunden. Klassen werden zu Studienfahrten oder zum „Tag der offenen Tür“ in Kasernen ein- geladen. Lehrerinnen und Lehrer haben außerdem die Möglichkeit, an Seminaren zur Sicher- heitspolitik der Bundeswehr teilzunehmen. Die aufgrund massiver Kritik in 2012 neu einge- fügte Aussage, auch Friedensaktivist/innen könnten eingeladen werden, ändert an der grundsätzlichen Kritik nichts. Nach wie vor ist die vorrangige Aussage des MSW, dass die Landesregierung die Einladung von Jugendoffizieren in den Unterricht begrüßt.
Wir setzen uns dafür ein, die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) des Landes NRW und dem Wehrbereichskommando ll der Bundeswehr aufzulösen.
Die Landeszentrale für politische Bildung muss unabhängig von der Landesregierung werden
Wir fordern, die Landeszentrale für politische Bildung als Anstalt öffentlichen Rechts organi- satorisch dem Landtag von Nordrhein-Westfalen anzugliedern.
Sport
Informationspflicht über Eintragungen in die Datei „Gewalttäter Sport“
Immer wieder kommt es vor, dass Fußballfans plötzlich, vermeintlich willkürlichen, Schika- nen ausgesetzt sind. Häufig liegen diesen Schikanen Eintragungen in der Datei „Gewalttäter Sport“ zugrunde, von denen der Betroffene nichts weiß. Wir setzen uns für eine Informati- onspflicht der Behörden bei einer Eintragung in die Datei ein.
Löschung der SKB-Dateien
Zusätzlich zur Datei „Gewalttäter Sport“ werden in vielen Polizeibehörden eigene Datenban- ken gepflegt, in denen nicht verurteilte Fußballfans verzeichnet sind. Diese Dateien sind nach unserem Ermessen nicht rechtmäßig. Wir fordern, diese sogenannten „SKB-Dateien“ unverzüglich zu löschen und auch künftig nicht mehr anzulegen.
Deeskalation als Strategie für weiter sichere und emotionale Fußballspiele
Fußballspiele sind Massenereignisse, die von Besuchern und Fans mit oft hoher Emotionali- tät begleitet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Polizei für die Gewährleistung der Sicherheit der Besucherinnen und Besucher nur besonders in der Fankultur ausgebildete Be- amtinnen und Beamte vor Ort einsetzt.
E-Sport ist Sport!
Wir werden uns im Bundesrat dafür einsetzen, dass E-Sport steuerrechtlich als Sport aner- kannt wird. Damit soll E-Sport mit anderen anerkannten Sportarten wie Motorsport, Reit- sport oder Schach auf Augenhöhe agieren können und seinen festen Platz in der Gesellschaft finden.
Des Weiteren wollen wir, dass das Land NRW die Gründung eines Landes-E-Sport-Verbandes unterstützt, um Jugendkultur zu organisieren und den Beitritt in den Deutschen Sportbund vorzubereiten.
Verbraucherschutz
Gerätehoheit
Wir setzen uns dafür ein, dass Geräte keinen softwareseitigen Einschränkungen bei zu in- stallierender Software unterliegen. Jedem Käufer eines Geräts muss es gestattet sein, ohne Einschränkungen seine eigene Software oder die von Drittanbietern auf sein erworbenes Ge- rät aufzuspielen. In Ausschreibungen zu Neuanschaffungen von elektronischen Geräten im öffentlichen Dienst soll dieses Kriterium explizit gefordert werden. Eine softwareseitige Al- tersschranke und die damit verbundene Geldverschwendung darf es nicht mehr geben.
Freie Softwareinstallation
Immer mehr Betriebssysteme erlauben die Installation von Software nur über einen, vom Hersteller kontrollierten, „App Store“. Dies führt dazu, dass Nutzerinnen und Nutzer immer mehr die Hoheit über die in ihrem Besitz befindlichen Geräte verlieren und der Hersteller eine besorgniserregende Marktmacht bekommt.
Wir streben an, für PCs, Smartphones, Tablets und andere computerähnliche Geräte, die Möglichkeit der Installation von Software aus beliebigen Quellen gesetzlich vorzuschreiben. Um weniger erfahrene Nutzerinnen und Nutzer vor Schadsoftware zu schützen, muss dabei die freie Softwareinstallation im Auslieferungszustand nicht aktiviert sein. Es muss dafür je- doch eine einfache, über die Oberfläche des Betriebssystems im Auslieferungszustand zu- gängliche, Option existieren. Frei installierte Software muss dabei ebenso auf alle Schnitt- stellen des Systems zugreifen können wie die vom Systemhersteller zugelassene Software es kann. Weiterhin darf die freie Softwareinstallation nicht zu einem Verlust der Gewährleis- tung oder anderen Nachteilen für Verbraucherinnen und Verbraucher führen. Die freie Soft- wareinstallation darf auch bei durch Netzbetreiber angepassten Geräten nicht einge- schränkt werden.
Als „computerähnliche Geräte“ sollen dabei alle digitalen, informationsverarbeitenden Sys- teme aufgefasst werden, deren Betriebssystem grundsätzlich die Möglichkeit bietet, zusätz- liche Software zu installieren.
Auf Geräte für industrielle oder sicherheitskritische Anwendungen sowie Geräte, bei denen fehlerhafte oder bösartige Software unmittelbar physischen Schaden verursachen kann, wie z. B. Autos oder Haushaltsgeräte, soll diese Regelung nur eingeschränkt gelten. Für diese Geräte kann der volle Zugriff auf alle Schnittstellen mit hohen Hürden versehen werden. Eine illegale Ansteuerung von Funkschnittstellen, z.B. mit am Betriebsort nicht zugelassenen Fre- quenzen, soll dabei nicht als physischer Schaden betrachtet werden, der eine Erschwerung der freien Softwareinstallation rechtfertigen kann. Für solche Szenarien greifen bestehende Gesetze (§55 Telekommunikationsgesetz).
Wir streben eine Bundesratsinitiative an, um eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene zu erreichen.
Gegen die geplante absichtliche Verringerung der Lebensdauer von Produkten (geplante Obsoleszenz)
Viele Produkte sind auf möglichst niedrige Herstellungskosten hin optimiert. Dadurch wird vom Hersteller eine kurze Lebensdauer in Kauf genommen, möglicherweise sogar ange- strebt.
Wir setzen uns dafür ein, dass das Land Nordrhein-Westfalen der Verbraucherzentrale NRW zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt, damit diese sich besser gegen die geplante Obsoles- zenz spezialisieren kann. Hersteller sollen dazu angehalten werden, ihre Produkte mit einem voraussichtlichen „Haltbarkeitszeitraum“ zu kennzeichnen. Dieses Haltbarkeitsdatum bein- haltet nicht nur das physische, sondern auch das softwareseitige Leben eines Produktes. Zu- sätzlich müssen die garantierten Supportzeiträume (Softwareupdates etc.) auf dieser Kenn- zeichnung angegeben werden. Die Verbraucherzentrale soll diese Kennzeichnungen der Hersteller überprüfen und mit einem anerkannten Siegel bestätigen.
