Im Rahmen des Volksfestes Kaarst Total hat Ratsmitglied Markus Wetzler zu einem Arbeitstreffen im Mobilen Büro eingeladen. Herausgekommen sind dabei zwei Anträge, die wir nach der Wahl – ggf. als gemeinsamen Antrag mit dem Integerationsrat und gerne auch anderen Parteien in den Rat einbringen werden.
Der eine Antrag greift das Thema Nahmobilität auf und das andere die Gesundheitsversorgung für Asylsuchende.
Die beiden Anträge zitieren wir wie folgt:
1. Bürgertaxi 2. „Gesundheitsprogramm für eine umfassende Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende auf den Weg bringen - Zugang zur medizinischen Regelversorgung schaffen und „Bremer Modell“ auch in Kaarst umsetzen“ --- 1. Bürgertaxi Antragstext: Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob zur Verbesserung der Mobilität – insbesondere älterer Menschen und Flüchtlingen in Kaarst – das Konzept eines Bürgertaxis auf kommunaler Ebene umgesetzt werden kann. Die Prüfung soll beinhalten, sich bei den Kommunen, welche dieses Projekt bereits in Angriff genommen haben, umfassend zu informieren und die Konzepte dem Stadtrat vorzustellen. Begründung: Der Weg von den Ortsteilen in die Innenstadt ist auf Grund des nicht ausreichenden ÖPNV beschwerlich. Manche Einrichtungen befinden sich nur in der Innenstadt. Die Initiative des Bürgerbusvereines wurde bisher von der Politik nicht umgesetzt. Ein mögliches Carsharing würde den Bedarf der Senioren und Flüchtlinge ohne Führerschein nicht decken. Alle Menschen haben einen Anspruch auf angemessene Mobilität. Gerade älteren Menschen auf dem Lande ohne Auto reicht der übliche Öffentliche Personennahverkehr nicht aus. In Kaarst gibt es zwischen Nachbarorten und innerhalb der Orte heute keine ausreichenden Angebote. Hier sind auch bürgerschaftlich getragene und innovative Konzepte gefragt. Bereits in Westbevern, Amöneburg, Rodenberg, Rosdorf, Weßling und anderen Kommunen werden solche Projekte getestet oder sind bereits erfolgreich umgesetzt. Die Idee des Konzepts „Bürgertaxi“ basiert darauf, unterschiedliche Menschen im Ort zusammen zu bringen, und Fahrten mit dem KFZ, die ohnehin stattfinden, für Menschen ohne Auto und/oder mit Mobilitätshindernissen nutzbar zu machen. Die Personen, die an der Haltestelle warten, signalisieren den vorbeifahrenden Personen, dass Sie eine Mitfahrgelegenheit benötigen. In Kaarst sollte es durch die Mithilfe aller Bürger/innen möglich sein, schnell jemanden zu finden, der einen mitnimmt. Dabei muss man je nach Tageszeit bestimmte Wartezeiten einkalkulieren. Dieses Angebot soll eine Hilfe für Senioren und Flüchtlinge sein, leichter von Ortsteilen mit nicht ausreichendem ÖPNV in die Kaarster Innenstadt und zurück zu gelangen. Die Stadt Kaarst möchte mit den Anhalter-Haltestellen die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen, und die Menschen dazu animieren sich zusammen zu tun. Sie vertraut auf das zufällige Zustandekommen von unentgeltlichen Gefälligkeitsfahrten „von Bürgern für Bürger“, die sich oft kennen oder dadurch kennenlernen. Der/Die eine würde ohne Anlass vielleicht nicht halten, um zu fragen „kann ich Sie mitnehmen?“ und der/die andere käme nicht auf die Idee, sich an die Straße zu stellen, und wie ein Anhalter den „Daumen raus zu halten“. Die Stadt Kaarst haftet nicht für etwaige Schäden im Rahmen der Beförderung. Sie tritt lediglich als Vermittler dieses Angebotes auf. Benötigte Infrastruktur: Bereitstellung von offiziellen Schildern an mehreren sogenannten Anhalter-Haltestellen in den einzelnen Ortsteilen von Kaarst und entsprechenden seniorengerechten Wartebereichen. --- 2. Bürgerantrag „Gesundheitsprogramm für eine umfassende Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende auf den Weg bringen - Zugang zur medizinischen Regelversorgung schaffen und „Bremer Modell“ auch in Kaarst umsetzen“ Antragstext: Der Rat beschließt: 1. Die Stadt Kaarst will die medizinische Regelversorgung für Flüchtlinge und Asylbewerber*innen verbessern und deren Krankenbehandlung auf eine gesetzliche Krankenversicherung in Anlehnung an das „Bremer Modell“ übertragen, Hierbei erhalten Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG eine Krankenversicherten-Chipkarte der gesetzlichen Krankenversicherung. 2. Die Verwaltung wird beauftragt, Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen um eine entsprechende Vereinbarung auf Grundlage des § 264 Absatz 1 SGB V zu treffen. 