Allgemein Erklärung Kommunalpolitik Lippe OWL

Vererben verbieten? Fakten und Mythen

Text/Meinung: Helmut G.

Warum vererben Menschen Schätze an Ihre Nachkommen? Kein Tier tut so etwas. Häufig höre ich Aussagen wie: “Meine Kinder sollen es einmal besser haben.” “Mein Lebenswerk soll nicht verloren gehen.” “Menschen haben schon immer Häuser, Nahrungsmittel, Waffen, Geld gehortet und vererbt.” Aber stimmt das überhaupt?

  1. Seit wann wird vererbt?

Vor 20 Millionen Jahren gab es das Mensch-Tier-Übergangsfeld, aus dem sich nach einander die Vormenschen, dann Urmenschen, dann Frühmenschen und vor 200.000 Jahren der moderne Mensch entwickelte. Alle diese Menschen lebten, wie übrigens alle Tiere dieser Welt, als Jäger und Sammler. Vor 12.000 Jahren mit Beginn der neolithischen Revolution gelang den Menschen ein großer Entwicklungssprung. Sie stellten ihre Nahrungsmittel selbst her und begannen mit Ackerbau, Viehzucht und der Vorratshaltung. Schaf, Ziege und Rinder wurden als Haustiere gehalten, aus dem Wolf wurde der Hund gemacht und die Nahrungsmittel wurden aufbewahrt. Nach dem Tode war es sinnvoll, alles seinen (meist zahlreichen) Kindern zu vererben, damit sie besser “durchs Leben” kamen. Die Menschen wurden sesshaft und aus den Hütten wurden Häuser, Schlösser und Burgen, welche verteidigt und vererbt wurden.

Fazit: Vererben gibt es nicht schon ewig, sondern erst seit ca. 12.000 Jahren. Wenn man bedenkt, dass es Leben auf diesem Planeten seit über 3 Milliarden Jahren gibt, dann ist Vererben nur eine lebensuntypische Laune der modernen Menschheit.

  1. Ist Vererben heute noch wirtschaftlich sinnvoll?

Nein, seit dem Ende des 1. Weltkrieges (1918) nicht mehr, denn was willst du vererben?

    • Lebensmittel: Das Verfallsdatum ist zu kurz und der Feind hat dir wahrscheinlich schon vorher alles aufgegessen.
    • Geld: Welche Währung? Seit 1914 gab es in Deutschland Goldmark, Papiermark, Rentenmark, Reichsmark, D-Mark, DDR-Mark und jetzt Euro. Bitte horte keine Euros. Schaue dir vorher die aktuelle Nachrichtenlage an. Wie ist es mit US-Dollars? Die meisten Dollars besitzt die chinesische Regierung und die ist gar nicht froh darüber, dass der Dollar in den letzten Jahrzehnten massiv an Wert verloren hat. Solange die Amerikaner teure Kriege führen und über ihre Verhältnisse leben, wird sich der Niedergang des Dollars auch nicht ändern. Ergo: Nicht sinnvoll.
    • Gold: Der Wert des Goldes hat sich in den letzten Jahren verfünffacht, weil Gold als der “sichere Hafen” gilt. Die Gefahr, dass Gold wieder zum ursprünglichen Wert zurückkehrt ist groß. Da man Gold nicht essen kann, versuchen in globalen Notzeiten alle Menschen ihr Gold zu verkaufen um Nahrungmittel zu erwerben. Da kein Mensch mehr Gold kauft und alle Menschen verkaufen wollen, stürzt dann der Goldpreis ins Bodenlose. Gold ist zum Vererben nicht sinnvoll.
    • Aktien: Es gibt Aktienfirmen, die sind älter als 100 Jahre. Es gibt jedoch viel mehr Aktienfirmen, die 100 Jahre nicht erleben werden. Und bei einer globalen Krise gehen viele Firmen insolvent, gerade zum Zeitpunkt, an dem du die Hilfe benötigst. Ergo: Nicht sinnvoll.
    • Mündelsichere Staatsanleihen: Du brauchst gar nicht nach Griechenland, Portugal, Irland, Zypern und Italien schauen. Bleibe in Deutschland. Es gibt keine Weimarer Republik, kein Deutsches Reich und keine DDR mehr. Alles Geld, welches du diesen Staatsformen geliehen hast, ist verloren. Und wenn Deutschland demnächst den Euro komplett allein stemmen muss, dann werden wir uns sicherlich überheben. Ergo: Auch Staatsanleihen sind nicht sinnvoll.
    • Grund und Boden (Betongold): Suche dir bitte die Mitte von Deutschland aus, da sich die Grenzen von Deutschland in den letzten 100 Jahren doch häufig verändert haben. Am sichersten wäre es also zwischen Frankfurt und München. Du müsstest dann natürlich umziehen, wenn du dir die Finanzierung überhaupt leisten kannst. Regelmäßig pflegen solltest du deine Immobilie auch noch. Eine Sicherheit für deine Kinder gibt es natürlich nicht. Auch hier; Wirtschaftlich nicht sinnvoll.
  1. Macht erben glücklich?