Wir setzen uns weiter dafür ein, dass die öffentliche Hand nur Produkte mit diesem Gütesie- gel erwirbt und es dementsprechend auch in Ausschreibungen fordert.
Cloud-Kennzeichnung von smarten Geräten
Verbraucherinnen und Verbraucher werden beim Kauf von sogenannten smarten, also mit dem Internet verbundenen Geräten meistens nicht transparent und offen über alle Eigen- heiten bei der Verwendung der Geräte informiert. So wird meist nicht angegeben, welche Daten automatisch in das Internet geladen, welche Unternehmen Zugriff auf diese Daten erhalten oder welche Eigenschaften des Gerätes nicht ohne Internetzugang nutzbar sind. Wir setzen uns dafür ein, dass Internet basierte Geräte, ähnlich wie bei der Nährstofftabelle, transparent gekennzeichnet werden müssen. Vor dem Kauf des Produkts wird somit erkenn- bar, welche Daten das Produkt erfasst, ob diese ins Internet gesendet werden und welche Verschlüsselung hierfür verwendet wird. Ebenfalls soll diese Cloud-Kennzeichnung Nutze- rinnen und Nutzer darüber informieren, welche Anbieter Zugriff auf die Daten haben.
Überwachung von Kindern und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche haben das Recht, frei und ungezwungen aufzuwachsen. Sie sollten nicht schon in jungen Jahren an Überwachung gewöhnt werden. Daher fordern wir das Ver- bot von Kameras in öffentliche Gebäuden und Plätzen, an denen sich überwiegend Kinder und Jugendliche aufhalten, wie Schulen, Kindergärten, Spielplätze usw.
Privatheitsschutz muss Standard werden
Der Schutz der Privatheit ist die Grundlage für informationelle Selbstbestimmung in der In- formationsgesellschaft. Die immer intensivere Digitalisierung der Alltagsprozesse in allen Lebensbereichen und die umfassende Vernetzung führen zu einem nicht mehr überschau- baren Kontrollverlust über die eigenen Daten. Wir wollen den Schutz der Privatheit von An- fang an mitdenken und stärken. Dazu wollen wir datensparsame und privatheitsschonende Technologien fördern und die vorhandenen, oft überwachungsintensiven Verfahren redu- zieren.
Flächendeckende Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung
Die Versorgung mit eigenen Brunnen ist für die Haushalte extrem teuer. Das so gewonnene Wasser muss regelmäßig getestet und gefiltert werden. Die Kosten für die Leerung und War- tung der Abwasserkammersysteme sind darüber hinaus zusätzlich teuer. Viele bisher nicht angeschlossene Haushalte wollen an das Netz angeschlossen werden, aber die Versorger scheuen die Kosten für die Leitungsverlegung.
Daher setzen wir uns dafür ein, dass alle Haushalte in NRW an die öffentliche Trinkwasser- versorgung und Abwasserentsorgung der zuständigen Versorgungsunternehmen und Klär- anlagen angeschlossen werden.
„Trinkwasser ist Menschenrecht“ in die nordrhein-westfälische Verfassung aufnehmen
Das Recht auf sauberes Trinkwasser ist ein Menschenrecht (UN Resolution 64/292). Leider sind derartige Resolutionen nicht rechtlich bindend. Wir setzen uns daher dafür ein, das Recht auf Trinkwasser als grundlegendes Menschenrecht in der Verfassung von NRW zu ver- ankern.
Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz und Land- wirtschaft
Nachhaltigkeit als Leitbild der gesellschaftlichen Entwicklung
Nachhaltigkeit ist unser Prinzip. Da die Vielfalt der Ideen und deren Umsetzung eine Voraus- setzung für Innovation und Anwendung darstellt, sind die Bürgerinnen und Bürger nicht nur Verursacher, sondern auch Entscheider und Antriebsmotor für Veränderungen. Wir setzen auf die Entwicklung nachhaltiger Strukturen durch eine Politik der Förderung von Möglich- keiten und Ideen. Damit wird im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und künftiger Generati- onen eine offene Entwicklung ermöglicht, die als Ziel ein Leben der Menschen in Einklang mit Natur, Lebensraum, Technik und Arbeit hat und dadurch eine gute Lebensqualität sichert. Die Formulierung von verbindlichen Zielen innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens lehnen wir ab. Erfolgreiche Umweltpolitik muss sich ständig am Möglichen und Erwünschten messen und Impulse für die Zukunft geben.
Wir wissen, dass unser aller Leben von einer intakten Natur abhängt. Aus diesem Grund müs- sen in einer zukunftsfähigen Gesellschaft Ressourcen so genutzt werden, dass sie auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung stehen. Hierzu sind ein bewusster und verant- wortungsvoller Umgang und eine faire Verteilung der Ressourcen erforderlich. Deshalb för- dern wir Entwicklungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft, die Ressourcen auch in der Ver- antwortung für unsere Nachfahren nutzt. Bei erneuerbaren Ressourcen müssen dafür Ver- brauch und Regeneration im Gleichgewicht sein.
Bei nicht nachwachsenden Ressourcen wird die Einführung einer möglichst regionalen Kreis- laufwirtschaft angestrebt. Dazu ist es notwendig, den ganzen Weg eines Produktes zu be- trachten, vorhandene umweltschonende Technologien bevorzugt zu nutzen sowie die Ent- wicklung und den Einsatz neuer Technologien verantwortungsvoll voranzutreiben. Techno- logien, die unabsehbare und nicht zu verantwortende Folgen haben, lehnen wir ab.
NRW ist in besonderer Weise von der Energiewende betroffen, da sich zum einen eine Urana- nreicherungsanlage für Brennelemente für Kernkraftwerke, zum anderen einer der größten Braunkohlentagebaue mit den zugehörigen Kraftwerken befinden.
Erforschung und Einsatz neuer Technologien
Die technologische Entwicklung bietet neue Möglichkeiten, auch ohne oder mit geringem Verzicht auf Mobilität, Komfort und Konsumgüter nachhaltig zu leben. Wir wollen die natur- wissenschaftliche Grundlagenforschung und die Erforschung ressourcenschonender Tech- nologien fördern, die eine nachhaltige Gesellschaft stützen. Dies beinhaltet ausdrücklich eine Reform des Patentrechts.
Die Forschungsergebnisse, vor allem aus öffentlich finanzierten Programmen, sind auf ihre Bedeutung hin zu prüfen und der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Wir setzen uns für eine gesellschaftliche Entwicklung ein, die Gemeinnutz vor Eigennutz stellt. Die allgemeine Aufklärung der Bevölkerung und der freie Zugang zu Wissen und Forschungsergebnissen müssen gefördert werden, um den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, auf solider Ba- sis in nachhaltige Projekte zu investieren und neue Technologien einzusetzen. Der Wissens- transfer über Nationalgrenzen muss gefördert werden, da der Nutzen für die nationale Wirt- schaft nicht der alleinige Zweck der Forschung ist.
