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Wird der Verbraucherschutz durch TTIP zum Auslaufmodell?

Gib TTIP keine Chance

Zwischen Angst und Mut liegt nur ein HerzschlagDie TTIP-Verhandlungen rund um das Thema „Verbraucherschutz“ beschäftigen die Öffentlichkeit fast mehr als alle anderen mit dem Handelsabkommen verbundene Befürchtungen. Weil zukünftig – so fürchtet man – Großkonzerne entscheiden, was auf unseren Tellern landet: Das Chlorhühnchen ist in aller Munde, etwas weniger bekannt sind der Genmais oder das Hormonfleisch.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, solle es bei TTIP in Wirklichkeit nicht um den Wegfall der Zölle gehen – denn die liegen gerade einmal bei 3 Prozent – sondern um einheitliche Gesundheits- und Sicherheitsstandards. Diese gibt es vor allem in Europa, um den Verbraucherschutz zu garantieren. Für Konzerne wäre die Reduzierung dieser Standards wünschenswert. Denn nichts hemmt den Handel mehr als Verbote, wie z.B. das Klonen oder die Behandlung von Tieren mit Hormonen. Mutmaßlich geht es bei dem Handelsabkommen darum, den Nationalstaaten die Verantwortung für den Verbraucherschutz zu entziehen und einer eigens dafür geschaffenen Behörde zu übertragen. [1]

„Alles Unsinn“, betonen Spitzenpolitiker, allen voran Sigmar Gabriel und Angela Merkel, die sich in trauter Eintracht für das ungeliebte Handelsabkommen stark machen: Unsere Verbraucherrechte seien nicht in Gefahr. „Es geht hier nicht, wie oft gesagt wird, um die Absenkung von Standards – im Gegenteil.“, versucht Angela Merkel die Öffentlichkeit zu beruhigen. [2] Am 19. Mai haben die Verbraucherminister einstimmig beschlossen, dass die europäischen Lebensmittelvorschriften gewahrt werden müssen. Wie viel Einfluss diese Entscheidung hat, bleibt abzuwarten, denn selbst die Politiker sind bei den geheimen TTIP-Verhandlungen außen vor. [3]

Was steckt hinter diesen Behauptungen?

Gib TTIP keine Chance„Zwischen der EU und den USA gibt es gravierende Unterschiede bei der Regulierung der Herstellung von Lebensmitteln, bei Hygienestandards, Kontrollen und Kennzeichnung“, so der Bundesverband der Verbraucherzentrale.

1997 in Deutschland verboten und in den USA erlaubt, ist es, Geflügelfleisch mit Chlor zu behandeln. Darum dürfen amerikanische Hersteller ihr Geflügelfleisch nicht in die EU exportieren. Das könnte sich nach der Einführung von TTIP ändern, denn die amerikanische Agrarlobby freut sich schon darauf, den drittgrößten Exportmarkt nach Mexiko und China zu erobern: Europa. Exakt geplant ist nichts, dennoch finden deutsche Verbraucher die Vorstellung, dass dieses Hühnchenfleisch demnächst in den Supermärkten verkauft werden könnte, extrem unappetitlich. Daher ist das „Chlorhuhn“ fast zu einer Art Symbol für den Widerstand gegen TTIP geworden – auch wenn es explizit gar nicht auf der Verhandlungsagenda steht. [4]

Ebenfalls ein Dorn im Auge großer Firmen – wie dem Biotechnologieunternehmen Monsanto – ist die Kennzeichnungspflicht für genveränderte Lebensmittel und für Fleisch geklonter Tiere. Auch die Verwendung von Wachstumspräparaten wie beispielsweise Ractopamin, eigens von Monsanto entwickelt, könnte bald erlaubt werden. Dann dürften diese Produkte ungekennzeichnet in deutschen Supermärkten angeboten werden. [5]

Die Ansichten der Menschen in den USA und Deutschland sind eben unterschiedlich: Europäer lehnen Gentechnik und Hormonfleisch ab, Amerikaner finden diese Produkte nicht weiter bemerkenswert und gehen davon aus, dass es nicht notwendig ist, sie zu kennzeichnen. Klontechnik lehnen wir aus ethischen Gründen ab, bei Amerikanern wächst erst langsam der Widerstand dagegen. [6]

Macht in EuropaTatsächlich besteht die große Gefahr, dass in den geheimen Verhandlungen nur eine grobe Richtlinie in Sachen Verbraucherschutz eingefügt wird – etwa: Erlaubt ist alles, was nicht durch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse erwiesenermaßen schädlich ist.

„In Europa kann derzeit noch gegen den Anbau der Gen-Kartoffel Amflora geklagt werden, weil nicht absolut sicher ist, ob sich die Antibiotikaresistenz der Kartoffel auf andere Lebewesen übertragen kann und wichtige Antibiotika damit unwirksam würden“, so Attac. [7] Dieses Recht könnte nach der Ratifizierung von TTIP dem vorgesehenen Regulierungsgremium zum Opfer fallen. Wir PIRATEN fordern daher transparente Verhandlungen, um der Senkung der Standards im Verbraucherschutz engagiert entgegen wirken zu können.

„Das Abkommen ist außerordentlich komplex und kann nur mit wissenschaftlicher Begleitung und in öffentlicher Debatte in seinen Auswirkungen beurteilt werden. Hinter der Investorschiedsgerichtsbarkeit und der regulatorischen Zusammenarbeit aller EU-Akteure verbergen sich Sargnägel der Demokratie. Sollte es beides geben, können multinationale Konzerne nationale Gesetzgebungen, etwa im Bereich Umwelt- und Verbraucherschutz, unterlaufen und sogar selbst eigene Gesetze formulieren. Kommt das Abkommen TTIP zustande, ist es völkerrechtlich bindend. Es gibt dann keinerlei Ausstiegsszenarien mehr“, kritisiert Bruno Kramm, Beauftragter für TTIP und Listenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl. [8]

Wir Piraten möchten Sie informieren und mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Diskutieren Sie  am 21.  Mai ab 19 Uhr mit uns. Am 25.  Mai haben Sie dann die Wahl und können sich entscheiden. Sie haben es  in der Hand: Europawahl 2014 – Gehen Sie wählen!

Quellen

  1. Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Freihandel: Deutschland muss Verbraucher-Schutz an globale Behörde abgeben
  2. SPIEGEL: Freihandelsabkommen TTIP: Verbraucherminister Maas will deutsche Standards durchsetzen
  3. heute.de: Verbraucherminister: Kein Chlorhühnchen in Europa
  4. taz: Sinnlose Chlorhuhnjagd – Lobbyisten können sich freuen.
  5. ttip-unfairhandelbar.de: Freihandelsabkommen stoppen – unübersehbare Auswirkungen auf die bäuerliche Landwirtschaft
  6. attac: „Freihandelsabkommen EU-USA – Konzerne profitieren, Menschen verlieren!“
  7. verbraucherzentrale: „Das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen“
  8. TTIP: PIRATEN rufen zu Protesttagen auf und unterstützen Initiative der NGOs