Habe ich überhaupt etwas von meinem Erbe? Reichtum macht bekanntlich glücklich, dies glauben zu mindestens alle armen Leute. Selbstverständlich muss ich mich um meinen Reichtum kümmern, das ist jedoch Zeit, die mir verloren geht. Außerdem habe ich Angst, dass böse Menschen mir den Reichtum wieder wegnehmen, ich muss ihn sichern (mit Geld). Plötzlich habe ich viele neue Freunde, selbst die alten Freunde sind so klebrig und wollen häufig etwas “geliehen” haben mit nervigen Diskussionen. Neid und Missgunst sind da, die Ruhe und Unschuld ist vorbei. Viele Millionäre sind unglücklich, weil sie sich alles leisten können und keine Ziele mehr haben. Du sitzt in irgendeiner Architektenvilla und weist nicht mehr wohin mit dir selbst. Psychologen haben festgestellt, dass du nach 2 Jahren nicht glücklicher bist als jetzt. Erben macht also nicht glücklich.

  1. Reichtum anhäufen ist unsozial.

Um Reichtum anzuhäufen benötigt du viele Menschen, wahrscheinlich mehrere 10.000 Arbeiter. Nur du profitierst von der Arbeitsleistung aller, die anderen bekommen Lohn, werden aber kaum reicher.

  1. Erben ist ungerecht.

In der Tat! Die einen bekommen Vermögen durch Vererben in die Wiege gelegt, die anderen müssen sich alles selbst erarbeiten. Die soziale Spaltung zwischen arm und reich vertieft sich und wird durch Vererben auf Dauer zementiert. Eine Revolution wird daher, wie bisher fast immer, irgendwann unausweichlich stattfinden.

  1. Der Erbe bestimmt allein über das Vermögen und nicht die Gesellschaft.

Wenige private Personen werden immer reicher, der Staat immer ärmer. Die Erben bunkern sich ein und bilden zunehmend einen Staat im Staat.Es findet keine demokratische Kontrolle des Vermögens mehr statt. Beispiele auf der Welt gibt es ja genug.

Fazit:

  • Vererben ist widernatürlich und widerspricht dem Lebensgedanken. Jede Generation muss für sich selbst sorgen.
  • Vererben ist wirtschaftlich unsinnig.
  • Vererben macht unglücklich.
  • Vererben ist unsozial.
  • Vererben ist ungerecht.
  • Vererben ist undemokratisch.

Lösung:

Sollten wir daher das Vererben nicht einfach verbieten?
Dies wäre keine gute Lösung, da die allermeisten Menschen an dieser Jahrtausend alten Tradition hängen. Aber man kann die Vererbung gut durch Steuern steuern. Die Erbschaftssteuern sollten sukzessiv bis auf 90% erhöht werden. Das “kleine Haus” wird selbstverständlich ausgenommen. Das Vermögen fällt wieder unter demokratische Kontrolle, es dient wieder zum Wohle der Allgemeinheit, es gibt nicht nur einen Nutznießer, sondern ganz viele und selbst dem Erblasser geht es besser. Er muss sich keine Sorgen um das richtige Vererben machen, braucht sich die letzten Lebensjahre nicht abplagen, um den Profit zu maximieren, sondern kann weitgehend stressfrei sterben, mit dem Gefühl, etwas Gutes zu tun.

Sollte man besser gar nichts vererben?
Nein. In unserer digitalen Welt ist Wissen wichtiger als Materie. In Bildung zu investieren bringt immer noch die meisten Zinsen. In soziale Gerechtigkeit zu investieren, ist äußerst wertvoll für die gesamte Gesellschaft. Wer der reichste Mensch im Mittelalter war, weiß ich nicht mehr, aber wer den Buchdruck erfunden hat, weiß ich. Reichtum vergeht eines Tages, Ruhm und Ehre bleibt für immer.

Sorgen wir also daher dafür, dass die soziale Gerechtigkeit wichtiger ist als jedes Einzelinteresse. Verwalten wir gemeinsam die materiellen und nicht materiellen Güter dieser Welt.