Das Land NRW hat durch seine Hochschul- und Forschungslandschaft eine gute Ausgangs- position, um Zukunftstechnologien in die industrielle Entwicklung zu überführen. Daher ist insbesondere deren Nutzung auf Landesebene zur Erhöhung der Effizienz ein notwendiger Schritt zur Modernisierung der vorhandenen Strukturen und des Transfers.
Natur
Wir sehen einen Schwerpunkt unserer Naturpolitik in der freien Entfaltung der Arten in gro- ßen zusammenhängenden naturnahen Gebieten. Es darf kein Primat der wirtschaftlichen Nutzung mehr geben, sondern diese steht in Abwägung mit weiteren gesellschaftlichen Zie- len wie Nachhaltigkeit und Biodiversität. Diese müssen deutlich mehr als bisher in Nutzung von Fläche und anderen Naturressourcen sowie die Gesellschaftsentwicklung einfließen. Wir wollen Ewigkeitsnutzen statt Ewigkeitsschäden.
- Das Land muss einen ausreichend großen Anteil seiner Flächen in Wildnis umwan- deln. Eingriffe und Maßnahmen dort dürfen nur dem Zweck der Stärkung der Bio- diversität dienen. Privaten Grundbesitzern müssen wirtschaftliche Anreize zur Betei- ligung an solchen Projekten geboten werden.
- Wir wollen die weitere Vernetzung kleiner und zerstreut liegender wertvoller Natur- gebiete mit einer Pflege, die der Verbesserung der Biodiversität dient. Größere zu- sammenhängende Naturgebiete mit hoher Biotopvariation und Übergängen zwi- schen offenem Land und Wäldern, trockenen und feuchten Gebieten werden einge- bunden. Daher streben wir mehr finanzielle Mittel für den Bau von Grünbrücken an.
- Wasserschutzgebiete sollen ebenfalls der Biodiversität dienen. Der Einrichtung offe- ner Flächen ist der Vorzug gegenüber weiterer Aufforstung zu geben. Bei nährstoff- belasteten Arealen müssen überschüssige Nährstoffe entfernt werden.
- Oberflächengewässer und ihre Randzonen sollen vermehrt, aber nicht ausschließlich, der Natur dienen. Renaturierung zur Wiederherstellung ihrer freien Dynamik ist ein wichtiges Ziel. In solche Maßnahmen müssen Land- und Forstwirtschaft und Freizei- taktivitäten integriert werden. In hochwassergefährdeten Gebieten werden deutlich mehr potenzielle Überschwemmungsgebiete zum Abfedern von Hochwasserereig- nissen eingerichtet. Das ist gleichzeitig eine günstige und wirksame Klimafolgenan- passung. Mehr Offenland und Bruchwälder verbessern zudem die Hydrogeologie.
- Das Land stellt weitere Mittel zur Verfügung, damit es selbst oder entsprechende Stiftungen weiteren Grund und Boden zur Erreichung von Naturschutz- und Biodiver- sitätszielen aufkaufen kann.
- Natürlich einwandernde Arten vervollständigen die Ökosysteme und stärken die Bio- diversität im Klimawandel. Sie werden deshalb geschützt und bekommen ihren Platz in unserer Natur. Das gilt auch für große Fleischfresser wie Seeadler, Wölfe und Gold- schakale.
- Bei der Allgemeinbildung in Schulen und speziellen fachlichen Ausbildungen, die mit Natur und ihrer Nutzung zu tun haben, wird mehr Wert auf Biodiversität und Natur- schutz gelegt. Dazu gehört auch, dass Menschen in Freizeit und Tourismus Naturer- lebnisse haben können. Kontakt zur Natur und Wissen über ihre Zusammenhänge helfen, dem Verständnis für einen Naturschutz, der kein Selbstzweck ist, sondern un- sere Lebensgrundlagen sichert.
Renaturierung (Kies-Euro)
In NRW werden besonders hochwertige Quarzsande und Kiese gefördert. Die Förderung die- ser, immer knapper werdenden Rohstoffe ist sehr flächenintensiv und häufig wird dabei die Renaturierung eher stiefmütterlich behandelt. Die Folge davon sind ungesicherte Uferbö- schungen und Raum, der den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zur Nutzung zur Verfü- gung steht. Wir setzen uns für die Einführung einer zweckgebundenen Abgabe auf die För- derung von Sand und Kies von 1€ pro geförderter Tonne ein. Dieser „Kies-Euro” soll je zur Hälfte der Renaturierung der von der Förderung betroffenen Gelände und der Forschung zum Recycling von Baustoffen zu Gute kommen.
Jagd
Die Jägerschaft mit ihrer Hegeverpflichtung leistet ihren Beitrag zu Naturschutz, Biodiversi- tät und Bildung. Die Landesgesetzgebung muss die nachhaltige Jagd als eine legitime Nut- zung biologischer Ressourcen anerkennen.
Des Weiteren setzen wir uns für die Rücknahme des kontraproduktiven Verbotes der Jagd- hundeausbildung an der lebenden Ente ein.
Zusätzlich wollen wir den anerkannten Jagdverbänden ein Verbandsklagerecht einräumen.
Wasser
Wir streben eine flächendeckende Trink- und Abwasserversorgung durch die entsprechen- den Versorgungsunternehmen an.
In NRW werden ca. 6.000 private Brunnen auf Kosten der Eigentümer gesundheitsüber- wacht. Die Daten liegen in den kommunalen Gesundheitsämtern und sind weder dem Lan- desamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) noch der Öffentlichkeit zugäng- lich. Wir wollen, diese Daten anonymisiert zentral und in offenem Format im LANUV zugäng- lich machen und den Eigentümern entsprechend Kosten ersetzen. Dies dient dem besseren Überblick über die tatsächliche Belastung des Wassers.
Menschliches Abwasser enthält Nährstoffe. Phosphor und Stickstoff müssen vermehrt zu- rückgewonnen werden, um sie als Dünger wieder einzusetzen. Das erhöht die Qualität des abgeleiteten Abwassers und vermindert den Nährstoffeintrag in unsere Oberflächengewäs- ser.
Wir setzen uns für die Ermäßigung der Schmutzwassergebühr in allen Kommunen NRWs ein. Häufig wird nicht die gesamte bezogene Wassermenge als Abwasser dem Kanal zugeführt; z. B. werden Garten-, Sportanlagen und landwirtschaftlich genutzte Flächen bewässert, von denen eine Kanalableitung nicht möglich ist, Vieh wird getränkt, oder es entstehen Wasser- verluste in Gewerbebetrieben bei der Produktion oder durch Verdampfung, usw. Diese nicht eingeleiteten Wassermengen sollen auf Antrag und bei Vorlage entsprechender Nachweise abgesetzt werden können.