3. Die Verwaltung wird darüber hinaus gebeten, gemeinsam mit den entsprechenden kommunalen Akteuren die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Menschen ohne Papiere in Anlehnung an das „Bremer Modell“ für Kaarst weiter zu entwickeln und ein entsprechendes Gesundheitsprogramm zu erarbeiten. Begründung: Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG, also Personen, die länger als 48 Monate in Deutschland und im Leistungsbezug sind, können bereits jetzt mit der Chip-Karte einer gesetzlichen Krankenkasse nach Wahl einen Arzt/eine Ärztin ihrer Wahl aufsuchen. Für alle anderen Flüchtlinge ist das AsylbLG gerade bezogen auf die gesundheitliche Versorgung problematisch. Zum einen ist der Zugang zum Gesundheitssystem durch die Beantragung der medizinischen Leistungen beim Sozialamt erschwert, zum anderen ist der Leistungsumfang nach §§ 4 und 6 AsylbLG erheblich eingeschränkt. Die im AsylbLG vorgesehenenLeistungseinschränkungen sind in der Praxis oft umstritten und führen nicht selten zu zeitlichen Verzögerungen der Behandlung zu Lasten der Patienten. Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V (Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung) können bereits jetzt die kreisfreien Städte und Kreise die Krankenbehandlung für Flüchtlinge, Asylbewerber*innen und Geduldete auf die Krankenkassen übertragen. Durch die Ausstattung mit KV-Karten könnten Flüchtlinge und Asylsuchende ihre Versorgung über eine Versichertenkarte die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, ohne in jedem Fall eine Bewilligung der zuständigen Dienststellen einholen zu müssen. Dies bedeutet einen gleichberechtigten Zugang zu gesundheitlichen Leistungen bei Ärzt*innen, in Krankenhäusern und bei sonstigen Leistungserbringer*innen, wie bei den anderen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung auch. Dieses Verfahren würde die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern und auch zur „Normalität“ im Alltag der Betroffenen bei der Inanspruchnahme der Leistungen im Gesundheitswesen beitragen. Der zusätzliche Weg über das Sozialamt entfällt. Ziel dieser Übertragung auf eine gesetzliche Krankenkasse ist es also eine professionelle, bessere und zugleich auch effektivere Krankenbehandlung der Flüchtlinge und Asylbewerber*innen zu gewährleisten. Die Erfahrungen aus Bremen zeigen, dass sich durch das Projekt in erheblichen Umfang administrative Kosten einsparen lassen (z.B. bei der Abrechnungsstelle, der Administration der Krankenhilfe nach AsylbLG, oder entsprechende Amtsarztkosten). So hat auch nach den Erfahrungen der AOK in Bremen und Hamburg (die dort die Versicherung dieses Personenkreises übernommen hat) die Ablösung der speziellen Genehmigungspflicht von Leistungen der Krankenbehandlung durch den ÖGD weder zur Beeinträchtigung der Versorgungsqualität noch zu Kostensteigerungen geführt. „Bremer Modell“ zur Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen Bremen und Bremerhaven waren die ersten Kommunen, in denen 1993 umfassendes Konzept zur Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge („Bremer Gesundheitsprogramm“) auf den Weg gebracht wurde. Damit sollten die Zugangschancen zum Gesundheitssystem und die Wohn- und Lebensbedingungen verbessert werden. Mit diesem „Bremer Modell“ wird neben einer Absicherung der Gesundheitsleistungen über die GKV auch auf eine Vernetzung der an der Versorgung von Flüchtlingen beteiligten Organisationen gesetzt. Im Zentrum des Gesundheitsprogramms steht die angemessene Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Die in Bremen ausgegeben Chip-Karten enthalten keinen Hinweis auf einen eingeschränkten Behandlungsanspruch nach dem AsylbLG. Der Personenkreis ist nur an der Code-Nr. auf der Karte zu erkennen ebenso wie auch die Versicherten nach § 264 II SGB V. Allerdings gibt es einige Leistungsvorbehalte, bei denen das Sozialamt entscheidet: für Psychotherapien, DMP (Disease-Management-Programm), Zahnersatz. Hier finden entsprechende Begutachtungen statt. Seit 2012 hat auch Hamburg das Modell übernommen und entsprechende Vereinbarungen mit den Kassen getroffen. Weitere Kommunen bspw. in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits gefolgt bzw. streben dies an. Kaarst folgt dem „Bremer Modell.“ Die Absicherung deren Krankenbehandlung durch eine gesetzliche Krankenkasse würde auch in Kaarst die Ausgangsbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge deutlich verbessern. Kaarst würde als weitere Kommune in NRW dem „Bremer Modell“ folgen und auf eine generelle Sicherung der Gesundheitsversorgung über eine gesetzliche Krankenversicherung umstellen. Für die Sozialverwaltung entfällt die Prüfung der Bewilligungsfähigkeit der beantragten Krankenbehandlung. Ferner erfolgt die spätere Abrechnung über die Krankenkassen, mit denen eine Vereinbarung getroffen wurde. Die Erfahrungen aus Bremen zeigen, dass dieses Verfahren auch eine Entlastung der Kommunalverwaltung erreicht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Umsetzung des „Bremer Modells“ in Kaarst kostenneutral erfolgen kann.
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