Energiewende
NRW als Bundesland mit der höchsten Energieproduktion wie auch dem höchsten Verbrauch hinkt in der Energiewende hinterher. NRW muss daher eine selbständige Energiewendepoli- tik einführen um Klimaschutzziele zu erreichen, technologische Entwicklung zu fördern, zu- kunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen und sichere, preisgünstige, nachhaltige und saubere Energieversorgung zu gewährleisten. Trotz der derzeitigen Sabotage auf Bundesebene, soll NRW stattdessen zum Vorreiter der Energiewende werden.
Die Energiewende ist regional und lokal. Deshalb gehört eine verbesserte Bürgerbeteiligung auch auf finanzieller Ebene zu dieser selbständigen Energiewende. Dadurch bleibt die Wert- schöpfung in den Regionen und die Akzeptanz verbessert sich. Das Land muss Maßnahmen in dieser Richtung durchführen.
- Forschung zu Energiespeichern, deren Entwicklung und Einrichtung müssen weit stärker als bisher stattfinden. So sollen Bergwerke als Energiespeicher genutzt wer- den können. Um die Volatilität der erneuerbaren Energieträger besser auszugleichen brauchen wir Energiespeicher. Als Speicher eignen sich Pumpspeicherkraftwerke in besonderer Weise. Die Verfahren sind bekannt und funktionieren. Da NRW über eine Vielzahl an zum Teil sehr tiefen Bergwerken verfügt, wollen wir die Möglichkeit der Installation von unterirdischen Pumpspeicherkraftwerken auf Ihre Machbarkeit und Umsetzungsrahmenbedingungen prüfen lassen.
- Der Ausbau elektrischer Verteilnetze darf sich nicht auf Hochspannungs-Gleich- strom-Übertragung über große Entfernungen beschränken. Gleichzeitig müssen mit derselben Priorität die Mittel- und Niederspannungs-Wechselstromnetze ertüchtigt werden.
- Bei der notwendigen Einrichtung elektrischer Verteilnetze mit Informationsübertra- gung zum besseren Ausgleich zwischen Produktion und Verbrauch (Smart Grids) sind Datenschutz und IT-Sicherheit streng zu beachten.
- Wir wollen Förderprogramme und Informationsportale bekannter machen. Die be- reits vorhandenen Informationen zur Energiewende, Einsparmöglichkeiten und de- ren Fördermöglichkeiten (z.B. zur Wärmedämmung), aber auch deren rechtliche Rah- menbedingungen müssen in der Breite der Bevölkerung ankommen. Es soll den Bür- gerinnen und Bürgern generell leichter gemacht werden zu erkennen, wie sie selber zu einer gelungenen Energiewende beitragen kann. Förderprogramme sollen leichter auffindbar sein und über das Internet beantragt werden können. Wo nötig, muss es von Verwaltungsseite eine Koordination der zuständigen Bereiche geben, um den Bürgerinnen und Bürgern die Handhabung zu erleichtern.
- Wir unterstützen Bestrebungen, Kapital aus fossilen Energiefirmen abzuziehen (De- karbonisierung). Das Land muss dieses Deinvestment auf allen Ebenen unterstützen. Es muss selbst deinvestieren und den kommunalen Körperschaften und deren Stadt- werken dabei helfen.
- Es darf keine Genehmigungen, Neuerrichtungen und Inbetriebnahmen von Stein- und Braunkohlekraftwerken geben. Dadurch werden nicht nur weitere Belastungen im Land vermieden, sondern auch Steinkohleimporte unterbunden, die in den För- derländern Ewigkeitsschäden verursachen.
Virtuelle Kraftwerke fördern
NRW ist durch seine Besiedlungsdichte in besonderer Weise geeignet, dass hier virtuelle Kraftwerke betrieben werden. Dabei werden kleine Erzeugungseinheiten über entspre- chende Software verbunden um je nach möglicher Erzeugungskapazität und Verbrauchs- prognose die richtige Verschaltung vorzunehmen um möglichst lokal und regional versorgen zu können. Dadurch lässt sich der anderenfalls notwendige Netzausbau insbesondere in den übergeordneten Verteilnetzen der Mittel- und Hochspannung in einem bezahlbaren Rahmen halten. Für diese Aufgabe werden auch weiterhin große Energieunternehmen benötigt, da nur sie über die nötigen überregionalen Strukturen verfügen.
Klima
Das Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet auch das Land zu Maßnahmen, den Anstieg der Durchschnittstemperatur der Troposphäre deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten und gleichzeitig Anstrengungen zu unternehmen, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dieses Niveau zu begrenzen, um dadurch die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich zu verringern. Wir setzen uns für die Erreichung dieses Zieles ein. Der derzeitige Widerspruch zwischen dem Ziel Klimaschutzland Nr. 1 zu werden aber gleich- zeitig an Braunkohlenindustrie festzuhalten muss aufgelöst werden und auf eine andere Ba- sis gestellt werden, auch im Interesse der Energieunternehmen. Dazu soll ein „Fahrplan- NRW“ für einen schrittweisen Ausstieg aus den jeweils schädlichsten Energieträgern erar- beitet werden. Er soll zum einen die Umweltbilanz berücksichtigen, zum anderen aber auch den zunehmenden Bedarf an elektrischer Energie, vornehmlich durch die Elektrifizierung vie- ler heute noch fossiler Lebensbereiche (z.B. auch Verkehr) berücksichtigen. Dieser Fahrplan soll eine Bewertung vornehmen, wie viele Arbeitsplätze mittelbar und unmittelbar betroffen sind um auf geeignete Weise Landesmaßnahmen (z.B. Bildungsprogramme) ableiten zu kön- nen und Folgen wie Arbeitslosigkeit entgegensteuern zu können. Dem Land NRW kommt in besonderer Weise die Aufgabe zu, Energieunternehmen bei dem Wandel von CO2 intensiven Erzeugern hin zu emissionsarmen Unternehmen zu begleiten und die Rahmenbedingungen für zukünftige Geschäftsfelder mit zu gestalten.
Die im Landesklimaschutzgesetz und -Plan formulierten Maßnahmen haben nur empfehlen- den Charakter. Sie müssen verpflichtende Gesetzeskraft bekommen und durchgesetzt wer- den. Die Wirkungen der Maßnahmen aus dem Klimaschutzplan müssen beobachtet, der Plan selber laufend nach Gegebenheiten und Notwendigkeiten aktualisiert werden.
Neben der Entfossilisierung in Energieproduktion und Verkehr müssen Kohlenstoffsenken geschaffen werden. Daher setzen wir uns für die Wiederherstellung umgebrochenen Grün- landes, Wiedervernässung trockengelegter und Bewahrung bestehender Feuchtgebiete ein. Diese muss das Land auf eigenen geeigneten Flächen durchführen und privaten Landbesit- zern entsprechende Anreize bieten. Das dient auch der Biodiversität.
Auch Wälder sind Kohlenstoffsenken. In der Forstpolitik wollen wir verstärkten Anbau von Mischwäldern, die Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversität stärken.
Die Nutzung von Bioenergie muss nachhaltig sein. Eine „Konkurrenz zwischen Teller und Tank“ sowie Flächenverbrauch durch Monokulturen sind zu vermeiden. Primär soll genutzt werden, was ohnehin anfällt. NRW als Forschungs- und Entwicklungsstandort ist auch im Bereich der Biomasse attraktiv, da wir sowohl über Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, als auch über eine starke Chemie und Energiewirtschaft verfügen und sich damit eine einmalige Ge- meinschaft von Akteuren auf kleinem Raum befindet. Hier gilt es geeignete Plattformen zur Vernetzung und die entsprechenden Rahmenbedingungen bereitzustellen um Biomasse der nächsten Generation „Made in NRW“ noch besser zu fördern um die Energiewende auf viele Säulen stellen zu können um Volatilitäten in der Erzeugung ausgleichen zu können.
Die Nutzung von Biokohle (Terra preta) in Landwirtschaft und Gartenbau schafft eine Koh- lenstoffsenke, die gleichzeitig die Böden verbessert. Das Land muss Forschung, Entwicklung und Einsatz fördern.
Fracking
Die Gewinnung fossiler Rohstoffe durch Hydraulic Frackturing ist eine Hochrisikotechnolo- gie, die mit unabsehbaren Ewigkeitsschäden, hohen Kosten, starken Umweltbelastungen, hohem Energie-, Wasser- und Flächenverbrauch und massiven Bedrohungen unserer Was- servorkommen durch Einsatz wasserkritischer Chemikalien verbunden ist. Das so gewon- nene Gas hat einen mindestens so schlechten Kohlendioxid-Fußabdruck wie Braunkohle. Zu- sätzlich entweichen große Methanmengen in die Atmosphäre. Methan ist ein wesentlich stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Deshalb lehnen wir Fracking nach fossilen Rohstof- fen konsequent ab. Das gilt auch für Versuche der Gasgewinnung durch das Anbohren bisher unberührter Kohleflöze.
Wegen der Änderungen in Bergrecht, Wasserrecht und Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene im Sommer 2016, die auf ein Fracking-Ermöglichungsgesetz hinauslaufen, müssen auf Landesebene alle gesetzgeberischen Möglichkeiten für ein Frackingverbot ein- gesetzt werden. Die im Landesentwicklungsplan vorgesehenen Formulierungen reichen nicht, weil sie jederzeit durch ein Zielabweichungsverfahren aufgehoben werden können. Daher setzen wir uns für eine Aufnahme des Verbots von Fracking nach fossilen Rohstoffen zusätzlich sowohl in das Landeswassergesetz als auch das Landesnaturschutzgesetz ein. Die Unteren Wasserbehörden müssen gestärkt, technikbezogene Frackingmaßnahmen aus- drücklich verboten werden.
Das Land darf keine neuen Aufsuchungserlaubnisse für Fracking nach fossilen Rohstoffen erteilen, abgelaufene Aufsuchungserlaubnisse werden nicht verlängert, bereits erteilte wer- den eingezogen. Betriebspläne werden nicht zugelassen.
Das Land muss sich zusätzlich auf Bundesebene konsequent für ein vollständiges Verbot des Frackings nach fossilen Rohstoffen einsetzen.
Der Mülltourismus mit dem Verklappen von Bohrschlämmen mit Schwermetallen, radioakti- ven Isotopen, giftiger Frackingchemie und weiteren bergbaulichen Abfällen aus anderen Bundesländern nach NRW muss eingestellt werden.
Bergbau
Das atavistische Bundesberggesetz ist ein obrigkeitsstaatliches Durchsetzungs- und Geneh- migungsrecht, das keinen rechtsstaatlichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen vorsieht, sondern einseitig der Ausnutzung von Ressourcen dient und demokratische Grundrechte systematisch außer Kraft setzt. Wir wollen, das Bundesberggesetz durch ein Bundesumwelt- gesetzbuch mit dreidimensionaler Raumplanung zu ersetzen. Dafür muss das Land sich auf Bundesebene einsetzen.
Wir setzen uns dafür ein, dass das Land auf Bundesebene ein Braunkohleausstiegsgesetz durchsetzt. Der Braunkohleabbau ist bis spätestens 2025 zu befristen. Um einen Struktur- bruch zu vermeiden, muss die Planung des sozialverträglichen Übergangs sofort beginnen. Der unvermeidliche Strukturwandel muss aktiv, schöpferisch und vorausschauend gestaltet werden.
Die Arbeit der Schlichtungsstellen für Bergbaugeschädigte in NRW muss verbessert werden. Die derzeitige Anrufungsstelle Bergschaden Braunkohle NRW ist keine behördliche Schlich- tungsstelle, sondern eine unternehmensfinanzierte private Anrufungsstelle der RWE. Wir wollen die Einrichtung einer zentralen Schlichtungsstelle, die Geschädigte des Braunkohle- und Salzabbaus sowie der Kavernen für die nationale Energiereserve mit den Geschädigten aus dem Steinkohlebergbau gleichstellt.
Für alle Schäden, auch Ewigkeitsschäden, gilt das Verursacherprinzip. Die Schädiger müssen ausreichende Rückstellungen bilden und diese sicher anlegen. Eine Stiftungslösung analog zur RAG-Stiftung ist zu prüfen.
Die 30jährige Verjährungsfrist ist bei Schäden aus dem Salzbergbau zu kurz, da auslaufende Bodenbewegungen dort erst nach 150 Jahren beendet sind. Sie muss dementsprechend an- gepasst werden.
Markscheider müssen zukünftig als neutrale Gutachter agieren. Sie erstellen Risswerke als Urkunden öffentlichen Glaubens, ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit von Bergbaubetrei- bern muss gewährleistet sein.
Wir setzen uns für die Umkehr der Beweislast bei Bergschadensverdachtsfällen ein.
Nuklearpolitik
Wir wollen den sofortigen Ausstieg aus der Stromproduktion durch Kernspaltung. Für NRW bedeutet das die sofortige Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau.
Solange die im Atomgesetz vorgeschriebene ordnungsgemäße Endlagerung nicht stattfin- den kann, müssen alle Anlagen in Verbindung mit Stromerzeugung aus Kernspaltung, die Abfälle produzieren, als illegal angesehen werden. Betriebsgenehmigungen müssen zurück- gezogen, Stilllegungsverfügungen erlassen werden.
Transporte nuklearen Materials aus und für die Stromerzeugung sind einzustellen. Das Nuk- learmaterial wird in den derzeitigen Zwischenlagern verbleiben, bis die im Atomgesetz vor- geschriebene ordnungsgemäße Endlagerung möglich ist.
Die geplanten Atommülltransporte von Jülich nach Ahaus und weiter in die USA dürfen nicht stattfinden. In Jülich ist ein neues Zwischenlager zu errichten, das den Sicherheitsanforderungen an Bodenverflüssigungen bei Erdstößen und den Vorgaben zur Sicherheit bei Flug- zeugabstürzen aus dem Brunsbüttel-Urteil genügt. Andere Zwischenlager sind entspre- chend zu ertüchtigen.
Die Betreiber müssen für alle Anlagen im Zusammenhang mit Stromproduktion durch Kern- spaltung sofort vollumfängliche Haftpflichtversicherungen ohne Bürgschaften durch Bund oder Länder abschließen. Die Gefahrenstoff-Sicherheitsauflagen müssen für alle diese Anla- gen gelten. Die Betreiber übernehmen vollständig alle Entsorgungs-, Stilllegungs- und Rück- baukosten. Dazu müssen die Betreiber die nötigen Rückstellungen bilden und diese sicher anlegen. Ob die aktuell diskutierte Stiftungslösung ausreicht, ist zu prüfen.
Tierschutz
Keine Rasselisten
Ob ein Hund gefährlich ist oder nicht, ist nicht primär von seiner Rasse oder Größe abhängig, sondern von Erziehung und Sozialisation. Die derzeitige Gesetzeslage, die einzelne Hunde- rassen sowie Mischlinge dieser Rassen, ohne Ansehen der jeweiligen Erziehung, als gefähr- lich einstuft, entbehrt jeder Grundlage und führt zu dauerhaft überlasteten Tierheimen mit nicht mehr vermittelbaren Listenhunden. Daher streben wir die Abschaffung von sogenann- ten „Rasselisten“ bei Hunden an.
Erweiterung des Tierschutzgesetzes
Auch Angst ist eine Form von Leid, wird aber im Tierschutzgesetz nicht berücksichtigt. So werden Tierquälereien, bei denen kein deutlich erkennbarer, direkter körperlicher Schaden vorliegt, gewöhnlich nicht geahndet. Wir wollen das deutsche Tierschutzgesetz nach dem Beispiel des österreichischen Tierschutzgesetzes erweitern, sodass künftig niemand straffrei ein Tier ohne vernünftigen Grund in schwere Angst versetzen darf.
Tierschutz in der Nutztierhaltung
Gute Haltungsformen bei Nutztieren orientieren sich an den Bedürfnissen der Tiere. Die jet- zigen Standards sind jedoch in vielen Punkten noch nicht optimal. Wir setzen uns für tierge- rechte Haltungsformen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Standards nach wis- senschaftlichen Erkenntnissen ein. Dabei sollen Kleinbetriebe einmalige finanzielle Unter- stützungen für Investitionen zur Umsetzung neuer Standards erhalten können.
Registrierungspflicht für Freigängerkatzen
Wir setzen uns für eine flächendeckende Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungs- pflicht für Freigängerkatzen ab dem 5. Monat in NRW ein, um die wachsenden Katzenpopu- lationen einzudämmen.
Wirtschaft, Mittelstand und Energie
Einführung einer Förderabgabe auf Braunkohle
Der §151 (2) 2. BbergG soll von:
die §§ 18 und 31 sind nicht anzuwenden;
nach
der § 18 ist nicht anzuwenden;
geändert werden.
Durch die stark gefallenen Erlöse bei der Stromproduktion sind Braunkohlekraftwerke, nach AKWs, derzeit die günstigsten Stromproduzenten auf dem Markt konventioneller Kraftwerke (Merit-Order). Dadurch werden zum einen die Gaskraftwerke, die Teil der Energiewende sein sollten, aus dem Markt gedrängt. Schlimmer noch, Braunkohlestrom wird bevorzugt produ- ziert und auch exportiert. Dies schafft Anreize, die unsauberste Energiegewinnungsform fortzuführen und somit den Zielen der CO2-Reduzierung deutlich entgegen zu wirken. Ferner wird an der Vernichtung von ganzen Landstrichen weitergearbeitet; die Menschen vor Ort werden aus ihrem Lebensumfeld vertrieben. Schuld daran ist unter anderem die Tatsache, dass auf Braunkohle durch den Erwerb der Felder vor 1980, also nach altem preußischem Bergrecht, keine Förderabgabe erhoben wird. § 151 regelt das Besitzrecht, das dadurch zu- stande kommt.
In (2) 2. werden die Paragraphen 18 und 31 ausgeklammert.
§ 18 regelt den Widerruf der Erlaubnis, § 31 regelt die Förderabgabe.
Sparkassen wieder am Gemeinwohl ausrichten
Wir fordern, dass der ursprüngliche Unternehmenszweck der Sparkassen wieder im Vorder- grund steht. Der Unternehmenszweck ist es, die geld- und kreditwirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft in ihrem Tätigkeitsgebiet sicherzustellen. Die Sparkasse sollte, im Rahmen der Vorgaben des übergeordneten Bankensektors und der Zwänge des Marktes, überwiegend ein am Gemeinwohl orientiertes Unternehmen bleiben.
Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters
Lobbygruppen, Denkfabriken, Kommunikationsberater und PR-Agenturen spielen eine im- mer größere Rolle in Politik und Öffentlichkeit.
Um ein Mindestmaß an Transparenz zu erreichen, setzen wir uns für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters auf allen parlamentarischen Ebenen und im exekutiven Be- reich für die Landesregierung, inklusive aller Ministerien, sowie der NRW.Bank ein.
Verbot aller durch ÖPP finanzierten Projekte
Bei öffentlich-privaten Partnerschaften Projekten (ÖPP Projekten) handelt es sich heutzu- tage um Miet- oder Pachtverhältnisse, hierdurch verlieren die öffentlichen Auftraggeber und damit die Bürgerinnen und Bürger Ihre Eigentumsrechte.
Hinzu kommen noch die Haftungsrisiken bei einer Pleite des ÖPP Projekt Betreibers. Hierfür müssen dann die öffentlichen Auftraggeber haften, da Sie durch Gesetze dazu verpflichtet sind die entsprechenden Leistungen bereit zu stellen, z.B.: Feuerwache, Autobahnen, usw. Durch ÖPP Projekte wird das Vermögen der öffentlichen Haushalte, bzw. das Vermögen der Bürgerinnen und Bürger, an die ÖPP Betreiber übertragen, welche dafür auch noch um Ge- winn und höhere Finanzierungskosten, gesteigerte Ausgaben verursachen.
Wir wollen ein Verbot aller ÖPP Projekte.
Sicherung des Bankensystems
Reine Geschäftsbanken dienen den Bürgerinnen und Bürgern und der Finanzierung der Re- alwirtschaft, sowie den öffentlichen Haushalten, was der Volkswirtschaft und damit der Ge- meinschaft dient. Investmentbanken dienen nur der Spekulation und haben keinen Volks- wirtschaftlichen Nutzen für die Gemeinschaft, von daher sollten Sie von der Realwirtschaft entkoppelt werden.
Zur Sicherung des Bankensystems streben wir daher eine Trennung von Geschäfts- und In- vestmentbanken an, wodurch vermieden wird, dass Probleme bei den Investmentbanken Einfluss auf die Realwirtschaft haben.
Durch eine Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken gibt es kein Problem mehr mit dem „Too big to fail“ was in 2008 zur, für den Steuerzahler teuren und nutzlosen Bankenret- tung führte.
Reform der Schuldenbremse
Wir stehen für eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der öffentlichen Haushalte, von daher halten wir die Einschränkung, durch die sogenannte Schuldenbremse für nicht sinn- voll. Die öffentlichen Haushalte sind für die Daseinsvorsorge aller Menschen zuständig, wo- mit eine rein betriebswirtschaftliche Sichtweise aus ethischen Gründen nicht angebracht ist. Nur die Öffentlichen Haushalte sorgen für die Finanzierung von Bildung, Infrastruktur und anderen Investitionen und diese sollten nicht durch künstliche Bremsen eingeschränkt wer- den. Allerdings sind wir für eine öffentliche Kontrolle der Ausgaben durch die Bürgerinnen und Bürger. Dies sollte durch entsprechende Bürgerhaushalte erfolgen, die gewährleisten, dass keine Prestigeprojekte für Einzelinteressen finanziert werden müssen.
Wirtschaft stärken und Bürokratie abbauen
Wir stehen für eine ganz neue Wirtschaftspolitik
Die Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben ist ein wesentlicher Aspekt der Freiheit und persönlichen Entfaltung. Entscheidend hierfür ist der umfassende Zugang zu notwendigen Infrastrukturen für alle. Alle wirtschaftlichen Tätigkeiten dienen dem Ge- meinwohl und dem Einzelnen. Eigentum verpflichtet zum verantwortungsvollen Umgang mit Mensch und Umwelt. Wirtschaftliche Fehlentwicklungen gefährden die Freiheit des Ein- zelnen und der Gemeinschaft.
Eine Vielzahl von Studien gehen davon aus, dass viele Arbeitsplätze (30 – 90 % in den kom- menden 30 Jahren, je nach Studie), auch in höher qualifizierten Bereichen zukünftig von Ma- schinen, Algorithmen, oder anderer EDV unterstützter Technologien und deren Vernetzung übernommen werden. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass Arbeitsplätze in gleicher An- zahl oder auch nur in annähernd gleicher Qualifikation neu entstehen werden.
Es gilt folglich, den Menschen bereits jetzt die Chancen und Perspektiven aufzuzeigen, Mut zu Veränderung und Weiterbildung zu machen, um Ängsten und zerstörerischen Entwick- lungen schon jetzt entgegenzuwirken.
Industrie 4.0 stellt nur den Anfang des Weges zur digitalen Wirtschaft und letztlich zur digi- talen Gesellschaft dar. Die beschriebenen Entwicklungen setzen eine völlig neue Wirt- schaftspolitik auf allen Ebenen und bereichsübergreifend voraus. Gleichzeitig sind die Ver- einbarungen aus dem Übereinkommen von Paris mit der derzeitigen Wirtschaftspolitik nicht vereinbar.
Wir wollen den Wandel von der noch in Teilen vorhandenen, ressourcenintensiven und zum Teil für Mensch und Umwelt ungesunden Industriegesellschaft in eine Wissens-, Kreativ-, Dienstleistungs- und insbesondere post-industrielle Gesellschaft aktiv gestalten.
Dabei möchten wir die Stärken und die Innovationskraft der heimischen Unternehmen in NRW nutzen und fördern um dieses Ziel zu erreichen, um gleichzeitig gute Arbeitsplätze für die Menschen zu erhalten und zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, dass kleine und mittel- ständische Unternehmen der Einstieg in die digitale Welt erleichtert wird.
Ein Bestandteil ist die Einführung von durchgängigem E-Government, das Unternehmen an den Schnittstellen zu Behörden entlastet, indem alle Anträge, Anfragen, Datenübermittlungen digital erfolgen. Eine nutzerfreundliche Verschlüsselungstechnik ist dazu einzusetzen. Ein weiterer Bestandteil ist die Forderung von freier Software. Das reduziert zum einen die Kosten für Lizenzen und stärkt zum anderen lokale Softwareunternehmen und Startups, die solche Software schreiben oder individuellen Bedürfnissen anpassen.
Zur Förderung gehört auch, dass Unternehmen überall in NRW Zugang zu schnellem Internet erhalten (siehe Digitale Gesellschaft).
Vor allen Dingen muss der Wandel weg von der Abhängigkeit der heute existierenden Auto- mobilindustrie gelingen, um die notwendige Verkehrswende zu ermöglichen (siehe Bauen, Wohnen und Verkehr).
Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:
- Der Straßenverkehr nimmt stetig zu. Dabei steigen der Flächenverbrauch, die Zeit,die jeder Verkehrsteilnehmer im Verkehr verbringt, und die Gefahren durch den Stra-ßenverkehr. In vielen Gebieten sprechen Fachleute längst von einem Verkehrsinfarkt.
- Der zunehmende Verkehr ist aus Gründen der Umweltverträglichkeit abzulehnen. Das bleibt auch dann so, wenn alle Fahrzeuge elektrifiziert sind, da allein der Ressour-cenverbrauch eine nachhaltige Wirtschaft ausschließt.
Crowdfunding
Es sollen die Möglichkeiten von Crowdfunding für regionale Startups geschaffen werden. Das kann z.B. durch regionale oder landesweite Börsen, auch Internetbörsen geschehen, die das Land als Plattform bereitstellt, bei denen Unternehmen ihre Ideen vorstellen können.
Zum anderen können aber auch Unternehmen teilnehmen, die spezielle Bedarfe haben und derzeit ein Angebot alleine nicht finanzieren können. Das ist zum Teil bereits heute eine Stärke unseres Mittelstands. Die Vernetzung der Marktteilnehmer wird aber noch einmal viel wichtiger.
Dabei kann Crowdfunding nicht nur Filmemachern in Bocklemünd einen Film finanzieren, sondern auch den entscheidenden Impuls für neue Software, Apps oder Produkte liefern.
Förderung von Startups im Digitalsektor durch Verbesserung der Wirtschaftskultur
Die Digitalbranche ist international die Wachstumsbranche Nr. 1. Dabei macht es keinen Sinn, das Silicon Valley einfach zu kopieren. Vielmehr müssen Anstrengungen unternommen werden, die generellen Rahmenbedingungen für das Entstehen neuer Ideen zu verbessern. NRW braucht eine Wirtschaftskultur, die die Gründung von Startups ermöglicht.
Daher setzen wir uns für eine fundierte Innovationspolitik, die Bereitstellung von Risikokapi- tal und die Verschlankung behördlicher Genehmigungsverfahren sowie die Vernetzung mit- telständischer Unternehmen mit Hacker- und Makerspaces ein.
Firmengründungen vereinfachen – Bürokratie abbauen – Wagniskapital bereitstellen
Nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) wird es bis zum Jahr 2050 eine Million weniger Selbständige geben als heute. Damit wird der Wirtschafts- standort Deutschland, der durch eine große Anzahl von kleinen und mittleren Betrieben ge- prägt ist, gefährdet.
Wir wollen Firmengründungen radikal vereinfachen. Zum einen gilt es, überbordende Büro- kratie abzubauen und auf der anderen Seite ist es unabdingbar, deutlich einfacher Risikoka- pital bereitzustellen. Die kontinuierliche Optimierung der Finanzierungs-, Förder- und Bera- tungsangebote ist sicher zu stellen. Nur so schaffen wir eine Vielzahl von Neugründungen innovativer Unternehmen, stärken das Rückgrat unserer Wirtschaft und garantieren die Zu- kunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts NRW.
Dienstleistungssektor fördern, Strukturwandel im öffentlichen Sektor durch Digitalisierung
Wir streben einen Strukturwandel im öffentlichen Sektor an, der insbesondere auf Effizienz- gewinne durch Digitalisierung setzt. Dies kann ein deutliches Produktivitätswachstum aus- lösen. Notwendig dazu ist allerdings, die Digitalisierung von NRW deutlich voran zu treiben.
Qualifikationsoffensive in der beruflichen Fort- und Weiterbildung starten
Wir fordern eine effizientere Zusammenarbeit von Wirtschafts- und Bildungspolitik mit dem Ziel, eine in Beschäftigung mündende Qualifikationsoffensive in der beruflichen Fort- und Weiterbildung zu starten. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei auf die digitale Revolution und die sich dadurch wandelnden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu richten sowie auf den Übergang in die Erwerbsarbeit oder den Erhalt der Erwerbsfähigkeit oder die Vereinbar- keit von Erwerbsarbeit und Familie.
Abschaffung des Kammerzwangs
Wir treten für die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in einer Industrie- und Handels-, Landwirtschafts- oder Handwerkskammer ein. Eine freiwillige Mitgliedschaft bleibt von die- sem Ziel unberührt. Rechtsanwalts-, Notar- und Ärztekammern sind von diesem Ziel nicht erfasst.
Attraktivere Rahmenbedingungen für das produzierende Gewerbe schaffen, den Mittelstand fördern
Gerade die mittelständischen Unternehmen spielen neben der Großindustrie eine zuneh- mend wichtigere Rolle für die Bruttowertschöpfung in NRW. Daher wollen wir eine fundierte Innovationspolitik, die Bereitstellung von Risikokapital und die Verschlankung behördlicher Genehmigungsverfahren, u.a. durch Digitalisierung von Verwaltungsprozessen.
Für liberale Ladenschlussgesetze
Die liberalen Ladenöffnungszeitregelungen in NRW, nach denen die Ladeninhaber an sechs Tagen in der Woche, außer sonntags, frei entscheiden können wann ihre Läden geöffnet ha- ben, sehen wir als einen richtigen Schritt in Richtung Freiheit und Eigenverantwortung. Wir gehen jedoch einen Schritt weiter.
Auch sonntags sollen die Ladenöffnungszeiten freigegeben werden. Der sogenannte Schutz des Sonntags ist ursprünglich religiös motiviert. Ob der Staat die Sonntagsruhe festschrei- ben muss, ist nach unserer Sichtweise fraglich. Wir setzen uns daher ein, auch den Sonntag für Gewerbetreibende frei zu geben.
Folgen des BGE
Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird eine fundamentale Verände- rung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft nach sich ziehen. Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer haben es nicht mehr nötig schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. Das setzt Ar- beitgeber unter Druck gute Arbeitsplätze bereitzustellen und vor allem attraktiv für die Men- schen zu sein. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass die Motivation, Effizienz und Effektivi- tät der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark zunehmen wird. Das und die notwendigen Veränderungen in den Betrieben werden einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge ha- ben.
Insbesondere der Niedriglohnsektor und soziale Berufe werden einer großen Herausforde- rung gegenüberstehen. Das ist gut so, denn es ist nicht einzusehen, dass für eine Arbeit, deren Ergebnis alle gerne in Anspruch nehmen, gleichzeitig aber niemand bereit ist, sie an- gemessen zu vergüten.
Durch den Wegfall von Sanktionen beim ALG II werden sich die Arbeitsverhältnisse stark ver- ändern, die heute überhaupt nur existieren, weil Menschen dazu gezwungen werden.
Mittelstand stärken – Fachkräftemangel beseitigen – Duale Ausbildung fördern
Gerade bei kleinen und mittleren Betrieben macht sich der Fachkräftemangel zusehends be- merkbar. Viele Betriebe währen in der Lage, diesem Mangel durch Ausbildung von jungen Menschen entgegengetreten. Dabei fehlt es nicht an der nötigen Anzahl von Bewerbern. Ein Großteil der Jugendlichen mit Hauptschul- oder Realschulabschluss ist mittlerweile schlicht nicht mehr ausbildungsfähig. Die Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte hat hier parteiüber- greifend total versagt. Es kann jedoch nicht die Lösung sein, diese Menschen nicht mehr am Erwerbsleben teilhaben zu lassen. Gerade die mittelständische Industrie und Handwerk sind aufgerufen und haben auch ein elementares Interesse daran, diese Jugendlichen in ihren Be- trieben zu ertüchtigen und auszubilden. Fachlich ist der Mittelstand dazu in der Lage, finan- ziell ist das allerdings für die Unternehmen so nicht darstellbar und bedarf Unterstützung von außen. Dabei sollte das Verursacherprinzip gelten, sprich: Die Politik hat versagt, die Po- litik sollte die benötigten finanziellen Mittel bereitstellen.
Wir schlagen folgendes Modell vor:
Nicht ausbildungsfähige Jugendliche sollen von der Wirtschaft eingestellt werden, die Aus- bildungskosten übernimmt vollständig das Land. Bei erfolgreicher abgeschlossener Ausbil- dung gibt es dann noch eine Bonuszahlung für das Unternehmen, bei nicht erreichter Aus- bildung einen finanziellen Abzug. So werden die nötigen Anreize für eine nachhaltige Ausbil- dung aller jungen Menschen gegeben. Wahrscheinlich wird vom politischen Marktbegleiter wieder reflexartig argumentiert, dass dieser Vorschlag angesichts knapper Kassen nicht re- alisiert werden kann. Dabei sollte dann von den Akteuren bedacht werden, dass in jedem Fall gilt: Drei Jahre Ausbildungsvergütung plus Bonuszahlung sind volkswirtschaftlich gesehen deutlich preiswerter als 50 Jahre Hartz-IV Alimentierung.
Wirtschaftsförderung durch Open Data
Durch Open Data (siehe Open Access) erhalten Startups barrierefreien Zugang zu den öf- fentlich zugänglichen und nicht durch Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte geschützte Rohdaten von Behörden und Verwaltungen. Die dadurch entstehenden Möglichkeiten erlau- ben erstmals in der Geschichte eine Vielzahl von Ideen kreativ zu realisieren und für die Ge- sellschaft einen Mehrwert und Nutzen zu erwirken, ohne gleichzeitig Mehrkosten zu erzeu- gen.